Nick Perfect – Bruder per Post
Nicht nur, falls sie Kopfläuse hatte. Ich glaube, Annie könnte echt giftig sein. Eine Schlange mit Lippen!
» Bonjour Annie«, sagte Nick. » Comment allez-vous?«
Annie kicherte und sah mich an. » Was hat er gesagt?«
Ich verdrehte die Augen. » Er will wissen, wie’s dir geht.«
» Mir geht’s super!«, sagte sie. » Ich freu mich ja, dass überhaupt jemand fragt, wie es mir geht.« Sie warf mir einen Warum-kannst-du-nicht-so-sein-wie-Nick- Blick zu. Ich lächelte nur.
Dann erkundigte sich Annie bei Nick, warum er nicht schon letzte Woche zur Schule gegangen sei und sie ihn noch nicht draußen beim Spielen gesehen hatte.
Nick blinzelte ein paarmal. » Leider brauchte ich mehrere Reparaturen und Upgrades, um gesellschaftsfähig zu sein und mit Menschen in Interaktion treten zu können.«
Annie starrte ihn verwirrt an.
» So spricht man in Frankreich«, sagte ich schnell. » Er hat gemeint, er musste zum Arzt und sich gegen mehrere Sachen impfen lassen.« Aus irgendeinem Grund hatte ich nie ein schlechtes Gewissen, wenn ich Annie Banani anlog. Eigentlich machte es mir sogar richtig Spaß.
Annie glitt so nah an Nick heran, dass sich ihre Arme berührten. Sie flirtete mit einem Roboter und wusste es nicht mal!
» Bist du schon aufgeregt wegen der Schule?«, fragte sie Nick. » Hoffentlich kommst du in unsere Klasse!«
Ich weiß, es klingt verrückt, aber ich war sicher, dass Nick bleich wurde. » Oui, aufgeregt«, sagte er. » Ich hoffe nur, dass das Lüftungsmoster mich nicht gleich am ersten Tag zerlegt und mich die älteren Jungs nicht in die Asphaltgruben schubsen. Das wäre très tragique .«
Annie kniff die Augen zusammen und sah mich böse an. » Was hast du denn Nick über die Schule erzählt?«
» Hey, ich will meinen kleinen Bruder doch nur beschützen!«, sagte ich und konnte mir das Lachen kaum verbeißen.
•••
Im Bus ergatterten Nick und ich zwei Plätze in der Mitte. Leider saß Annie direkt hinter uns und nervte Nick mit Fragen.
» Und, wie war so das Leben in Frankreich?«, wollte sie wissen. » Hattest du eine Familie oder warst du im Waisenhaus? Was macht euch in Frankreich denn Spaß? Hattest du viele Freunde? Warst du in deiner Schule sehr beliebt, mittel beliebt oder unbeliebt?«
Nick wandte sich leicht nach Annie Banani um. » Das Leben in Frankreich war sehr anregend. Danke der Nachfrage, Miss Annie.«
Genau. Pa hatte Nick nämlich eingeschärft, nichts Konkretes über sein früheres Leben in Frankreich zu erzählen, falls Mitschüler oder Lehrer ihn danach fragten. Man sah Annie an, wie unzufrieden sie war. Sie runzelte die Stirn und sagte: » Das ist doch keine Antwort, Nick!« Sekunden später bohrte sie weiter: » Wieso werde ich das Gefühl nicht los, dass du irgendein großes Geheimnis hast?«
Uh-oh. Jetzt musste mir schnell was einfallen, sonst ließ Annie nicht mehr locker, und wer weiß, was Nick dann ausversehen verriet.
Ich drehte mich ganz ruhig um und erklärte Annie, dass Nick in Frankreich ein schweres Leben gehabt habe und dass es ihn innerlich immer furchtbar aufwühle, wenn er darüber sprechen müsse. Sie schien es zu schlucken und lehnte sich mit besorgter Miene zurück. Wieder mal hatte ich Annie erfolgreich angelogen, aber aus irgendeinem Grund ging es mir diesmal nicht so gut dabei. Hoffentlich war alles in Ordnung mit mir.
Im weiteren Verlauf der Fahrt merkte ich, wie mehrere Kids aus meiner Schule Nick anstarrten und sich flüsternd über den Neuen unterhielten. Bis jetzt hatte ihn noch niemand beschuldigt, ein Roboter zu sein.
Auch Norbert merkte, dass er Aufsehen erregte. Er stand auf und sagte: » Bonjour, liebe Mitschüler. Mein Name ist Nick Rambeau, und ich bin Bens adoptierter Bruder aus Frankreich. Es freut mich, euch mitteilen zu dürfen, dass ich heute mit der Mittelstufe beginnen werde.«
Die Kinder starrten ihn verblüfft an. So redeten Zwölfjährige normalerweise nicht. Nicht mal, wenn sie aus Frankreich kamen.
Der Fahrer, ein Hüne mit buschigen Augenbrauen, blickte in den Rückspiegel und rief: » Hey, Junge! Hinsetzen, wenn der Bus fährt!«
Nick warf mir einen Blick zu. Ich deutete auf den Fahrer und fuhr mir mit dem Finger über die Kehle. » Setz dich«, flüsterte ich, » sonst wirft er dich trotz Verkehr aus dem Bus!«
Mein Bruder duckte sich so tief in seinen Sitz, dass er fast den Boden berührte. Nick konnte vielleicht keinen Schmerz empfinden, aber manchmal schien er vor Furcht zu zittern. Cool! Das konnte noch
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