Nichts für Anfänger - Roman
Gesangswettbewerb daraus gemacht hat, aber es ist ja nicht so, als könnte er irgendwas dagegen tun. Da sein Beutel mit dem Alk irgendwo in einer Ecke vom Zelt versteckt ist und seine teuflischen Pläne erst mal auf Eis liegen, zieht er irgendwann die Chauffeurshandschuhe aus und klatscht ein paarmal mit der rechten Hand auf seinen Oberschenkel, um zu zeigen, wie sehr er unser Trällern genießt.
Und dann geht’s ans Kochen, was total einfach ist, und uns allen bringt es großen Spaß, mit vom Boden aufgesammelten Stöcken und Zweigen unsere ganz eigene Außen-verbrannt-und-innen-roh-Backkartoffel aus dem Feuer zu fischen. Dann klatscht uns O’Culigeen löffelweise Baked Beans auf unsere Plastikteller und die armen verkohlten Erdäpfel darauf, während Vater Jason Witze über furzende Cowboys in der guten alten Zeit macht. Wir alle lachen darüber, alle Jungs, nur O’Culigeen bleibt still. Während des gesamten Essens sagt er kaum einen Ton, nur Hennessy bekommt einmal sein Fett weg, als er seine Finger benutzt, um sich die letzten Bohnen in den Mund zu schieben. Deshalb nennt er ihn ein paarmal ein kleines Hündchen und fügt hinzu, dass er eine Schande für seine tote Mutter und seinen armen verwitweten Vater ist, was etwas übertrieben dafür erscheint, ein bisschen Tomatensauce an der Hand kleben zu haben, und Hennessys Unterlippe fängt schon leicht an zu zittern, als Vater Jason schnell wieder auf Trällermodus schaltet. Diesmal sagt er uns, wir sollten schnell unsere Teller am Feuer stapeln und uns bereit für ein Neil-Diamond-Best-of machen.
Wir singen fast eine Stunde lang Sweet Caroline, bis der Sommerhimmel lilaschwarzbläulich wird und einigen von uns, als wir Bam, bam, bum singen, die Augen zufallen. So plötzlich, wie er damit angefangen hat, hört Vater Jason auf, lässt die Löffel sinken und sagt, es wäre an der Zeit, dass wir uns die Zähne putzen und ins Bett gehen und die Nacht den Erwachsenen überlassen.
Wir putzen uns alle gleichzeitig an einem winzigen Becken neben dem Zelt die Zähne, damit jeder seine Bürste einmal ins saubere Wasser tauchen kann, bevor es sich mit weißem Schleim und Spucke mischt, ein bisschen wie Schweine am Trog. Währenddessen werden wir von O’Culigeen beaufsich tigt, der Vater Jason total tuntig erklärt, er würde über unsere Waschung wachen, und dann sagt er noch etwas, was sich anhört, als käme es geradewegs aus einem Glückskeks, irgendwas von wegen Gott hat saubere Jungs genauso lieb wie fromme Jungs. Dann führt er uns hinters Zelt zu den Brennnesselbüschen und sagt, es ist Zeit fürs Pipimachen. Wir sehen einander an, und keiner will anfangen, und O’Culigeen sagt nur: Also?!, als wäre es das Normalste auf der Welt, sich fünf Jungs dabei anzugucken, wie sie gleichzeitig ihren Pimmel rausholen. Ich denke darüber nach, meins einzuhalten und mich um Mitternacht mit der Taschenlampe rauszuwagen, als Hennessy mit einem winzigen Strahl anfängt. Daraufhin legen wir alle los, aber in unserem breitschultrigen Ganzkörperbemühen, es direkt in den Büschen zu machen, ohne dass O’Culigeen irgendwas zu sehen bekommt, pissen wir uns gegenseitig halb voll.
Nach dieser Aktion zischen wir alle wie fünf nervöse Kano nenkugeln in unsere Schlafsäcke, zerren uns hektisch die Jeans vom Leib und ziehen uns tief in der sicheren Dunkelheit des Stoffes unsere Schlafanzüge über. Allerdings lugen oben noch unsere Köpfe raus, sodass der dicke, bronzene Reißverschluss gegen unser Kinn reibt, und wir sehen aus wie ein kleines, verschrecktes Tierrudel in Afrika, das sich im hohen Gras der Serengeti versteckt und dabei ständig blinzelnd nach dem ortsansässigen Löwen Ausschau hält.
Binnen Sekunden werden unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Wir hören, wie die zwei Pfarrer »Nacht, Vater« zueinander sagen, wie zwei absolute Vollidioten, die überhaupt nicht begreifen, wie bescheuert es sich anhört, wenn sie einander Vater nennen. Dann steckt O’Culigeen seine hässliche Fresse ins Zelt und sagt mit vorgetäuschtem Gähnen, dass er heute Abend zu müde für Erwachsenengespräche ist und uns stattdessen lieber hier im Jungszelt Gesellschaft leistet. Mit ganzem Körpereinsatz quetscht er sich ins Zelt und grinst wie blöde, als er über uns drüberklettert und dabei jeden einzelnen Schlafsack individuell tätschelt und sagt, dass wir wirklich stolz auf uns sein können mit unseren lieblichen, süßen Stimmchen und dass wir der nächste Palestrinachor
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