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Nick Adams Stories

Nick Adams Stories

Titel: Nick Adams Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Er sah das Gleis entlang, den Lichtern des Bremserhäuschens nach, die hinter einer Kurve verschwanden. Zu beiden Seiten des Gleises war Wasser, dann Sumpf und Erlengebüsch.
    Er betastete sein Knie. Die Hose war zerrissen und die Haut abgeschürft. Seine Hände waren zerkratzt, und Sand und Asche waren tief unter die Nägel gedrungen. Er ging hinüber bis zum Rand des Gleises, die kleine Böschung zum Wasser hinunter und wusch sich die Hände. Er wusch sie sich sorgfältig in dem kalten Wasser und entfernte dabei den Schmutz unter seinen Nägeln. Er kauerte sich hin und badete sein Knie.
    Dieser Lausekerl von einem Bremser. Eines Tages würde er ihn schon kriegen. Den erkannte er wieder. Das war ’ne feine Art von Benehmen.
    «Komm her, Junge», sagte er, «ich hab was für dich.»
    Darauf war er reingefallen. Lausig kindisch so was. Die würden ihn nie wieder so reinlegen.
    «Komm her, Junge, ich hab was für dich.» Dann bums , und er lag auf Händen und Knien neben dem Gleis.
    Nick rieb sein Auge. Er kriegte eine große Beule. Das würde ein blaues Auge geben, und wie. Es tat schon weh. Dieser Kerl von einem Drecksbremser.
    Er berührte die Beule über seinem Auge mit den Fingern. Na, es war nur ein blaues Auge. Das war alles, was er abgekriegt hatte. Dafür eigentlich billig. Er hätte es gern gesehen, konnte es aber nicht sehen, als er ins Wasser blickte. Es war dunkel, und er war von überall weit entfernt. Er wischte sich die Hände an der Hose ab und stand auf, dann kletterte er die Böschung hinauf zu den Schienen.
    Er ging dem Gleis nach. Es war gut geschottert; man ging leicht und mühelos, Sand und Kies zwischen den Schwellen; gutes Gehen. Die glatte Strecke lief wie ein Damm durch den Sumpf. Nick marschierte. Irgendwohin mußte er ja kommen.
    Nick hatte sich auf einen Güterzug geschwungen, als dieser seine Geschwindigkeit bei den Rangierbahnhöfen außerhalb von Walton Junction verringert hatte. Der Zug mit Nick darauf war, als es anfing, dunkel zu werden, durch Kalkaska durchgekommen. Jetzt mußte er beinahe in Mancelona sein. Drei oder vier Meilen Sumpf. Er marschierte das Gleis entlang und ging so, daß er auf dem Schotter zwischen den Schwellen blieb; um ihn der Sumpf gespensterhaft in dem aufsteigenden Nebel. Sein Auge tat ihm weh, und er war hungrig. Er marschierte und legte eine Meile nach der andern zurück. Zu beiden Seiten des Gleises war nichts als Sumpf.
    Vor ihm lag eine Brücke. Nick ging hinüber; seine Stiefel hallten dumpf auf dem Eisen. Unter ihm schimmerte das Wasser schwarz durch die Ritzen der Schwellen. Nick stieß gegen einen losen Spieker, und er fiel ins Wasser. Jenseits der Brücke waren Hügel. Zu beiden Seiten des Gleises war es dunkel und hoch. Gleisaufwärts sah Nick ein Feuer.
    Er ging vorsichtig am Gleis entlang auf das Feuer zu. Es war rechts vom Gleis unterhalb des Eisenbahndamms. Er hatte nur den Feuerschein gesehen. Das Gleis ging hier durch einen Einschnitt, und wo das Feuer brannte, weitete sich das Land und verlief in den Wäldern. Nick ließ sich vorsichtig den Damm hinabgleiten und schlug sich in den Wald, um sich zwischen den Bäumen hindurch dem Feuer zu nähern. Es war ein Buchenwald, und er trat, als er zwischen den Bäumen einherschritt, auf die abgefallenen Bucheckern. Das Feuer leuchtete jetzt hell, gerade am Rande der Bäume. Ein Mann saß daran. Nick wartete hinter einem Baum und beobachtete. Der Mann schien allein zu sein. Er saß da, den Kopf in die Hände gestützt, und sah ins Feuer. Nick schritt hervor und trat in den Feuerschein.
    Der Mann saß da und starrte ins Feuer. Sogar als Nick ganz dicht neben ihm haltmachte, rührte er sich nicht.
    «Hallo», sagte Nick.
    Der Mann sah auf.
    «Wo hast du die Beule her?» sagte er.
    «Ein Bremser hat mich heruntergeschubst.»
    «Von dem Güterzug?»
    «Ja.»
    «Ich sah das Schwein», sagte der Mann. «Kam hier vor ungefähr anderthalb Stunden durch. Er ging auf den Dächern der Waggons entlang, schlug die Arme zusammen und sang.»
    «Das Schwein!»
    «Muß sich verdammt wohl gefühlt haben, nachdem er dich runtergeschubst hat», sagte der Mann ernst.
    «Ich werd ihm schon was wiederschubsen.»
    «Triff ihn mit ’nem Stein, wenn er hier durchkommt», riet ihm der Mann.
    «Ich werd ihm schon was.»
    «Du bist ’n ganz Harter, was?»
    «Nein», sagte Nick.
    «Seid ihr Jungens ja alle.»
    «Muß man schon», sagte Nick.
    «Genau, was ich gesagt habe.»
    Der Mann sah Nick an und lächelte. Im Feuerschein sah

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