Nick Perfect – Bruder per Post
ließ. » Er hat eine schwere Wasserallergie«, erklärte ich.
» Nie gehört«, meinte Mr Watts, » aber wahrscheinlich gibt es so was in Frankreich. Klar, wenn Nick nicht duschen will, völlig okay.«
Super. Aber ich hatte den Verdacht, wenn es um mich gegangen wäre, hätte Mr Watts so was gesagt wie: » Was bist du denn für eine Zimperliese! Ab in die Dusche mit dir, Rambeau!«
Total unfair.
In der Aufgabenstunde… In der Aufgabenstunde passierte eigentlich nichts Abartiges.
In Bio übergab Mr Chambers meinem Bruder Nick– » unser Genie, hab ich gehört«– die Unterrichtsleitung! Mr Chambers hatte ja schon immer eine ruhige Kugel geschoben, aber das war nun doch die Höhe– oder sollte man eher sagen, der Tief punkt?
Nick stand vor der Klasse, öffnete das Buch, das Mr Chamber ihm gab, und hielt uns einen fast vierzigminütigen Vortrag über die Wunder der Chromosomen und der DNA . Bis auf ein paar hochgestochene Wörter, die ich nicht kannte, war es irgendwie interessant. Schon komisch, dass so winzige Dinger wie Chromosomen darüber entscheiden können, wer man ist. Und wahrscheinlich gilt für Nick das Gleiche, nur dass ihn der Programmierungscode zu dem macht, was er ist, statt des anderen, des richtigen Codes.
Endlich war die Schule aus, und Nick und ich liefen zu unseren Schließfächern, um unsere Bücher zu verstauen und die Jacken zu holen.
Ich dachte: Okay, Nick hatte heute seinen großen Tag und hat tolle Sachen gemacht, aber in ein bis zwei Tagen werden die Kids das langweilig finden und ihn ganz normal behandeln, wie einen superintelligenten Streber.
Aber als wir dann die Schließfächer erreichten, fingen ein paar Kids an zu rufen: » Nick… Nick… Nick…!« Andere fielen ein, und bald skandierten an die hundert Schüler den Namen meines Bruders.
» Merci, liebe Mitschüler«, bedankte sich Nick lächelnd und winkend. » Ihr seid so überaus freundlich zu mir. Dank dieser überschwänglichen Freundlichkeit habe ich sogar beinahe das schreckliche Lüftungsmonster vergessen!« Einige schauten verblüfft, aber dann legte Nick aus dem Stand einen Backflip hin und alle jubelten und johlten.
Wenn ich aus dem Stand einen Backflip versuchen würde, würde ich mir den Hals brechen. Seufz.
28.
Statt des Busses nach Hause nahmen Nick und ich den zum Community Help Center, wo meine Ma arbeitet. Einmal pro Woche helfe ich dort, die Kinder zu betreuen, die nach der Schule hierherkommen. Es gibt eine Turnhalle, in der immer irgendein Match stattfindet– Basketball, Volleyball oder Kickball. Manchmal teile ich die kleineren Kinder in Teams auf und tue so, als sei ich ihr Trainer. Ziemlich cool.
Oh. Ma hatte Nick zwar nicht eingeladen mitzukommen, aber ich hätte es fies gefunden, ihn nach Hause zu schicken, während ich hier Spaß hatte. Also schleppte ich Nick mit, in der Hoffnung, dass es dieses eine Mal schon okay wäre.
Wir gingen in Mas Büro. Sie saß hinter ihrem Schreibtisch und sagte bei unserem Anblick: » Oh, du hast es mitgebracht.« Dann klopfte sie ewig lang mit ihrem Füller auf einen Papierstapel, der vor ihr lag. Tap tap tap tap tap tap tap. Nick sah mich an. Ich sah Nick an. Tap tap tap tap tap tap tap. Und zu unserer Überraschung sagte Ma schließlich: » Ich denke, das ist okay. Du musst nur dafür sorgen, dass er keinen Ärger macht.« Und mit einem Wink scheuchte sie uns aus dem Zimmer, damit sie mit ihrem Papierkram weitermachen konnte.
Ich war total erleichtert, dass sie mich wegen Nick nicht angeschrien hatte. Doch er wirkte gekränkt. Und mir fiel nichts ein, was ich sagen oder tun konnte, um ihn aufzuheitern.
Es fand gerade ein Basketballmatch statt, mit allen Jungs, überwiegend Fünft- und Sechstklässlern, und damit es nicht so aussah, als hätte ich keine Lust, machte ich mit. Nick saß auf der Zuschauertribüne, um die routinemäßige Wartung seiner Systeme durchzuführen.
Ich war beim Nackig-Team. Ich finde es immer komisch, in der Öffentlichkeit mein T-Shirt auszuziehen und meinen mageren Brustkorb zu zeigen. Die werden mich eines Tages gar nicht mehr mitspielen lassen! Na ja, kurz nachdem ich ins Spiel gegangen war, wurde sowieso abgebrochen, weil ein Kind den Ball auf die Nase bekam und aussah, als würde es gleich weinen. Nasentreffer sind die schlimmsten. Während ich wartete, schaute ich zur Tribüne rüber, was Nick machte. Er unterhielt sich mit einem Mädchen. Natürlich unterhielt er sich mit einem Mädchen. Er unterhielt sich immer mit
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