Nichts
unserer Rasse existieren nicht sehr viele. Um genau zu sein, zur Zeit nur sechshundertsechsundsechzig weltweit. Deshalb sind die meisten Menschen mit unserem Aussehen nicht vertraut und glauben, so wie Sie, sofort an obskure Geschichten. Die schönste Geschichte ist die Verbindung mit dem ersten Buch Moses, Kapitel sechs Vers eins bis vier. Kennen Sie sich in der Bibel etwas aus?“, fragt er.
Ich schüttle erneut den Kopf. Natürlich habe ich die Bibel gelesen. Doch erstens ist dies Jahre wenn nicht Jahrzehnte her und zweitens habe ich vieles vergessen, oder als 'für nicht relevant' beurteilt und damit verdrängt.
„Schade.“, bedauert er.
„Nun, dort heißt es: Da sich aber die Menschen begannen zu mehren auf Erden und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Kinder Gottes nach den Töchtern der Menschen, wie sie schön waren, und nahmen zu Weibern, welche sie wollten. Es gab zu diesen Zeiten Tyrannen auf Erden, denn da die Kinder Gottes zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren, wurden daraus Gewaltige in der Welt und berühmte Männer.“
Erneut macht er eine längere Pause und beobachtet meine Reaktion auf sein Zitat.
„Kommt Ihnen dieser Text bekannt vor?“
Kopfschütteln. Ich möchte einfach nicht mit ihm reden. Glaube ihm kein einziges Wort.
„ Nicht-Humanoide-Außerirdische , die sich mit den Menschen paarten und so hybride Blutlinien erschufen. Das ist meine Lieblingsgeschichte. In allen Kulturen existieren diese oder ähnliche Legenden über uns und halten sich erstaunlich hartnäckig. Im alten Ägypten, in China, in Indien und in Südamerika. Königliche Blutlinien vergangener Zeiten seien daraus hervorgegangen, die sich im Laufe der Zeit dann auch an die Spitze der Wirtschaft und Politik gesetzt hätten.“
Und?
„Doch glauben Sie mir. Nichts davon entspricht der Realität. Tatsächlich gibt es nur weniges, was uns von anderen unterscheidet. Das auffälligste daran sind nun mal die Augen. Eine simple Gencharakteristik , die wir unseren Kindern seit Jahrtausenden vererben.“
„Und deshalb leben Sie in einer Tiefgarage?“, spotte ich.
Der Greis lacht. Auch Barkley grinst, für meinen Geschmack jedoch einen Hauch zu überheblich.
„Nein. Nein!“, versucht er zu beruhigen.
„Es ist nur so, dass wir kein Licht brauchen um zu sehen. Sie können sich das vermutlich nicht vorstellen“, meint er. „Aber wenn Sie die Wahl hätten, sich Naturgewalten auszusetzen, oder in einer…, nun, nennen wir es einmal, sicheren, grünen, frisch gestrichenen Höhle zu leben…, Sie würden sich ebenfalls für letzteres entscheiden. Das einzige, was Sie und Ihre Familie davon abhält, ist das angewiesen sein auf Tageslicht.“
„Licht hat meines Wissens nicht nur was mit Sehen zu tun!“
„Oh…, da haben Sie nicht ganz Recht! Lorenz, bitte erklär es Mister Barron. Ihr beide seid Wissenschaftler und wenn du es machst, sparen wir viel Zeit.“
„Gerne, wenn ich darf.“ Er dreht sich etwas auf die Seite, um mich besser zu sehen und fängt an zu referieren.
„Licht - definieren wir es im herkömmlichen Sinn mit Helligkeit - hat ausschließlich und nur etwas mit Sehen zu tun. Alles andere sind bestimmte Strahlen und Wellenlängen, wie Sie als Teilchenforscher wissen. All diese Strahlen und Wellen sind anwesend, auch wenn die gewöhnlichen Sehzapfen sie nicht wahrnehmen. Sie können sogar künstlich erzeugt werden…, auch hier unten.“
„Und was ist mit der wunderschönen Natur, die uns umgibt?“, bohre ich weiter.
Nathan De Noirbouclier antwortet darauf fast so, als ob er die Frage erwartet hätte.
„Sie kommen aus Chicago, oder nicht?“
Ich nicke stumm.
„Wie viele Berge können Sie von Ihrem Haus aus sehen? Ich vermute, nicht sehr viele, oder? Wir sind hier nicht eingesperrt, Mister Barron. Novus Seclorum ist nichts anderes als unser Chicago. Wir können jederzeit vor die Tore der Stadt gehen und die Natur genießen. Im Gegensatz zu Ihnen selbst wenn es Nacht ist…, meine persönliche Lieblingszeit.“
Bevor ich darauf mit einem guten Argument antworten könnte, fährt er fort:
„Und, um Ihre nächste Frage - den blauen Himmel – gleich mit zu beantworten. Mal abgesehen davon, dass ich, sooft ich auch in Chicago gewesen bin, nicht einen einzigen Tag ohne Smog erlebt hätte…, was denken Sie, geschieht aktuell mit unserer
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