Nicht von dieser Welt
anhänglich machte. Zudem war es ja sein erstes Theaterstück.
Zweitens: Im Kindergarten hielt man Malo für Bens Vater, weil er sich in der Vorwoche so heroisch hatte vollkotzen lassen. Und ich es angesichts der Aufregung um das kranke Kind versäumt hatte, dies zu korrigieren. Entsprechend skeptisch wurde Konstantin von den Erzieherinnen beäugt, als er „behauptete“, Bens Vater zu sein. Malo war ihnen offensichtlich lieber.
Drittens: Seit ihrer Unterhaltung mit Malo auf dem Kindergeburtstag hatte ich vier SMS und drei Mailbox-Nachrichten von Anja bekommen. Sie wollte „endlich mal wieder“ einen Kaffee mit mir trinken gehen. Natürlich wollte sie in Wahrheit alles über Malo alias Stefan Müller wissen. Bisher hatte ich sie noch abwimmeln können.
Viertens: Malos Satz „Ich habe selbst Kinder“ ließ mir keine Ruhe. Auch wenn er bei meiner Nachfrage am Tag danach erklärt hatte, dass dies natürlich eine Lüge war – um Konstantin zu beruhigen. Aber er stockte bei der Antwort so komisch und wollte dann auch nicht darüber reden, wie das denn so ist mit den Kindern auf seinem Planeten. Ich bin mir sicher: Das Thema ist irgendwie belastet!
Fünftens: Konstantin war nach wie vor zerknirscht, dass mein „Chef“ so viel abbekommen hatte durch Ben. Er redete ständig davon, wie doof es wäre, wenn „uns“ deswegen die Möglichkeit genommen würde, dass ich nächstes Jahr einen Job bekommen könnte.
So, das waren die Probleme. In dem Puppentheaterstück ging es um einen Bären, der sich mit einer Fledermaus in deren Höhle anfreundet und dabei allerlei Quatsch erlebt.
Als der Bär die Fledermaus zum Honigessen einlädt, dreht sich Konstantin plötzlich zu mir und flüstert mir im Dunkeln zu: „Wir können deinen Chef doch zum Essen einladen. Am Sonntag. Ja! Lass uns das machen!“
Ich bin nicht nur überrumpelt. Sondern mit einem sich vor der Fledermaus fürchtenden Ben auf dem Schoß auch mal wieder etwas überfordert. Wir zischen uns flüsternd an:
„Das ist übertrieben, Konstantin!“
„Nein, überhaupt nicht! Das schulden wir ihm!“
„Quatsch. Der nimmt uns das nicht übel. Er hat doch selbst Kinder!“
„Das denn?“ (Bens allgegenwärtige Frage – kurz für: „Was ist das denn?“)
„Das ist eine Fledermaus. Sowas wie eine fliegende Maus! Die ist gaaaanz lieb!“
„Vanessa, was ist denn dein Problem? Willst du nicht arbeiten?“
Ich sage nichts. Der Bär und die Fledermaus haben mittlerweile eine problematische Begegnung mit einem Maulwurf.
„Lass uns das machen, Vanessa! Das wird bestimmt nett.“
Das wird der Horror! Da bin ich mir sicher. Aber ich erkenne an Konstantins Tonfall, dass es für ihn schon beschlossene Sache ist. Also versuche ich, den Abend wenigstens in geordnete Bahnen zu lenken: „Dann lass uns das bei dir im Restaurant machen!“
Denn dort ist Konstantin die ganze Zeit abgelenkt und die beiden werden nicht viel reden können.
„Nee, da bin ich die ganze Zeit abgelenkt. Ich will doch auch mal mit ihm reden.“
Grmpf.
„Lädst du ihn ein? Oder soll ich ihn anrufen?“
Er klingt schon etwas aggressiv – die unruhigen und nörgelnden Kinder um uns herum tragen sicher auch zu seinem Stresslevel bei. Das Handy in meiner Hosentasche vibriert. Eine SMS. Die eigentlich wieder nur von Anja stammen kann. Ben klammert sich an mir fest, weil es nun zu einer handfesten Prügelei zwischen der Fledermaus und dem Maulwurf kommt. Sie ist doch nicht so lieb, wie ich behauptet habe. Ben weint. Ich sagt zähneknirschend zu Konstantin: „Ich lade ihn ein!“
Das habe ich heute Morgen dann auch gemacht. Malo kommt Sonntagabend zu uns. Morgen werden Malo und ich dieses Abendessen auf einer Teamsitzung ausführlich vorbereiten. In der Hoffnung, dass Konstantin danach für alle Zeiten Ruhe gibt …
Hühnerbrühe
Veröffentlicht am Sonntag, 13. November 2011 – 22:15
Ich weiß nicht, wie weit ich heute Abend noch komme. Ich muss immer wieder mal nach Ben schauen. Aber dass ich überhaupt jetzt schon über das heutige „Essen“ schreiben kann, deutet an: Es ist mal wieder anders gelaufen als geplant.
Ich hatte das Abendessen mit Malo ausführlich vorbereitet – schließlich hat er nicht wirklich Ahnung von der deutschen Fernsehindustrie, in der er sich binnen Sekunden selbständig gemacht hat. Und ich hatte auch Konstantin auf das Essen vorbereitet. Mit der simplen und einfachen Ansage, dass Malo Vegetarier ist. Konstantin fand das zwar schräg, aber „die Leute
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