Nick Perfect – Bruder per Post
lustig werden!
Annie gab mir einen Klaps auf den Hinterkopf. » Sei gefälligst nett zu Nick!«, sagte sie.
Autsch. Für ein Mädchen schlägt die ganz schön zu. Bekommt man ja fast Respekt.
22.
Nick und ich schauten im Sekretariat vorbei, wo man uns die Zahlenkombination für sein Schließfach gab und einen Zettel von Rektor Jackson, auf dem er Nick unseren Lehrern vorstellte. Pa hat Rektor Jackson überredet, uns beiden den gleichen Kursen zuzuteilen, damit Nicks erste Tage an einer amerikanischen Schule weniger traumatisch verlaufen würden. Unter uns, ich hätte nichts dagegen gehabt, mich mal zwischendurch von Nick erholen zu können– er kann ziemlich anstrengend sein. Aber mich fragt ja niemand.
Die meisten Schließfächer waren in der Eingangshalle. Als Nick sie sah, ging ein Leuchten über sein Gesicht.
» Kisten!«, rief er und betrachtete die lange Reihe von Schließfächern. » Hunderte vertikaler Kisten, ordentlich nebeneinandergereiht!«
Ich kapierte ja, wie dieses Missverständnis zustandekam, aber… » Das sind Schließfächer, keine Kisten«, flüsterte ich und sah mich um. Hoffentlich hatte ihn niemand gehört.
» Und eins davon gehört mir?«, fragte der Roboter und hüpfte auf Zehenspitzen herum. Ich rechnete jeden Moment damit, dass ihm bunte Feuerwerksraketen aus den Ohren schießen würden.
Wir fanden Nicks Schließfach, Nr. 207, acht Fächer nach meinem. Kaum hatte ich ihm gezeigt, wie die Kombination funktionierte, schlüpfte er in sein Schließfach und zog die Tür hinter sich zu.
» Très merveilleux«, drang seine Stimme durch die oben angebrachten Lüftungsschlitze. » Ich passe perfekt hinein. Tschüss, Benjamin. Viel Spaß beim Lernen!«
» Äh, Nick?«, sagte ich und beugte mich näher zum Schließfach. » Man soll in diese Dinger nicht reinkriechen. Und außerdem müssen wir zur Klassenleiterstunde. Sofort.«
In diesem Moment läutete die Klingel. Es war höchste Zeit. Ich rannte ins Klassenzimmer und nahm mir vor, mich nach der ersten Stunde um Nick zu kümmern.
Nach der ersten Stunde:
Ich: » Hey, Nick. Kommst du jetzt aus dem Schließfach raus?«
Nick: » Nein danke, Ben. Tschüss!«
Nach Englisch:
Ich: » Komm jetzt raus, Nick. Dann können wir zusammen in die nächste Stunde.«
Nick: » Sorry, Benjamin, aber ich war noch nie so glücklich!«
Na, wenn du meinst!
Nach Geschichte:
Ich: » Kommst du jetzt raus, Bruder?«
Nick: » Alouette, gentille Alouette, Alouette je te plumerai.«
Okay, okay!
Nach dem Computerunterricht:
Ich: » Würdest du jetzt–«
Nick: » Tschüss, Ben!«
Nach dem Mittagessen bat ich meinen Freund Dennis um Hilfe. Dennis heißt eigentlich Dylan, aber alle nennen ihn Dennis, weil er aussieht wie dieser Typ bei den Yankees. Aber ich glaube kaum, dass Dennis jemals Profisportler wird. Er hasst Sport noch mehr als ich.
Ich: » Hey, Nick. Komm mal raus aus deinem Schließfach, damit du meinen Freund Dennis kennenlernst!«
Nick: » Bonjour, Dennis. Schön, dich kennenzulernen.«
Dennis: » Dich auch, Nick. Aber warum sitzt du im Schließfach?«
Nick: » Tout le monde doit être quelque part.«
Dennis: » Hä? Was hat er gesagt?«
Nick: » Jeder muss irgendwo sein. Warum also nicht hier?«
Dennis zuckte die Achseln. Ich zuckte die Achseln. Und dann schlurften wir in die nächste Stunde.
» Dein Bruder aus Frankreich hat ’ne Macke«, sagte Dennis.
» Wem sagst du das…«
» Na, dir! «
Seufz. Hab ich schon erwähnt, dass Dennis manchmal echt beschränkt ist?
Nach der Mathestunde bat ich Annie um Hilfe. Ihr seht, die Lage war wirklich verzweifelt.
» Warum ist er in seinem Schließfach?«, fragte sie unterwegs. » Hast du ihn da reingesperrt, Ben?«
» Nicht mein Stil«, sagte ich und zermarterte mein Hirn nach einer guten Erklärung. Ah… da war sie schon! » Hast du schon mal was von Klaustrophobie gehört, wenn Leute Angst haben, in engen Räumen eingeschlossen zu sein? Tja, der arme Nick ist ein schwerer Fall von umgekehrter Klaustrophobie. Das ist in Frankreich eine weitverbreitete Krankheit.« Wer verleiht mir einen Superhirn-Orden?
» Er hat also Angst vor nicht geschlossenen Räumen?«, fragte Annie skeptisch. Ich nickte und tat, als sei ich superbesorgt um Nick.
Als wir die Schließfächer erreichten…
Annie: » Hi, Nick! Komm mal raus, damit ich dich ganz doll umarmen kann!«
Nick: » Bonjour, Miss Annie. Für Umarmungen ist noch genug Zeit. Wie wär’s Anfang nächster Woche?«
Annie: » Und einen
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