Nichts als Knochen
spielst die Rolle echt gut«, bemerkte er anerkennend, und ein winziges Lächeln schob seine Mundwinkel kaum merklich nach oben.
»Tobias hatte mächtigen Ärger mit Bülent, einem der Könige vom Ring. Tobias hat Bülent beschissen, und das sollte man besser nicht tun.«
»Was hat er gemacht?«, wollte Christina wissen und griff mit fliegenden Fingern nach Mehmets schwarzer Lederjacke, als suche sie nach dem Stoff, den sie brauchte. Mehmet griff nach ihren Handgelenken, riss sie von der Jacke weg und machte eine drohende Handbewegung.
»Er hat Heroin gestreckt und einen Teil der Einnahmen in die eigene Tasche gewirtschaftet. Über einen ziemlich langen Zeitraum. Es heißt, er habe Bülent um mindestens hunderttausend Euro beschissen. Vorletzte Woche ist Bülent dahintergekommen, und es gab eine ziemlich hässliche Szene. Angeblich hat er ihm eine Frist gesetzt, um die Kohle wiederzubeschaffen, ansonsten …«
Mehmet zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf, worauf Christina begann, fieberhaft ihre Jacke zu durchwühlen, als sei sie auf der Suche nach Geld.
»Würdest du Bülent einen Mord zutrauen?«, murmelte sie.
»Bülent selber macht sich nicht die Finger schmutzig, aber dafür hat er seine Leute, die ihn ständig umgeben, und die sind überhaupt nicht zimperlich. Ist 'ne ziemliche Saubande, aber bald werden wir den ganzen Laden auffliegen lassen. Beweise hab ich jetzt genug gesammelt. Wir warten nur noch auf den passenden Moment.«
Christina holte einen Zwanzig-Euro-Schein aus der Jackentasche und hielt ihn Mehmet hin, der ihn sofort schnappte und in der Tasche verschwinden ließ.
»Kannst du mir sonst noch was über Tobias Gutfeld sagen?«, fragte sie, während sie zusah, wie Mehmet ein kleines Briefchen aus Aluminium hervorholte und ihr schnell in die Hand drückte.
»Nein, das war's. Und es ist jetzt auch besser, wenn du unauffällig verschwindest.«
»Was ist mit den zwanzig Euro?«
»Sieh es mal als Sponsoring eurer Kostenstelle im Kampf gegen die Drogenmafia an. Unsere Kostenstelle wird schon genug belastet, um meine Tarnung aufrechtzuerhalten.«
»Ich nehme an, das war auch eben kein Heroin, oder?«
»Erraten! Backpulver.«
Mehmet zwinkerte ihr einmal kurz zu und verschwand dann Richtung U-Bahn-Tunnel.
»Hat richtig Spaß gemacht, mit dir Geschäfte zu machen«, murmelte Christina noch und stolperte davon.
Rebecca saß an ihrem Schreibtisch und las wieder und wieder die Berichte von Rudolf und Michael. In ihrem Kopf begann sich alles zu drehen. Sie brauchte dringend eine Pause und frische Luft. Außerdem musste sie noch ein paar Besorgungen machen. Also beschloss sie, mit der Bahn bis zur Deutzer Freiheit zu fahren und dann über die Deutzer Brücke und am Rhein entlang zu Fuß in die Innenstadt zu gehen. Der April zeigte sich von seiner strahlendsten Seite und gab einen Vorgeschmack auf den kurz bevorstehenden Mai. Als sie vor der Hohenzollernbrücke links die Treppen zur Philharmonie hinaufging, hatte sich ihre Laune sichtlich verbessert.
Leise summend passierte sie das Römisch-Germanische Museum und sah aus dem Augenwinkel den dicken Paul wie immer an seinem angestammten Platz sitzen. Gerhard war weit und breit nirgendwo zu sehen. Rebecca hatte die beiden zusammen mit Thomas noch mehrmals verhört, als sie auf der Suche nach dem falschen Mönch gewesen waren. Es war erst wenige Wochen her, dass der Obdachlose von der Hohenzollernbrücke auf den holländischen Lastkahn gestürzt war. Doch Rebecca kam es vor, als sei seitdem schon ein Jahr vergangen.
Einer Eingebung folgend drehte sie sich um und ging zurück zum dicken Paul. Sie grüßte und ging vor ihm in die Hocke.
»Sieh an, die Frau Kommissarin. Immer noch auf der Suche nach dem Mönch?«
»Wie man's nimmt. Inzwischen hat schon wieder ein Mönch meinen Weg gekreuzt, und ich frage mich, ob es vielleicht derselbe war wie Anfang April.«
»Kann man nie wissen. Die gleichen sich schließlich wie ein Ei dem anderen in ihrer Kutte.«
Rebecca nickte zustimmend.
»Sagen Sie mal, Paul, was haben Sie doch gleich erzählt, wo Bruno diesen falschen Mönch getroffen hat?«
»Ich hab überhaupt nichts erzählt«, erwiderte Paul mit lauerndem Blick, »der Gerhard hat erzählt, dass Bruno den Mönch auf der Straße getroffen hat.«
»Und Sie, was hätten Sie erzählt?«
»Kommt drauf an.«
»Na, sagen wir mal für eine kleine Anerkennung von …« Rebecca zog ihr Portemonnaie hervor und zog einen Schein heraus,
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