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Nick Adams Stories

Nick Adams Stories

Titel: Nick Adams Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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du nicht durchdrehst und ihnen was tust?»
    «Klar.»
    «Und den Pferden auch nicht? Die Pferde können nichts dafür.»
    «Und den Pferden auch nicht.»
    «Ich wünschte bloß, wir hätten Knockout-Tropfen!» sagte seine Schwester loyal.
    «Aber wir haben eben keine. Ich glaub kaum, daß man so was in unserer Gegend überhaupt kriegt.»

    Sie hockten im Holzschuppen und beobachteten die beiden Männer, die auf der Veranda am Tisch saßen. Der Mond war noch nicht aufgegangen, und es war dunkel; die Umrisse der Männer waren jedoch gegen die matte Helligkeit des Sees hinter ihnen zu erkennen. Sie sprachen im Augenblick nicht; mit aufgestützten Ellbogen saßen sie am Tisch. Dann hörte Nick, wie Eis in einem Eimer klirrte.
    «Das Ginger Ale ist alle», sagte einer der beiden.
    «Ich hab ja gleich gesagt, es reicht nicht», sagte der andere. «Aber du hast ja behauptet, es ist genug da.»
    «Geh Wasser holen. In der Küche steht ein Eimer mit einer Schöpfkelle.»
    «Ich hab mein Quantum. Ich leg mich hin.»
    «Ja, willst du nicht auf den Bengel warten?»
    «Nein. Ich hau mich hin. Du wartest auf ihn.»
    «Meinst du, er kommt noch heute abend?»
    «Keine Ahnung. Ich geh schlafen; weck mich, wenn du müde wirst.»
    «Ich kann die ganze Nacht wachbleiben», sagte der einheimische Jagdaufseher. «War nicht das erste Mal, daß ich eine ganze Nacht wachbleibe wegen der Wilderer.»
    «Na, ich doch auch», sagte der von auswärts. «Aber jetzt brauch ich ein bißchen Schlaf.»
    Nick und seine Schwester sahen, wie er ins Haus ging. Ihre Mutter hatte den beiden gesagt, sie könnten im Schlafzimmer neben dem Wohnzimmer übernachten. Sie sahen ein Zündholz aufflackern, dann war das Fenster wieder dunkel. Sie beobachteten den anderen Aufseher. Er saß eine ganze Weile da, dann sank sein Kopf vornüber auf die Tischplatte. Bald hörten sie ihn schnarchen.
    «Wir warten noch ein bißchen, damit er richtig fest schläft», sagte Nick. «Dann holen wir das Zeug.»
    «Steig du schon über den Zaun», sagte seine Schwester. «Womöglich wacht er auf und sieht dich. Mich kann er ja ruhig sehen.»
    «Gut», stimmte Nick zu. «Was hier ist, nehm ich schon mit. Es ist ohnehin das meiste.»
    «Kannst du alles finden, ohne Licht?»
    «Klar. Wo ist das Gewehr?»
    «Liegt mitten auf dem obersten Balken. Nicht stolpern, Nick. Und stoß das Holz nicht um.»
    «Keine Angst.»

    Sie erreichte den Zaun an der hintersten Ecke des Grundstücks, dort, wo die hohe Hemlocktanne im vergangenen Herbst umgestürzt war, nachdem sie im Sommer der Blitz getroffen hatte. Nick war dabei, sein Gepäck zusammenzurichten. Gerade ging der Mond hinter den fernen Hügeln auf, und es sickerte genug Helligkeit durch die Bäume, um Nick bei seiner Arbeit zu leuchten. Seine Schwester setzte den Sack ab, den sie gebracht hatte.
    «Sie schlafen wie die Murmeltiere», berichtete sie.
    «Prima.»
    «Der von auswärts schnarcht genauso laut wie der auf der Veranda. Ich hab alles gebracht.»
    «Gute, alte Littless.»
    «Und der Mutter hab ich einen Zettel geschrieben – daß ich mitgehe, damit du nichts anstellst, und daß sie niemand was davon sagen soll und daß du gut auf mich aufpassen wirst. Ich hab den Zettel unter der Tür durchgeschoben. Sie hat abgeschlossen.»
    «Scheiße!» entfuhr es Nick. Dann sagte er: «’tschuldige, Littless.»
    «Na, also – deine Schuld ist es ja nicht. Und mehr reinreiten kann ich dich auch nicht damit.»
    «Du bist schrecklich.»
    «Können wir uns jetzt wieder vertragen?»
    «Klar.»
    «Den Whiskey hab ich auch», sagte sie eifrig. «Ein bißchen was hab ich in der Flasche gelassen. Dann denken beide, der andere hat ihn getrunken. Sie haben sowieso noch eine Flasche.»
    «Hast du dir eine Decke besorgt?»
    «Natürlich.»
    «Dann brechen wir jetzt besser auf.»
    «Da, wo ich denke, daß wir hingehen, da findet uns keiner … Meine Decke ist das einzige, was den Packen schwerer macht. Ich trag das Gewehr.»
    «In Ordnung. Was für Schuhe hast du an?»
    «Meine Werktags-Mokassins.»
    «Und was hast du zu lesen mit?»
    « ‹Lorna Doone› und ‹Gekidnapped› und ‹Stürmische Höhen› .»
    «Da bist du doch noch zu klein dafür. Außer vielleicht für ‹Gekidnapped› .»
    «Für ‹Lorna Doone› auch nicht.»
    «Wir lesen’s laut vor», sagte Nick. «Dann haben wir auch länger dran … Aber jetzt müssen wir los, Littless. Du hast die Sache ein bißchen komplizierter gemacht, und die beiden können unmöglich ganz so dämlich

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