Nick aus der Flasche
reanimieren.«
Hatte Nick sie gestern noch so viel fragen wollen, fiel ihm jetzt nichts mehr ein. Er konnte sie nur anblicken. Sie wirkte so echt, gar nicht durchscheinend, als ob tatsächlich seine Emma vor ihm stünde. Wie er sie vermisste …
»Bleibst du nun als Geist hier?« Sein Herz überschlug sich. Vielleicht konnten sie wieder zusammen sein, immerhin war er auch eine Art Geist.
Traurig schüttelte sie den Kopf. »Bill wartet auf der anderen Seite. Ich wollte mich nur von dir verabschieden.«
Bill, ihr Ehemann. Nick fühlte tatsächlich Eifersucht.
»Du fehlst mir so«, flüsterte er. Immer noch fiel ihm das Sprechen schwer. Er versuchte, ihre Hand zu ergreifen, aber er fasste durch sie hindurch. Zum Glück spürte er nicht diese Eiseskälte wie bei Solomon.
»Es gab kaum einen Tag, an dem ich nicht an dich gedacht habe.« Emma streckte ihren Arm aus, um ihm über das Gesicht zu fahren. Auch dort prickelte die Haut. »Jetzt bin ich wirklich froh, dass ich gestern noch Mr. Grover ins Krankenhaus bestellt habe.«
»Wer ist Mr. Grover?«
»Ein Notar, der mein Testament verwaltet. Ich habe es gestern ändern lassen, damit du alles erbst. Bitte setz dich mit dem Mann in Verbindung.«
Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Emma wollte ihm alles vermachen? »Das kann ich nicht annehmen.«
Sie lächelte. »Ich habe keine Kinder, Nick. Und engere Verwandte gibt es auch nicht. Falls ich dich gestern nicht gesehen hätte, wären mein Haus und all meine Sachen an die Wohlfahrt gegangen. Ich möchte aber, dass du es bekommst.«
»Danke«, hauchte er, immer noch gefangen von ihrem Anblick.
Plötzlich erschien hinter ihr eine glühende Kugel, die langsam größer wurde.
»Was ist das?«, flüsterte Julie und drückte seine Hand fester.
Emma wandte sich ihr zu. »Keine Angst, Liebes, das bedeutet nur, es ist Zeit für mich zu gehen.«
»Bitte, bleib.« Nick bekam kaum Luft. Er wollte nicht, dass sie ging.
Die leuchtende Kugel wurde so groß, bis er einen Tunnel erkannte, der sich wie eine Spirale drehte. Und dort, am weit entfernten Ende, stand ein junger Mann, umgeben von grellem Licht. Bill wartete bereits auf sie.
Nick beneidete ihn. Er würde wohl nie zu Emma ins Jenseits kommen.
»Wir werden uns eines Tages wiedersehen, aber jetzt heißt es Abschied nehmen«, sagte sie sanft, als hätte sie seine Gedanken gehört. Sie beugte sich zu ihm, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu hauchen, der sich wie ein Sommerwind anfühlte, dann drehte sie sich um und schwebte auf den Tunnel zu.
Nick wollte ihr hinterher und machte einen Schritt nach vorne, doch Julie hielt ihn fest.
Als Emma vom Strudel erfasst wurde und ihre Gestalt immer kleiner und durchscheinender wurde, drehte sie sich noch einmal zu ihnen um und sagte: »Passt gut auf euch auf.« Dann fiel die Kugel in sich zusammen, und Emma war verschwunden.
Weg. Einfach fort.
Nick starrte auf die Stelle, an der alles verschwamm. Tränen brannten wie Säure in seinen Augen, sein Herz fühlte sich wie ein Betonklumpen an und pumpte schwerfällig das Blut durch seine Adern.
Als hinter ihnen plötzlich die Tür aufging, wirbelten sie erschrocken herum. Nick wünschte, es wäre Emma und ihr Verschwinden nur ein böser Traum, doch es war eine Krankenschwester, dieselbe, die Emma versorgt hatte. Hastig wischte er sich mit dem Unterarm über die Lider.
»Ich hatte gehofft, dass Sie hier sind.« Die Schwester überreichte ihm eine Tüte und sprach ihr Beileid aus. »Mrs. Warren starb an einer Lungenembolie. Wir haben alles versucht, konnten aber nichts mehr für sie tun.«
Matt nickte er und starrte auf den Beutel.
»Darin sind Mrs. Warrens persönliche Sachen.«
Nick musste ziemlich fertig aussehen, da sie fragte: »Kann ich noch etwas für Sie tun? Brauchen Sie seelischen Beistand?«
»Geht schon«, antwortete er und wünschte, sie würde ihn endlich allein lassen.
Zum Glück verließ sie kurz darauf das Zimmer.
Neugierig schauten er und Julie in die Tüte. Darin lagen Emmas Haustürschlüssel, ein Geldbeutel und das goldene Medaillon, in dem sich auch ein Foto von ihm befand. Nick holte es heraus und schloss es in der Faust ein, während ihm weiterhin Tränen über das Gesicht liefen. Es war ihm peinlich, dass Julie ihn so sah, daher wandte er sich von ihr ab und lief aus dem Zimmer. Er wollte auch nicht auf den Fahrstuhl warten, sondern nahm die Treppen.
»Nick, warte!« Sie rannte ihm hinterher, doch er blieb erst stehen, als er völlig außer Atem
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