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Nichts

Nichts

Titel: Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Louis
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Stromausfall!
       „Kommt doch endlich rein!“, fordert sie uns auf.
       Barkley folgt ihrer Bitte und ich ihm. Bei dieser Gelegenheit richte ich den Lichtstrahl sehnsüchtig wieder hoch. Noch bevor ich etwas Genaueres erkennen kann, rechtfertigt sich die Lady aufgelöst. Leicht irritiert dreht und wendet sie sich.
       „Um Gottes willen! Entschuldigen Sie. Darf ich Ihnen Licht machen? Wie dumm von mir!“, um dann doch treffsicher den Lichtschalter anzuknipsen. Damit erspart sie mir ein deutliches und von Herzen kommendes Ja.
       Sofort bin ich erleichtert. Für einen Augenblick zwar geblendet, aber erleichtert.
       Es gibt hier unten ja doch Licht!
       Womit sich mir nun zwangsläufig die Frage stellt, warum es nicht genutzt wird. Für all die Leute, die ich bisher kennen gelernt hab, war es immer eine Selbstverständlichkeit, vor betreten eines dunklen Raums Licht anzumachen – außer für Carl.
       Aber Carl ist blind…  
       „Ich vergesse das immer wieder. Wir haben so selten Gäste von drüben. Sie müssen einer alten Frau vergeben!“, schaut sie mich treuherzig an.
       Erst jetzt kann ich sie richtig gewahren. Ihr mittellanges, graues Haar lässt sie sehr würdevoll erscheinen. Allerdings ist sie meines Erachtens um ein paar Kilo zu leicht. Bei einer Größe von rund einssiebzig dürfte sie höchstens fünfzig Kilo auf die Waage bringen. Außer an Strommangel leidet die Gute anscheinend noch an Bulimie. Ihr knöchellanges, leichtes Sommerkleid erinnert mich ein wenig an die guten alten Siebziger; frische, farbige Blumenpracht. Auffallend schön ist ihr Schmuck, den sie um ihren sehnigen Hals und an beiden Handgelenken trägt. Schlicht, aber sehr elegant. Gold, sehr zurückhaltend mit Edelsteinen besetzt. Doch am meisten fasziniert mich ihr Gesicht. Diese Frau war in der Jugend der Traum aller Männer, soviel ist sicher. Und sie ist noch immer Bildschön! Ihre Gesichtszüge tragen einen leichten Hauch arabischer Feinheit, bis auf den Teint - der ist, wie es sich für Tiefgaragenbewohner gehört, eher nordländisch Blass. Viel Sonne lässt die Frau nicht an ihre Haut, wie schade. Aber vielleicht leiden die Leute hier unten ja auch an einer Lichtallergie. Soll’s geben, hab ich gehört. Würde so einiges erklären.
       Blinde Lichtallergiker.
       Um ehrlich zu sein, genau das würde ich jetzt gerne hören. Um nicht ins Fettnäpfchen zu treten, oder der netten Dame gar zu nahe zu treten, antworte ich möglichst diplomatisch.
       „Kein Problem. Machen Sie sich keine Gedanken. Hab mich an die Dunkelheit fast schon gewöhnt.“, als mir Ihre Augen auffallen.
       Unweigerlich mache ich in diesem Moment einen großen Schritt nach hinten, so dass ich mit meinem Fuß ausversehen und mit Krach gegen die Eingangstür remple.
       „Oh, Lorenz…“, richtet sich die Frau an Barkley, als sie meine angsterfüllte Reaktion überrascht.
       „Weiß er denn nicht Bescheid? Ich dachte…“
       „Nein Dasy.“, antwortet er. „Das wollte dein Mann höchstpersönlich übernehmen.“
       „Oh…, das tut mir Leid.“, entschuldigt sie sich.
       Diesmal jedoch versucht sie meinen argwöhnischen Blicken hastig auszuweichen. Doch es gelingt ihr nicht diese Augen vor mir zu verbergen.
       Keine Iris, keine Pupille, kein Weiß. Vollkommen schwarze, glanzlose Augen. Als ob ich in eine andere Dimension schauen würde. Erschreckend und Angst einflößend. Ich erstarre, weiß nicht wie reagieren.
       „Ist schon gut, Daisy!“, beruhigt Barkley und wechselt gekonnt das Thema. „Wo ist er? Wir sind spät dran.“
       Sichtlich verärgert dreht sich die alte Frau um und geht durch das große, vornehm eingerichtete Foyer, vorbei an der geschwungenen, aufwendig gedrechselten Treppe, welche hoch in den ersten Stock auf eine Galerie führt. An der Seitenwand hängen einige äußerst bemerkenswerte Gemälde, wie mir trotz meiner Benommenheit auffällt. Barkley folgt ihr.
       „Kommen Sie Brian!“, appelliert er an meinen Mut. „Keine Angst. Es ist halb so wild wie sie denken! Ach… sie können Ihre Taschenlampe jetzt ruhig ausmachen - falls sie möchten.“
       Vergiss es!
       Da fällt mir mein erstes Treffen mit Barkley ein. War ich nicht irritiert - auch oder gerade von seinen Augen? Seitdem hab ich nicht mehr genau hingesehen oder er ist meinen Blicken geschickt ausgewichen.
       Bin nicht sicher, was jetzt die bessere Entscheidung wäre – den Rückzug in die

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