Nichts
hatte?
„Gab es einen Zeitplan?“, versuche ich rauszufinden.
„Für was?“
„Na, für deine Reise nach Kairo. Wusstest du wie lange das Ganze dauern würde?“
„Nicht wirklich. Wir sind am Anfang von einem halben Jahr ausgegangen. Aber allen war klar, dass es auch wesentlich länger dauern könnte. Wieso fragst du?“
„Nur so…“
In Wahrheit versuche ich zu ergründen, wieso Leann dann so schnell damit einverstanden war, zunächst zu uns nach Chicago und kurze Zeit darauf auch noch auf die Ranch zu ziehen. Zumindest in den letzten Monaten gab es keinen Grund mehr, uns etwas vorzuenthalten. Nicht einen, soweit ich sehe!
„Es tut mir leid, Brian!“, druckst der Junge rum.
„Wirklich. Wir hätten euch gerne in die Sache eingeweiht. Aber es ging nicht, glaub mir.“
„Weißt du…“, stelle ich mich also erst mal dumm, „…dass Leann mittlerweile bei uns lebt? Zusammen mit den Kleinen?“
Er dreht sich beschämt von mir ab. Wie es scheint, versucht er mir nicht in die Augen schauen zu müssen.
„Ja ich weiß, Brian. Deshalb ist es mir auch so schwer gefallen, dich anzusprechen… Es tut mir wirklich leid aber wir hatten keine andere Wahl.“
„Keine Wahl?“, platzt es aus mir heraus.
„Ihr habt uns im Glauben gelassen, irgendein Unglück ist über euch eingefallen und dann dabei zugesehen, wie wir…“
„Brian!“, versucht er mich zu beruhigen.
„Brian, bitte! Es war ein Fehler, ich weiß. Aber wir hatten es wirklich nicht so geplant. Alles lief irgendwann irgendwie schief.“
„Na, da bin ich ja beruhigt!“, wende ich mich ab und stolziere beleidigt in mein Zimmer.
Robert folgt resolut.
„Lass die Tür offen…“, werfe ich ihm schroff zu. „…damit die Kälte raus kann!“
„Hör mir doch wenigstens zu.“, gibt er zurück. „Ich kann das alles erklären!“
Enttäuscht, vor allem aber von meiner Tochter, setze ich mich auf’s Bett und schau provokativ auf die Uhr. „Dir bleiben genau fünf Minuten…, dann muss ich los!“
Dankbar über das unerwartete Angebot, fährt er ohne Zeit zu verschwenden fort.
„Ich bin dann im März vergangenen Jahres nach Ägypten geflogen. Allerdings konnte ich dort recht wenig bewirken. Die Ausgrabungen kamen nur schleppend voran und viel versprechende Spuren verliefen buchstäblich im Sand. Da man sich von mir die Dechiffrierung weiterer Kodizes versprach, aber zunächst keine gefunden hatte, beorderte Bovio mich zurück – allerdings nicht nach Hause in die Staaten sondern hierher. Das Judasevangelium sei Bestandteil eines gigantischen Forschungsprojekts namens EINAI, und ich sollte dort bei der Entschlüsselung mithelfen. Das war Ende Mai.“
Er geht zur Tür und macht sie behutsam zu, so als ob seine Erzählung nicht für fremde Ohren bestimmt wäre. Dann lehnt er sich mit dem Rücken hemdsärmelig dagegen.
„In Kairo fand ich noch ab und zu Möglichkeiten, unbemerkt mit Leann telefonieren zu können. Damit war es hier natürlich vorbei. Den Luxus, den du genießt…“, wobei er mit dem Kopf auf das Sat-Phone neben mir deutet, „…hatten wir leider nicht. Deine Gespräche werden abgehört - ist dir doch klar, oder?“
Misstrauisch starre ich auf das Telefon.
Mist! Was bin ich nur für ein Idiot.
Hätte ja selbst mal drauf kommen können.
Robert scheint meine Befangenheit zu bemerken und wiegelt lächelnd ab. „Solange du keine Vereinbarung brichst, die dich um vierhunderttausend Dollar bringt…“
Plötzlich, als es kräftig in seinem Rücken an der Tür klopft, bleibt ihm dieses Lächeln im Hals stecken. Er macht zwei hastige Schritte vor und dreht sich dabei verkrampft um. Schaut mir dann löchernd in die Augen. Ich zucke nur mit den Schultern.
„Ist offen!“, verrate ich, weit weniger überrascht.
Dann erklingt die Stimme von Barkley.
„Brian?! Kann ich reinkommen? Alles in Ordnung bei Ihnen?“
„Ja!“
Ich stehe auf, gehe die paar Schritte zur Tür und öffne sie einladend weit.
„Lorenz…, kommen Sie doch rein.“
„Nein danke.“, lehnt er, sichtlich ungeduldig, fast neurotisch ab. „Wir haben heute ein volles Programm und sollten vielleicht… es ist schon viertel nach acht.“
„In Ordnung.“, erwidere ich, nicht ganz unglücklich über die Unterbrechung.
„Von mir aus können wir los!“
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