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Nichts bleibt verborgen

Nichts bleibt verborgen

Titel: Nichts bleibt verborgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knut Krueger
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Ehe sie gemeinsam zum Kopierer stolperten, sah Alexander aus dem Augenwinkel heraus, dass der Bürostuhl eine halbe Drehung gemacht hatte und dem Schreibtisch nun seine Rückenlehne zukehrte. Außerdem stand eine Schublade halb offen. Vermutlich hatte sie Magnus so hart zugeknallt, dass sie sogleich wieder aufgesprungen war. Keuchend lehnten sie sich an den Kopierer, der immer noch eingeschaltet war, und versuchten, ihre Atmung unter Kontrolle zu bringen. Die leeren Colaflaschen standen unschuldig auf der Fensterbank.
    Die Stimmen auf dem Flur waren jetzt so laut, dass sie jedes Wort verstehen konnten. »Ich begreife einfach nicht, wie ich den vergessen konnte.«
    »Aber den Schlüssel kann ich doch für Sie holen, Herr Granberg.«
    Ein mittelgroßer Mann mit grauer Skijacke, die perfekt zu seinen grau melierten Haaren passte, erschien im Türrahmen und drehte sich erstaunt zu ihnen um.
    »Magnus?«
    »Hallo, Papa!«, krächzte Magnus heiser.
    Ole Granberg kräuselte die Stirn und warf Alexander, der sich die Kopien krampfhaft gegen die Brust drückte, einen fragenden Blick zu. »Und du bist …?«
    »Alexander Ohlsen. Magnus und ich gehen in eine Klasse.« Aus Angst, die Kopien fallen zu lassen, verzichtete Alexander darauf, Magnus’ Vater die Hand zu geben. Dieser musterte ihn aufmerksam. Alexander sah ihm förmlich an, wie es hinter seiner zerknitterten Stirn arbeitete. Sein ganzes Gesicht sah seltsam faltig und zerknautscht aus, wie bei manchen Hunderassen, die zu viel Haut für ihren Körper besaßen. »Wir … äh … bereiten ein Referat für die Schule vor«, sagte Alexander.
    »Deshalb mussten wir auch ein paar Kopien machen«, ergänzte Magnus.
    »Ihr scheint ja mehrere Bücher kopiert zu haben«, entgegnete Ole Granberg mit Blick auf den dicken Papierstapel, den Alexander mit beiden Armen umfasst hielt. Er trat einen Schritt vor und ließ seinen Blick durch den Kopierraum wandern. »Allerdings sehe ich hier keine Bücher.«
    »Die hab ich schon wieder weggebracht«, erklärte Elin geistesgegenwärtig und spazierte schnurstracks ins Oval Office hinein.
    »Elin, was soll denn das? Du weißt doch gar nicht, wo der Schlüssel ist«, sagte Ole Granberg ungehalten. Er drehte sich um und stapfte hinter ihr her. Doch noch ehe er den ersten Blick in sein Büro werfen konnte, hatte sie bereits mit einer beiläufigen Bewegung den Schreibtischstuhl herumgedreht und mit dem Knie die Schublade zugeschoben. »Wenn Sie mir sagen, wo der Schlüssel zu Ihrer Hütte ist, dann hole ich ihn gern«, zwitscherte sie und ging auf ihn zu.
    »Nein, nein.« Ole Granberg steuerte eine antike Kommode an, klappte die Türen auf und ging in die Hocke. »Hier muss er doch irgendwo … ach ja.« Er zog einen klirrenden Schlüsselbund heraus. »Das ist wirklich das erste Mal, dass ich den Schlüssel zur Hütte vergessen habe.« Er schüttelte den Kopf und schien kurz in Gedanken zu sein. »Ich muss dann mal wieder, die anderen warten schon.« Ohne Elin, geschweige denn seinen Sohn und dessen Gast, eines weiteren Blickes zu würdigen, eilte er mit großen Schritten davon.
    Mit zitternden Händen legte Alexander die Blätter auf dem Kopierer ab. Als die Schritte des Hausherrn verklungen waren, ließ sich Magnus erschöpft zu Boden sinken und schloss die Augen. »Scheiße, scheiße, scheiße«, stöhnte er.
    »Meinst du, er hat was gemerkt?«, fragte Alexander.
    »Glaub nicht. Aber nimm die Kopien lieber mit nach Hause. Ich will die hier nicht rumliegen haben.«
    »Muss sich ja um ein sehr wichtiges Referat handeln«, sagte Elin mit unschuldiger Miene. »Wünschen die Herren noch eine Erfrischung?«

Kapitel 24
    »Und wer ist jetzt noch mal Giovanni?«, fragte Ohlsen, dem von all den Geschichten und Anekdoten, die seine Frau erzählte, schon der Kopf schwirrte.
    »Na, der Leiter des Instituts in Syrakus«, antwortete Katja, deren Haut einen frischen sommerlichen Teint angenommen hatte.
    »Und Maria?«
    »Seine Frau.«
    »Ich dachte, Maria ist die Frau von Enzo.«
    »Aber nein, doch nicht diese Maria. Die Maria, die du meinst, arbeitet in der kleinen Trattoria.«
    »Der Trattoria am Hafen?«
    »Der Trattoria, die gleich beim Dom um die Ecke liegt.«
    »Ich glaub, jetzt ich hab den Faden verloren.«
    »Wo es diese fantastischen Spaghetti mit Meeresfrüchten gibt …«
    Dieses Geplänkel zog sich jetzt schon eine Zeitlang hin. Schließlich entschuldigte sich Alexander und verschwand unter dem Vorwand, er habe noch für die Schule zu arbeiten,

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