Nick Adams Stories
Nick.
«Da – nimm zwanzig», drängte sie. «Und halt die Kleine da raus. Sie soll heimgehen und sie im Auge behalten, bis der Wirbel rum ist.»
«Wann haben Sie erfahren, daß sie gekommen sind?»
Sie schüttelte den Kopf. «Kaufen ist genauso schlimm wie verkaufen», sagte sie. «Oder noch schlimmer. Bleib weg, bis sich das wieder beruhigt hat. Nickie, du bist ein guter Junge – egal, was die Leute sagen. Sprich mit Packard, wenn irgendwas schiefgeht. Wenn du etwas brauchst, kannst du nachts hierher kommen. Du brauchst nur ans Fenster zu klopfen; ich hab einen leichten Schlaf.»
«Sie nehmen sie aber nicht heute abend auf die Speisekarte, nicht wahr, Mrs. Packard?»
«Nein», sagte sie. «Aber wegschmeißen tu ich sie auch nicht. Ein halbes Dutzend kann Packard essen, und außerdem weiß ich noch ein paar Leute. Sei vorsichtig, Nickie, und warte ab, bis sich alles beruhigt hat. Mach dich unsichtbar.»
«Littless will mitkommen.»
«Also, auf gar keinen Fall – das läßt du bleiben!» sagte Mrs. Packard. «Komm heute abend mal vorbei; ich richte dir was zusammen.»
«Könnten Sie mir vielleicht eine Pfanne geben?»
«Du kriegst alles, was du brauchst. Packard weiß schon, was du brauchst. Mehr Geld geb ich dir aber nicht; sonst stellst du nur irgendwas an.»
«Ich hätte Mr. Packard gern noch gesprochen wegen ein paar Sachen, die ich brauche.»
«Er besorgt dir schon alles, was du nötig hast. Aber bleib vom Laden weg, Nick.»
«Ich schicke Littless mit einem Zettel hin.»
«Wann immer du was brauchst», sagte Mrs. Packard. «Und mach dir keine Gedanken; Packard wird sich schon was ausdenken.»
«Wiedersehen, Tante Halley.»
«Auf Wiedersehen», sagte sie und küßte ihn. Sie roch wunderbar, wenn sie ihn küßte. Sie roch so, wie es in der Küche roch, wenn gebacken wurde. Mrs. Packard roch wie ihre Küche, und ihre Küche roch immer gut.
«Mach dir keine Sorgen und stell nichts an.»
«Ich komm schon klar.»
«Natürlich», sagte sie. «Und Packard wird sich schon was einfallen lassen.»
Sie standen jetzt unter den hohen Hemlocktannen auf der Anhöhe hinter dem Haus. Es war Abend; die Sonne war hinter den Hügeln am anderen Seeufer untergegangen.
«Ich hab alles gefunden», sagte seine Schwester. «Das wird aber ein ziemlich großer Packen, Nickie.»
«Ich weiß. Was machen sie?»
«Sie haben ein Riesenabendessen verdrückt, und jetzt sitzen sie auf der Veranda und trinken. Sie erzählen sich Geschichten, und was sie für gerissene Hunde sind.»
«Also, bisher wirken sie nicht so besonders gerissen.»
«Sie wollen dich aushungern», sagte seine Schwester. «Zwei Nächte im Wald, und du kommst zurück. Wenn du auf leeren Magen eine Ente quäken hörst, kommst du zurück.»
«Was hat die Mutter ihnen denn vorgesetzt zum Abendessen?»
«Ganz mies», sagte seine Schwester.
«Prima.»
«Ich hab alles aufgetrieben, was auf der Liste steht. Die Mutter ist ins Bett gegangen – Kopfweh. Sie hat dem Vater geschrieben.»
«Hast du den Brief gesehen?»
«Nein. Er liegt in ihrem Zimmer bei der Liste für die Einkäufe morgen … Wenn sie morgen früh merkt, was alles weg ist, wird sie eine neue Liste machen müssen.»
«Wieviel trinken sie denn so?»
«Ich denke, eine Flasche haben sie leer.»
«Wenn wir ihnen bloß Knockout-Tropfen reintun könnten.»
«Kann ich machen. Du mußt mir nur sagen, wie. Tut man sie in die Flasche?»
«Nee, ins Glas. Aber wir haben ja keine.»
«Ich könnte Opiumtinktur in die Flasche tun. Sie haben noch eine Flasche. Oder Calomel. Das haben wir beides im Haus.»
«Nein», sagte Nick. «Versuch lieber, mir ungefähr die Hälfte von der zweiten Flasche zu besorgen. Kipp’s einfach in eine alte Medizinflasche.»
«Ich geh jetzt besser und behalt sie im Auge», sagte seine Schwester. «Mann, ich wollte, wir hätten die Knockout-Tropfen … Hab ich übrigens noch nie von gehört.»
«Es sind eigentlich gar keine Tropfen», erklärte ihr Nick. «Es ist Chloralhydrat. Die Nutten tun das Zeug den Holzfällern in ihren Drink, wenn sie ihnen die Taschen ausleeren wollen.»
«Klingt ziemlich scheußlich», meinte seine Schwester. «Aber man sollte so was haben. Für den Notfall.»
«Komm her, ich geb dir einen Kuß», sagte ihr Bruder. «Für den Notfall … Und jetzt gehn wir runter und beobachten sie beim Trinken. Ich möchte auch hören, was sie reden, wenn sie schon in unserem eigenen Haus rumsitzen.»
«Versprichst du mir, daß du ganz ruhig bleibst? Daß
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