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Nichts

Nichts

Titel: Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Louis
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Außer das ich zum Umfallen müde bin – und etwas verwirrt, fühle ich mich eigentlich ganz gut, danke der Nachfrage, mein Junge.
       „Auch für den Physiker ist die Möglichkeit einer Schilderung in gewöhnlicher Sprache immer abhängig vom Grad des Wissens das auf dem betreffenden Gebiet erreicht wurde!“
       „Was ist los?!“, winkt Robert ab. „Dir geht’s also gut? Ist es dass, was du sagen willst? Hab’ mir schon Sorgen gemacht.“
       Ich rolle mich auf die Seite und setze mich auf die Bettkante, so dass ich das Fenster im Auge hab.
       „Setz dich in den Sessel.“, bitte ich, nein fordere ich ihn auf.
       Ohne zu zögern kommt er meiner Anweisung nach, lässt sich in den Hocker fallen und lehnt sich aufmerksam zurück.
       Nun betrachte ich ihn sorgfältig. Von oben bis unten – jeden einzelnen Zoll.
       „Was ist los? Hab’ ich was falsch gemacht?“, kommentiert er meine auffällige Obduktion.
       „Hast du ein wenig geschlafen?“, gehe ich nicht auf seine Frage ein, sondern will meinen Plan jetzt umsetzen.
       Jetzt sofort!
       Er nickt. „Zwei, vielleicht drei Stunden.“
       Dabei wirft er einen Blick aufs Fenster.
       „Müsste eigentlich längst hell sein.“
       Er steht auf und schiebt den Vorhang zur Seite.
       „Was ist nur mit diesem Wetter los. Scheint, als wollten die Wolken uns heute erdrücken.“
       „Schnapp dir das Telefon!“, werfe ich ihm zu, springe auf und trabe ins Bad. „Ich brauche zwei Minuten, dann machen wir los!“
       Ich schließe die Tür hinter mir, stütze mich mit beiden Armen aufs Waschbecken und starre in den Spiegel. Nichts ungewöhnliches . Nur älter! Um Jahre gealtert, der Mann.
       »Schaue auf die Leere. Nicht auf den Fluss oder die Bewegungen. Richte deine Aufmerksamkeit nicht auf automatisierte Vorgänge. Nicht auf dein atmen, laufen, bewegen. Werde dir dieser automatischen Handlungen bewusst und du wirst Neues erkennen - die Kontrolle über jeden Impuls gewinnen .«
       Trotzdem, das alles kann nicht sein. Vorsichtig drehe ich den Kopf nach links, dann nach rechts und beobachte mein Gegenüber. Mit dem Finger versuche ich seine Konturen nachzufahren, was mir aber nicht gelingt. Drehe den Wasserhahn auf und warte, bis das Waschbecken beinahe überläuft. Erst in letzter Sekunde drehe ich den Hahn wieder ab. Ich starre in das volle Becken, auf seinen wogenden Grund, wie sich der festgesetzte Stöpsel in der zarten Dünung hin und her zu bewegen scheint, Kreise formt . Dann stoße ich mit dem Gesicht mitten hinein in das erfrischende Nass - so tief es geht. Im selben Moment läuft alles über, schwappt über den Rand, platscht auf die Fliesen, meine Schuhe.
       Wen kümmert’s?
       Ich jedenfalls genieße die belebende Kühlung und labe mich in ihr, bis ich nach Luft schnappen muss.
     
    „Bist du fertig?“, treibe ich Robert an, als ich mit nassen Haaren aus dem Bad stürme.
       Er wirft mir einen flüchtigen Blick zu und kontert. „So wie du? Wirklich alles klar, Brian?“    
       Wortlos setze ich mich aufs Bett, schnappe mir den Block Papier vom Nachttisch, einen Bleistift und kritzle drauf los. Denke einen Moment nach, radiere und korrigiere meine Gedanken.   

     

     
     
       „Was wird das?“, fragt der Junge.
       Ich schließe meine Arbeit ab, ohne auf ihn einzugehen und werfe einen letzten, prüfenden Blick drauf. Dann stehe ich auf und lege den Zettel mitten auf’s Bett.
       „So sind sie ’ne Weile abgelenkt…“, hoffe ich.
       Nun wehe ich Richtung Zimmertür und reiße sie mit aller Wucht auf.
       „Komm! Wir haben keine Zeit mehr.“, wobei ich sofort in den Himmel starre.
       Von Horizont bis Horizont nichts als schwarze, bedrohliche Wolken, die sich immer wieder aufbäumen, ineinander verschmelzen und noch ein Stück näher kommen. Immer wieder dumpfes Grollen und seltsam farbige Wetterleuchten, die das Schwarz zuckend durchtrennen. Nun weiß ich, wie sich Julie und die Kinder fühlen müssen. Schon seit Tagen. Wieso hab’ ich nur so lange gewartet? Mit einem kurzen Blick vergewissere ich mich, ob Robert auch wirklich das Sat-Phone bei sich hat. Unsere einzige Verbindung nach Hause.
       „Wir müssen Richtung Pyramide!“, schaue ich mich irritiert um.
       „Dann sollten wir hier lang…!“
       Robert marschiert zielstrebig nach links. Ich folge ihm. Wir laufen quer durch die Grünflächen und vermeiden absichtlich die Straßen - so sollten

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