Nichts
in diesem Kodex stand, war einfach der blanke Wahnsinn – für einen Religionswissenschaftler so was wie für dich vielleicht die Nachricht das, was weiß ich…, Einstein niemals gelebt hätte, oder etwas in der Art.“
„Okay, verstehe. Bin ganz Ohr.“
„Na ja, das würde jetzt zu weit führen. Auf jeden Fall hat sich der Typ bei mir ungeduldig paar Tage später wieder gemeldet und mir ohne Umschweife angeboten, für das Honorar von vierhunderttausend Dollar, in seinem Auftrag nach Kairo zu fliegen. Bovio vermutete weitere Schriften an der Stelle, an der man den Kodex achtundsiebzig gefunden hatte. Er hätte ein Team aus Archäologen, Religionshistorikern, Radiokarbongutachtern und koptischen Sprachexperten zusammengestellt. Nachdem ihn meine Arbeit - vor allem aber das daraus resultierende Forschungsergebnis – beeindruckt hätte, könnte ich das Team drüben in Ägypten sicher unterstützen. Es gäbe nur eine Bedingung!“
„Und die war?“, frage ich mitgerissen und höchst gespannt.
Robert erhebt sich erneut. Flöhe im Hintern oder etwas in der Art. Dennoch, selbst längst gefesselt und begierig auf das Ende der Geschichte, will ich es ihm gleichtun. Stelle aber schon bei der ersten Bewegung fest, dass mir die Beine eingeschlafen sind. Und wie! So kippe ich wieder zurück an die Wand. Die alten Knochen kribbeln so stark, dass ich annehme, die Flöhe könnten von seinem Hintern in… Ich verwerfe den Gedanken und bleibe lieber noch ’nen Moment sitzen. Robert steht mittlerweile mir gegenüber auf dem Rasen und wägt irgendwas ab.
„Nun erzähl schon! Was war diese Bedingung?“
„Niemand dürfte von der Reise erfahren…“, raunt er.
„Niemand!“
Dezent nehme ich einen weiteren Anlauf. Diesmal versuche ich mich seitlich irgendwie abzurollen und dabei auch noch halbwegs elegant auszusehen. Doch das betäubend schläfrige Kribbeln in den Beinen macht mir einen Strich durch die Rechnung, so dass ich ein ungeplantes, leises Stöhnen nicht unterdrücken kann. Aus dem toten Winkel heraus erkenne ich Roberts Hand, die er mir nun gütigst entgegenstreckt.
Wie ich Altwerden hasse!
„Niemand?“, repetiere ich.
Auf wackeligen, insubordinierten Füßen Halt suchend, wische ich meinen sandigen Hosenboden ab und schaue ihn derweil erwartungsvoll an.
„Ja! Und er meinte es so… Das Versteckspiel wäre nötig, da bedeutende Organisationen – wie sich später noch rausstellen sollte, meinte er damit Rom, den Vatikan – zur selben Zeit ebenso nach verschollenen Kodizes suchen würden. Es ginge um unvorstellbar viel Geld!“
Ich fang an zu verstehen.
„Auch nicht deine eigene Familie?“
„Niemand. Keiner!“
Wie recht ich mit meinem Tigerprofil hab, wird mir erst jetzt so richtig klar. Abenteuer und das Unbekannte sind tatsächlich Teil seiner Persönlichkeit. Zurückhaltung, Sorgen oder gar Bedenken unbesonnen und leichtfertig beiseite wischend, so hatte ich ihn immer eingeschätzt. Doch nun, als er vor mir steht, scheint es beinahe so, als ob er dies selbst bereut.
„Vierhunderttausend Dollar, Brian!“, versucht er meine Zurückhaltung aufzubrechen und sich mir gegenüber zu rechtfertigen.
„Damit hätten wir einen phantastischen Start ins Leben gehabt!“
„Nein…, ist ja gut. Ich verstehe dich völlig.“, taumle ich zwischen Lüge und Wahrheit.
Hab’ ich nicht dasselbe getan? Okay, ich hab’ Julie nichts verheimlicht. Aber wie hätte ich reagiert, was hätte ich getan, wenn George Geheimhaltung von mir verlangt hätte? Mein Honorar war die Aussicht auf ein besseres Leben für Julie, die Kinder, was sage ich – ein besseres Leben für die Welt. Im Prinzip also nichts anderes, als das was sich Robert versprochen hatte, oder nicht?
„Aber hättest du nicht wenigstens Leann gegenüber eine Andeutung machen können? Sie hätte geschwiegen, da bin ich mir sicher!“
„Hab’ ich!“, wundert er sich nicht wirklich über meine Ahnungslosigkeit.
Natürlich nicht! Geht er doch davon aus, dass wird mir jetzt klar, sich auf seine Frau verlassen zu können.
„Bovio hatte mich zwar mehrfach gewarnt, aber ich konnte meine kleine Familie doch nicht so einfach im Stich lassen. Nein! Leann wusste Bescheid und war mit dem Deal einverstanden!“
Jetzt bin ich es, der dumm aus der Wäsche schaut. Kann es sein, dass uns Leann die ganze Zeit zum Narren gehalten
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