Nichts für Anfänger - Roman
sind. Er lässt seine Hand auf meinem Schlafsack ruhen und drückt in der gleichen lilaschwarzen Dunkelheit der kommenden Nacht heimlich zu, übelst feste, damit ich weiß, dass ich noch immer in den superduper oberfiesesten Schwierigkeiten aller Zeiten stecke.
Er setzt sich drüben auf seiner Zeltseite im Schneidersitz hin und fängt an, zu schnaufen und tiefe Atemzüge zu nehmen und den üblichen Mist darüber zu murmeln, dass wir alle furchtbar schmutzig sind und versuchen, ihn fertigzumachen. So, als würde er sich fürs letzte Gefecht bereit machen. Als würde er jetzt in seine Rolle schlüpfen. Mucksmäuschenstill schraubt er den Deckel von einer kleinen Schnapsflasche aus seiner Alkitasche ab und nimmt einen riesigen Monsterschluck. Dann packt er sich seine Priesterjacke und zieht sie sich über den Kopf, gefolgt von seinem schwarzen Hemd und seiner weißen Weste, bevor er sich runter an den Gürtel grabscht wie ein Besessener.
Klopf! Klopf! Sind Sie noch wach, Vater?
Es ist Vater Jason, unser leibhaftiger Schutzpatron, der drau ßen nur wenige Zentimeter vor dem Eingangsreißverschluss steht.
O’Culigeen zuckt zusammen, erstarrt und versucht, sich blöd zu stellen. Ronan Duignan nutzt die Gunst der Stunde, tut auch so, als würde er gähnen und sich umdrehen, und gibt O’Culigeen dabei einen ordentlichen Tritt in den blanken Bauch. Er krümmt sich und sagt laut Ufff und Scheiße! Vater Jason fragt ihn, wie dieser dumme Reißverschluss aufgeht, wodurch O’Culigeen sagen muss: Zieh, Vater!, was irgendwie lustig ist, wenn man drüber nachdenkt.
Wie sich nach einigem Hin und Her durch die Reißverschlusstür herausstellt, kann Vater Jason nicht schlafen und würde gerne am Lagerfeuer mit O’Culigeen über das Leben und das Universum und all die tiefgründigen Dinge reden, die ihm so durch den Kopf gehen. O’Culigeen versucht, sich eine Million Ausreden auszudenken, um dem zu entgehen, doch Vater Jason ist so gut darin, seine eigene Situation zu beschreiben – ein bisschen traurig, ein bisschen einsam, ein bisschen verwirrt –, dass es O’Culigeen einfach völlig unmöglich ist, hierzubleiben, ohne wie das hintervorletzte Arschloch rüberzukommen.
Vater Jason sagt auch noch, dass er megadurstig ist und keinen Tropfen zu trinken in seinem Rucksack hat und sich gefragt hat, ob die Klimpergeräusche, die vorhin aus O’Culigeens Rucksack gekommen sind, vielleicht die Lösung sind. O’Culigeen stößt eine Million leise Flüche aus, zieht sich die schwarze Jacke wieder an, greift rüber in seinen Saufbeutel, zieht eine volle Flasche Powers-Whiskey raus und klettert mühsam aus dem Zelt, wobei er Ronan Duignan und mir einen ordentlichen Schlag versetzt.
Witzigerweise haben die beiden Väter am Lagerfeuer den Spaß ihres Lebens, und sie reden tatsächlich, wie Vater Jason versprochen hat, über die wirklich wichtigen Dinge. Es fängt ziemlich allgemein an, und Vater Jason übernimmt größtenteils das Reden und erzählt atemlos von der Zeit, als er ein Saufkopf war, und von den ganzen schlimmen Sachen, die er getan hat, um an neuen Stoff zu kommen. Dabei wiederholt er ungefähr zehnmal, dass er kein Alkoholproblem mehr hat und sich das Trinken für besondere Gelegenheiten wie heute Abend aufspart. O’Culigeen bleibt unterdessen stumm, aber wir wissen genau, dass er auch trinkt, weil Vater Jason seine eigenen Sätze andauernd unterbricht und Amen sagt und sein Whiskey glas gegen ein anderes Whiskeyglas klimpert, das O’Culigeen in der Hand halten muss.
Nach gerade mal einer halben Stunde ist Vater Jason schon bei Gefühlen und Stimmungen und dass sie sich glücklich schätzen können, heutzutage Priester zu sein, in Zeiten wie diesen, aber dass irgendwie niemand versteht, was für Opfer man bei diesem Job bringen muss.
Amen, Bruder, sagt O’Culigeen, der zum ersten Mal das Wort ergreift. Seine Stimme ist wie ein Donnerschlag in der Dunkelheit, und sie schüttelt uns alle durch, alle fünf, sogar die Müden, und wir liegen plötzlich mit weit aufgerissenen Augen wach.
Für mich, sagt er, geht es einzig und allein um den Mann da oben, schon mein ganzes Leben lang.
Er sülzt Vater Jason ellenlang die Ohren darüber voll, was Gott für eine Rolle in seinem Leben gespielt hat, dass er immer über ihn gewacht hat, durch dick und dünn, oder schlimmer noch, auf dem Bauernhof. Immer an seiner Seite, immer hat er ihm gezeigt, was richtig und was falsch ist, und immer hat er ihn getröstet, wenn zu seinem
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