Nichts für Anfänger - Roman
ist.
Vater Jason macht einen auf ganz lässig und hat sein Zelt ungefähr zwei Meter neben unserem aufgebaut. Seins ist ein winziges Ein-Mann-Ding aus Kunststoff, wie ein dunkelblauer dreieckiger Sarg oder eine Packung Toblerone aus Regen jacken, gerade groß genug, damit er sich auf dem Rücken hineinlegen kann, was er auch tut, als er fertig ist. Mit einem kleinen Taschenbuch in der Hand sieht er zu uns rüber und zwinkert, als wolle er sagen: So lässt’s sich leben, was?
O’Culigeen tigert natürlich nur kopflos um die Stelle herum, die er für das Zelt ausgesucht hat – eine kleine flache Lichtung am unteren Hügel des Three Rock, wir mussten unsere Taschen und das Campingzeug gerade mal fünfzig Meter landeinwärts schleppen von dem Asphaltweg aus, der sich den gesamten Berg rauf bis zum Radiomast auf der Spitze schlängelt.
Er hat die Stelle sorgsam ausgewählt und beim Fahren andauernd laut gesagt, Hmmm, lasst mich mal sehen, lasst mich sehen, während er so getan hat, als würde er die vor uns liegende Straße nach dem perfekten Parkplatz absuchen. Aber alle haben genau gemerkt, dass er schon tausendmal hier war, und als er schließlich sagte, Da sieh mal einer an!, und in eine abgelegene, von Bäumen verdeckte Haltebucht bog, war es einfach nur noch ein Witz.
Man kann den Van von der Straße aus nicht sehen. Und unsere Campingstelle, die ebenfalls versteckt in einem mit hohem Gras und Unkraut überwucherten Feld liegt, sieht auch nach einem echten O’Culigeen-Fundstück aus und nicht nach einem Ort, an den sich echte menschliche Wesen verirren, die an tatsächlichem Camping interessiert sind. Irgendwie wird mir dabei zugleich übel und traurig zumute, als er hier oben mit uns hält und wir den Blick über die große, leere, grüne Weite schweifen lassen und über die flickenartigen, leeren grünen Felder dahinter, die in der Ferne langsam nach unten abfallen und immer grauer und dunkler werden, bis sie mit der Stadt Dublin selbst verschmelzen. Und nur für einen kurzen Augenblick hören wir hier oben nichts außer dem Wind in den Blättern und den Gräsern, und ich denke darüber nach, was diese Dinge – diese Felder, diese Geräusche, diese Leere – wohl den normalen Menschen bedeuten, die hierherkommen, um zu campen und Spaß zu haben, und nicht, um vergewaltigt zu werden.
Und ich denke an Saidhbhs Lieblingsgeschichte über die Flitterwochen von ihrer Mam und ihrem Dad in Galway und wie sie eigentlich gerne ins Ausland wollten und es sich aber nicht leisten konnten und sich stattdessen mit Connemara zufriedengaben. In den ersten Tagen der Hochzeitsreise waren sie deshalb etwas niedergeschlagen, und es fühlte sich wie ein schlechter Start an, ihr Eheleben mit einem Billigtrip anzufangen, statt in fernen Landen den Traum zu leben. Doch dann, an Tag vier der Hochzeitsreise, während sie ziellos durch eines der zahlreichen, riesengroßen, dreckigen Felder aus steinig braunem und unwirtlichem Buschland spaziert waren, kam plötzlich die Sonne raus und machte alles warm und wunderschön, und Saidhbhs Eltern umarmten sich fest. Und als Saidhbhs Mam Sinead in Taighdhgs Augen sah, sah sie Tränen darin, und als sie ihn fragte, was los ist, sagte er, nichts, und bat sie, sich umzuschauen und die liebliche Landschaft aus Steinen und Schlamm zu betrachten, Irland von seiner schönsten Seite. Und an diesem Punkt der Geschichte sagt Taighdhg dann immer: Warum? Warum sollte jemand aus Irland jemals, jemals, jemals auf die Idee kommen, sich irgendein anderes Land auf dieser Welt anzusehen, wenn diese Art von Schönheit direkt vor der Tür liegt??
Und von da an, für den Rest ihres gemeinsamen Lebens, haben Saidhbhs Eltern das Land niemals wieder verlassen und immer nur in Irland Urlaub gemacht, dem schönsten Land auf der ganzen weiten Welt.
Am Donnerstagabend nach ihrer mündlichen Irischprüfung knickt Saidhbh schließlich ein, gerade als ich dabei bin, für meinen Campingtrip zu packen. Ich bin oben in meinem Zimmer und habe drei saubere Garnituren von so ziemlich allem auf meinem Bettlaken ausgebreitet, was nach ziemlich viel aussieht, aber hauptsächlich verhindern soll, dass ich zu stinken anfange oder bei Regen nass werde. Ich nehme eine riesige, mit vier dicken Batterien gefüllte Taschenlampe fürs mitternächtliche Pieseln mit. Plus eine Pudelmütze aus Wolle für die frühen Morgenstunden, wenn es brutal kalt ist, und ein Buch von Nevil Shute mit Titten auf dem Cover, um die anderen Jungs zu
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