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Nichts

Nichts

Titel: Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Louis
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nicht zu rennen. Um diese Zeit herrscht hier draußen Hochbetrieb. Die meisten Kollegen nutzen die Mittagspause für einen kleinen Spaziergang und da der Sonnen-Boulevard, wie wir die prächtige Promenade nennen, direkt an das riesige, ebene Tal angrenzt und zu dieser Tageszeit die einseitige Bebauung keinen Schatten werfen kann, ist es zugegebenermaßen auch der beste Ort um dies zu tun.
       Nach rund dreihundert Metern biege ich nach rechts in die Achtzehnte ein. Nun wird’s etwas ruhiger aber auch kühler. Die hohen Gebäude, jetzt beidseitig meines Weges angeordnet, werfen ihre Schatten auf den Asphalt. Die Sonne steht fast noch am Zenit. Bin etwas außer Atem. Frage mich jedes Mal wenn ich hier unterwegs bin, wie Architekten so was wohl machen? Von außen scheinen die Bauten massiv, als ob gemauert oder betoniert. Weiße, ebene Kathedralen der Arbeit – scheinbar ohne Öffnungen oder Fenster. Sobald man sie aber betreten hat, verlieren die Wände, Böden und Decken ihre Struktur und werden transparent.
       Im Fahrstuhl des Bürokomplexes angekommen, drücke ich die Zwölf und warte, bis sich die Aufzugtür schließt. In der Mitte des Büroturms befindet sich eine Art Galerie, die bis unters Dach reicht. Gut und gerne sechzig Meter hoch! Davor hängen mehrere Fahrstühle, die alle ebenso aus Glas bestehen. Glas, überall wo man hinschaut. Es war irgendwann mal in Mode, Uhren aus Glas zu tragen, bei denen man das komplette Uhrwerk, Zahnräder und Federn sehen konnte. Genau an diese Uhren erinnert mich der Baustil.
       Während sich die Kabine mit leichtem stöhnen in die Höhe bewegt, beobachte ich das Treiben in den Etagen, die nun an mir vorbeiziehen. Ein seltsames Gefühl. In der Nase zu bohren würde ich definitiv niemandem empfehlen…
     
    Endlich in meinem Büro angekommen, setze ich mich eiligst an den Schreibtisch und betätige die Maus, womit unmittelbar alle drei Monitore in den Aktivmodus wechseln. Klicke mich durch einige Anwendungen und öffne meinen EINAI Email-Netzwerk-Account. Hab’ da so ein Gefühl…, und richtig!
       Posteingang: Eine neue Nachricht.
       Absender: Unbekannt.
       Guido!
       Seit ich mein Büro bezog, habe ich nicht eine einzige Email erhalten, so dass ich nach drei Tagen schon nicht mehr davon ausgegangen bin, jemals eine zu bekommen. Wie man mir dann erklärt hatte, findet der Informationsaustausch hier bevorzugt, wenn nicht ausschließlich, über das beliebte Video-System statt. Es gibt auch nicht wirklich was, dass man hin und herschicken könnte. Alle Rechner sind vernetzt, womit jeder auf den Computer des anderen Zugriff hat. Man braucht sich nichts zuzumailen! Man loggt sich einfach in den entsprechenden Rechner des anderen ein und schon kann man mit dessen Daten arbeiten. Über persönliche IP-Nummern werden natürlich sämtliche Verbindungen, Eingriffe oder Veränderungen festgestellt, überwacht und gespeichert.
       Es existieren einfach keine privaten Daten, die vor fremden Zugriffen geschützt werden müssten. Warum auch. Nicht wenige vergleichen EINAI mit einem Zirkus voller Magier, in dem die Künstler – und das ist eben das ungewöhnliche - darauf bestehen, sich in die Karten schauen zu lassen. Wir arbeiten alle an einem gemeinsamen Ziel, glaubte ich jedenfalls…, bis vor einer viertel Stunde!
     
    Prüfe das Energieprotokoll!!!!!!!!
       Mehr steht nicht in der Email. Was meint er nur? Energieprotokoll? Was hatte er mir doch gleich noch ins Ohr geflüstert: überschüssige Energie! Wir haben zu viel Energie! Alles was mir dazu im Moment einfällt ist die Energebilanz! Da Neutrinos – und daran arbeite ich schließlich - zum einen sehr schlecht zu absorbieren sind und sich zum anderen noch schlechter nachweisen lassen, weil sie sämtliche Detektoren ungehindert durchqueren, kann ihre Anwesenheit nur indirekt nachgewiesen werden.
       Durch fehlende Energie eben.
       Neutrinos tragen buchstäblich Energie weg! Und damit fehlt in der Energiebilanz am Ende Energie. Doch das Ganze ist kein Geheimnis! Außerdem sprechen wir in diesem Fall von fehlender und nicht von überschüssiger Energie!
       Vorsichtshalber lösche ich die Mail.
       Dann öffne ich das Mitarbeiterverzeichnis. Mal sehen, wer mir weiterhelfen könnte. Brauche jetzt einen Energie-Magier! Am besten einen Theoretiker. Klicke mich durch einige Routinen, überfliege die einzelnen Fachbereiche, suche besonders nach technischen Theoretikern.
       Halt. Hier!
       Alexander

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