Nick Adams Stories
vermischte. Die Pflaumen aßen sie aus Blechtassen, tranken den Saft hinterher und gossen dann den Tee in die gleichen Tassen.
«Ich finde, die Pflaumen schmecken, als feierten wir irgendwas», sagte Littless. «Wie hast du geschlafen, Nickie?»
«Gut.»
«Dank dir schön, daß du den Mantel über mich gelegt hast. War das nicht eine wunderschöne Nacht?»
«Ja. Hast du durchgeschlafen?»
«Ich schlaf ja jetzt noch. Nickie, können wir nicht für immer hierbleiben?»
«Kaum. Du wirst schließlich mal erwachsen sein und heiraten.»
«Aber ich heirate ja sowieso nur dich. Ich will deine common-law- Frau sein. Weißt du, nach dem alten Landrecht. Darüber war mal was in der Zeitung.»
«Nein, das war über das Ungeschriebene Gesetz.»
«Auch gut. Ich werde also nach dem Ungeschriebenen Gesetz deine common-law -Frau sein. Geht das nicht, Nickie?»
«Nein.»
«Ich schaff’s aber doch. Ich überrasch dich damit. Man braucht nichts zu tun, als eine bestimmte Zeit als Mann und Frau zusammen zu leben. Und ich sag ihnen, daß diese Zeit jetzt läuft. Es ist genau wie bei diesem Gesetz für die Siedler im Westen – wie bei der Homestead Act.»
«Ich laß nicht zu, daß du es anmeldest.»
«Kannst du gar nicht verhindern. Das ist das Ungeschriebene Gesetz. Ich hab mir zigmal ausgedacht, wie ich’s mache. Ich laß mir Karten drucken: Mrs. Nick Adams, Cross Village, Michigan – common-law -Ehefrau. Und die verteil ich dann einmal im Jahr öffentlich an ein paar Leute – so lange, bis die Zeit rum ist.»
«Ich glaube nicht, daß das funktioniert.»
«Ich hab noch einen anderen Plan: Wir haben einfach zwei, drei Kinder, solange ich noch minderjährig bin. Dann mußt du mich heiraten, nach dem Ungeschriebenen Gesetz.»
«Das hat nichts mit dem Ungeschriebenen Gesetz zu tun.»
«So? Das verwechsle ich immer.»
«Es weiß ohnehin noch kein Mensch, ob das überhaupt funktioniert.»
«Es muß funktionieren», sagte sie. «Mr. Thaw verläßt sich darauf.»
«Mr. Thaw könnte sich ja auch irren.»
«Aber Nickie! Wo doch Mr. Thaw das Ungeschriebene Gesetz praktisch erfunden hat …»
«Ich dachte, das war sein Anwalt?»
«Also, jedenfalls hat Mr. Thaw die Sache in Gang gebracht.»
«Ich mach mir nichts aus Mr. Thaw», erklärte Nick Adams.
«Das ist gut. In mancher Hinsicht mach ich mir nämlich auch nichts aus ihm. Aber er hat’s immerhin fertiggebracht, daß die Zeitung interessanter geworden ist, nicht?»
«Er hat den anderen wieder mal was gegeben, was sie hassen können.»
«Die hassen auch Mr. Stanford White.»
«Ich denk mir, sie sind neidisch auf alle beide.»
«Du, das kann stimmen, Nickie. Genau wie sie auf uns neidisch sind.»
«Meinst du im Ernst, jemand ist jetzt neidisch auf uns?»
«Na, vielleicht nicht gerade in diesem Augenblick. Die Mutter hält uns vermutlich für flüchtige Missetäter im Pfuhl der Sünde und des Lasters … Gott sei Dank weiß sie das mit dem Whiskey nicht.»
«Heute nacht hab ich ihn versucht. Er ist sehr gut.»
«Ach, da bin ich aber froh. Es ist der erste Whiskey, den ich je gestohlen habe. Ist es da nicht wundervoll, daß er dann auch gut ist? Ich hätte nicht gedacht, daß etwas gut sein kann, was von diesen Leuten kommt.»
«Ich muß dauernd über sie nachdenken; laß uns nicht auch noch von ihnen reden», sagte Nick.
«In Ordnung. Was machen wir heute?»
«Wozu hättest du Lust?»
«In Mr. Johns Laden zu gehen und alles zu kaufen, was wir brauchen.»
«Das geht aber nicht.»
«Ich weiß. Was hast du denn nun wirklich vor?»
«Beeren sammeln. Und ich sollte ein Rebhuhn schießen, oder zwei. Forellen können wir immer haben. Ich möchte aber nicht, daß du dich daran überißt.»
«Hast du dich je an Forellen übergessen?»
«Nein. Aber es heißt, manche Leute kriegen sie über.»
«Also, ich bestimmt nicht», sagte Littless. «Hecht, ja – den kann man schnell überkriegen; aber Forelle nie. Flußbarsch auch nicht. Glaub mir, Nickie, ich weiß es.»
«Starrauge kriegst du auch nicht über», sagte Nick. «Bloß Löffelstör – Mann, den hast du vielleicht bald dick!»
«Ich hab was gegen die gespaltenen Gräten», sagte seine Schwester. «Das ist ein Fisch, der dich anekelt.»
«Paß mal auf: Wir machen hier jetzt ein bißchen Ordnung, und ich such mir eine Stelle, wo ich meine Patronen verstecken kann. Dann machen wir einen Ausflug nach da, wo es Beeren gibt, und ich versuche, ein paar Vögel zu erwischen.»
«Ich hol schon mal zwei
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