Nick aus der Flasche
einschlafen. Was Nick wohl machte? Ob er schlief oder fleißig dabei war, das Haus umzudekorieren? Das würde bestimmt nicht so einfach sein wie mit ihrer Puppenvilla.
Normalerweise hörte sie gerne Musik zum Einschlafen, doch das Album, das sie für Nick gekauft hatte, war noch auf ihrem Player. Das erinnerte sie auch wieder nur an ihn. Sie hatte ein Lied gehört und den iPod abgeschaltet.
Seufzend drehte sie sich im Bett, um einen Blick auf das rosa Haus zu erhaschen, das im düsteren Zimmer grau aussah. Da Julie die Jalousie nicht zugezogen hatte, erhellte das matte Licht einer Straßenlaterne schemenhaft den Raum. Sie stellte sich vor, Nick wäre jetzt darin. Sie fände es witzig, wenn sie ihn in ihrem Puppenhaus mal besuchen könnte.
Ihre Lider wurden schwer, während sie sich vorstellte, mit Nick in der Puppenküche zu sitzen, einen Riesenmuffin zu essen und vielleicht noch Barbie und Ken einzuladen. Ob Nick sie lebendig machen könnte? Julie grinste. Das wäre unheimlich.
Als sie plötzlich ein leises »Tipp, Tipp« hörte, war sie mit einem Schlag hellwach. Kratzte Lanzelot an der Türe? Nein, das hörte sich anders an, außerdem machte er das nicht mehr, seitdem Mom ihn mit der Sprühflasche nassgespritzt hatte.
Julie drehte sich um und erschrak, denn ein kleiner Schatten bewegte sich am Fenster. Von dort kam auch das Geräusch. Pickte dort ein Vogel herum? Um diese Zeit? Oder war das … »Nick?«
Ohne Licht zu machen sprang sie auf und lief zu ihrem Schreibtisch, der sich vor dem Fenster befand. Tatsächlich, Mini-Nick stand außen auf der Fensterbank und klopfte gegen das Glas!
Julie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er war hier! Über die Platte gebeugt öffnete sie das Fenster, und Nick steckte den Kopf herein.
»Darf ich reinkommen?«
»Natürlich«, erwiderte sie.
Er spazierte über den Tisch, löste sich an der Kante in Rauch auf und schwebte auf den Boden, wo er sich groß machte. In der Düsternis des Raumes erkannte sie, dass er noch seine Tageskleidung trug.
»Was ist passiert?«, fragte sie. Ihr Herz klopfte bis in den Hals.
»Ach, ich konnte nicht schlafen.«
»Ich auch nicht.« Julie atmete auf. »Heute ist einfach zu viel passiert.«
»Hm.« Er schaute auf das Puppenbett auf ihrem Nachttisch, neben dem auch die Flasche stand, und kratzte sich an der Schläfe. »Kann ich vielleicht bei dir bleiben? Connor muss ja nichts erfahren.«
Julie grinste. Schön, dass er nicht so perfekt war, wie ihre Eltern dachten. »Klar.«
»Darf ich das normale Badezimmer benutzen?«, fragte er und schielte auf das Puppenhaus.
»Solange du den Hahn nicht voll aufdrehst, denn das könnten Mom und Dad hören und ich bekomme morgen eine Moralpredigt wegen Rücksichtslosigkeit.« Das Wasser rauschte laut in den Rohren und Julie wollte keine schlafenden Hunde wecken.
»Danke.« Er schnappte sich die Jogginghose und ein frisches T-Shirt, das sie unter ihrem Bett in einer Box versteckt hatte, und ging ins Badezimmer. Licht flammte unter der Schwelle auf, und Julie wartete geduldig im Bett. Jetzt, wo er da war, fühlte sie sich gleich besser. Schon seltsam, wie schnell man sich an jemanden gewöhnen konnte.
Gefühlte fünf Minuten später erlosch das Licht und Nick huschte ins Zimmer. »Schläfst du schon?«, fragte er leise.
»Bin hellwach.«
Seufzend setzte er sich zu ihr an die Bettkante. »Ich hatte in Emmas Haus viel Zeit, um über alles nachzudenken.«
»Was genau meinst du?« Julie richtete sich auf, damit sie sich neben ihn hocken konnte.
»Über mein Leben als Dschinn, über …« Er drehte den Kopf und sah sie an. »… uns.«
Julie schluckte, als er ihre Hand nahm. Was kam nun? Wollte er sie verlassen? Er machte so einen ernsten Eindruck, das erkannte sie selbst in der Düsternis des Zimmers.
»Erst habe ich gedacht, ich kann nicht schlafen, weil die Flasche mich zurückruft«, fuhr er fort, wobei er mit dem Daumen über ihren Handrücken strich. »Ich hatte so einen inneren Drang, unbedingt herkommen zu müssen. Doch als ich hier war und dich sah, wusste ich, dass nicht die Flasche mich gerufen hatte.«
»Nicht?« Ihr Atem stockte, und sie konnte Nick einfach nur anstarren.
Er senkte den Blick und sagte leise: »Ich bin deinetwegen gekommen. Ich habe dich vermisst.«
Erleichtert atmete sie auf. »Ich habe dich auch vermisst. Und wie.« Sie legte die Arme um ihn und drückte ihn fest an sich. Dabei schmiegte sie ihr Gesicht in seine Halsbeuge. »Wir sind schon ein seltsames
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