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Nick Adams Stories

Nick Adams Stories

Titel: Nick Adams Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Nick, «aber da waren sie mir scheußlich dicht auf der Pelle.»
    Mit dem Kolben voraus reichte ihm seine Schwester das Gewehr durch den Zaun und kroch dann selbst zwischen den Querlatten hindurch. Sie stand neben ihm auf der Straße.
    Er strich ihr über den Kopf. «Bist du nicht schrecklich müde, Littless?»
    «Nein. Mir geht’s prima. Ich bin viel zu glücklich, um müde zu sein.»
    «Solange du nicht zu müde bist, gehst du in der Mitte der Straße, wo’s sandig ist und voller Hufspuren; auf dem lockeren Boden wird deine Spur nicht zu erkennen sein. Ich gehe am Rand, wo’s fest ist.»
    «Ich kann auch am Rand gehen.»
    «Nein. Ich will nicht, daß du zerkratzt wirst.»
    Sie erstiegen den Landrücken, der die beiden Seen trennte. Zwischendurch ging es immer wieder einmal ein Stück bergab. Dichtes, üppiges Unterholz säumte den Fahrweg zu beiden Seiten, und von den Rändern wuchs Himbeer-und Brombeergestrüpp in den Wald hinein. Die Kuppe jedes Hügels war schon aus der Entfernung als Lücke zwischen den Bäumen zu erkennen. Der Mond stand jetzt schon ziemlich tief.
    «Wie fühlst du dich, Littless?» fragte Nick seine Schwester.
    «Wunderbar, Nickie. Ist es immer so schön, wenn du von zu Hause wegläufst?»
    «Nein. Gewöhnlich bist du einsam.»
    «Wie einsam bist du schon gewesen?»
    «Ganz schlimm. Schwarze Einsamkeit. Scheußlich.»
    «Meinst du, mit mir wird’s auch einsam?»
    «Nein.»
    «Und es macht dir nichts aus, daß ich bei dir bin und nicht Trudy?»
    «Warum mußt du die ganze Zeit von ihr reden?»
    «Hab ich ja gar nicht. Vielleicht hast du an sie gedacht, und jetzt denkst du, ich hab von ihr geredet.»
    «Du bist zu gescheit», sagte Nick. «Ich hab an sie gedacht, weil du mir gesagt hast, wo sie ist; und als ich das wußte, hab ich mich gefragt, was sie wohl gerade macht und so.»
    «Ich wäre wohl besser nicht mitgekommen.»
    «Das hab ich dir ja gleich gesagt.»
    «So ein blöder Mist!» sagte seine Schwester. «Müssen wir uns denn unbedingt benehmen wie alle anderen? Dauernd Krach? Ich geh jetzt heim. Dann bist du mich los.»
    «Du hältst den Mund», sagte Nick.
    «Nickie … Bitte sag das nicht. Ich kann heimgehen, oder ich kann bleiben – ganz wie du willst. Ich geh sofort heim, wenn du’s verlangst. Ich will bloß keinen Krach. Haben wir noch nicht genug Familienkrach erlebt?»
    «Ja», sagte Nick. «Allerdings.»
    «Ich weiß – ich hab dich gezwungen, mich mitzunehmen. Aber ich hab’s so eingerichtet, daß du keinen Ärger kriegst deswegen. Und ich hab dafür gesorgt, daß sie dich nicht geschnappt haben.»
    Sie hatten den höchsten Punkt des Landrückens erreicht. Von hier aus konnte man den See wieder sehen; aber er wirkte jetzt schmal, fast wie ein breiter Fluß.
    «Von hier geht’s quer durch den Wald», sagte Nick, «bis auf den alten Holzabfuhrweg. Wenn du heim willst, mußt du hier kehrtmachen.»
    Er nahm das Bündel ab und ließ es ins Unterholz fallen. Seine Schwester lehnte das Gewehr daran.
    «Setz dich hin, Littless; ruh dich aus», sagte er. «Wir sind alle beide müde.»
    Nick lag da, den Kopf auf dem Bündel. Der Kopf seiner Schwester ruhte auf seiner Schulter.
    «Ich geh nicht heim, Nick – außer, du schickst mich weg», sagte sie. «Ich will bloß keinen Krach. Versprichst du mir, daß es keinen Krach gibt?»
    «Ehrenwort.»
    «Ich sag auch nichts mehr von Trudy.»
    «Trudy soll zum Teufel gehen.»
    «Ich will dir helfen. Dir ein guter Partner sein.»
    «Das bist du. Und es wird dir nichts ausmachen, wenn ich mal nervös werde und das dann mit Einsamkeit verwechsle?»
    «Nein. Wir werden gut aufeinander aufpassen und Spaß haben dabei. Es kann wunderschön werden.»
    «Also gut. Dann wollen wir gleich damit anfangen.»
    «Ich find’s schon die ganze Zeit wunderschön.»
    «Wir haben jetzt nur noch ein ziemlich schlechtes Stück Weg vor uns, und dann noch ein ganz übles; aber dann sind wir auch schon da. Am Gescheitesten, wir warten hier, bis es hell wird. Schlaf ein bißchen, Littless. Ist dir’s nicht zu kalt?»
    «Aber nein, Nickie. Ich hab doch meinen Sweater.»
    Sie rollte sich an seiner Seite zusammen und schlief sofort ein. Es dauerte nicht lange, und Nick schlief auch. Nach zwei Stunden weckte ihn das erste Licht.

    Nick hatte einen Bogen durch das Unterholz geschlagen. Schließlich erreichten sie den alten Holzabfuhrweg.
    «Wir durften nicht von der Straße her kommen», erklärte er seiner Schwester. «Wegen der Spuren.»
    Der alte Fahrweg war so

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