Nick Perfect – Bruder per Post
begann sich mit dem linken Fuß vom Beton abzustoßen. Gut, aber er war viel zu schnell.
» Langsam!«, warnte ich, aber zu spät– Nick schoss die Rampe hinauf. Ich kniff ein Auge zu– weil ich die Katastrophe kommen sah, als Nick und sein Skateboard von der Rampe flogen, vielleicht fünfMeter in die Luft, und sich Nick duckte und das Board packte, das Skateboard nach rechts riss– o neeeeeiiiiiiin!!!– und nach korrekter Landung ganz ruhig die Rampe runterglitt und vor meinen Füßen zum Stehen kam.
Perfekt, aber irgendwie auch wichtigtuerisch. Zumindest hieß das, dass Nick teilweise wieder normal war. Er gab wieder an.
» Wie war ich, Ben?«, fragte er etwas zu selbstgefällig. » Akzeptabel?«
» Nicht schlecht fürs erste Mal«, sagte ich und setzte ein Lächeln auf. Aber ehrlich gesagt fühlte ich mich nicht besonders glücklich. Gerade noch hatte ich Nick in Einzelteilen vor mir gesehen und hätte alles getan, ihn wieder zusammenzusetzen, aber mein guter Wille verdampfte sofort. Ich hatte so gehofft, dass ich wenigstens auf einem Gebiet besser wäre als Nick, zum Beispiel beim Skateboardfahren. Nur auf einem einzigen Gebiet! Das hätte mir schon genügt.
» Danke«, sagte der Roboter schlicht. » Im Grunde habe ich einfach nur die Schwerkraft und den Luftwiderstand kompensiert und Flugbahn und Vorwärtsbewegung entsprechend angepasst. Aber ich gebe zu, ich habe das Gefühl genossen, in der Luft zu schweben und– wenn auch nur kurz– der Herrschaft der Schwerkraft entronnen zu sein.«
Geschenkt!
Gerade als ich auf mein Skateboard sprang und ein paar Tricks ausprobierte, kam Annie Banani auf uns zugaloppiert– sie trug pinkfarbene Knie- und Ellbogenschützer und einen Helm. Auf ihrem Skateboard war ein Bild: eine Prinzessin aus einem Disney-Trickfilm. Wer hätte das gedacht…
» Nick! Ben!«, rief sie und winkte wie bescheuert. » Euer Pa hat mir gesagt, dass ihr hier seid!«
Danke, Pa.
» Ah, hey, Banani«, sagte ich knapp.
Annie ging näher auf Nick zu. » Wie geht’s dir?«, fragte sie. » Alles wieder gut?«
Der Roboter zwinkerte ein paarmal. » Excusez-moi petite fille, mais je ne crois pas que je vous connais.«
» Was hat er gesagt?«, fragte mich Annie.
» Bitte übersetz mal, was du gerade gesagt hast.«
Der Roboter schien einen Moment zu erstarren, dann erklärte er: » Ich sagte: Kleine, ich bitte um Entschuldigung, aber ich glaube, wir kennen uns nicht .«
Annie blieb der Mund offen stehen. Kein schöner Anblick, echt nicht!
» Aber natürlich kennst du mich«, rief sie. » Ich bin Annie! Wir haben uns schon tausendmal gesehen! Wir waren praktisch schon ein Paar, bis Ben dir dann irgendwelche Lügen über mich aufgetischt hat.« Sie fauchte wütend in meine Richtung.
» Daten werden verarbeitet… Daten werden verarbeitet…«, sagte Nick. » Nein, ich verfüge über keine Annie-Dateien, die dich betreffen. Annie, das bekannte Musical über die Abenteuer eines Waisenmädchens und seines Straßenköters, ja. Annie Hall, ein Film des bewundernswert komischen Woody Allen, ja. Annie du, nein. Ich bitte um Verzeihung.«
Annies klappte wieder die Kinnlade runter. Bitte nicht noch mal!
» Nick hat sich von dem Virus noch nicht ganz erholt«, erklärte ich ihr. » Er ist immer noch ein bisschen… benebelt.«
» Entschuldige bitte, Ben«, sagte Nick. » aber ich glaube, Papa hat es als Wurm bezeichnet, nicht als Virus, eine beunruhigende Variante des Doomsday-Sandwich-Wurms, der leider Zerstörungen in vielen meiner–«
» Nick?«, unterbrach ich ihn. » Ich glaube nicht, dass Annie diese ekligen Details erfahren muss.«
Annie verzog das Gesicht. » Nick hatte Würmer! Krass! Da verzichte ich echt auf die Details.« Sie zuckte die Achseln, stellte sich auf ihr Skateboard und rollte über den Beton eine der Rampen rauf. Annie ist eine ziemlich gute Skaterin. Das ist das einzig Coole an ihr.
Während sie die Rampe wieder runterkam, hielt plötzlich mit quietschenden Bremsen ein silberner Wagen– ein Audi, glaube ich– an der Bordsteinkante am Eingang des Skateparks und zwei Männer mit langen Bärten, schwarzen Mänteln und Hüten stiegen aus. Erst dachte ich, es seien orthodoxe Juden, aber dann fand ich, sie wirkten doch eher wie Amische. Da wir in New York leben, hab ich schon fast alle Arten von Menschen erlebt und in fast allen Situationen. Eine hispanische Dame, die drei Katzen in einem Kinderwagen spazieren fährt? Hab ich gesehen! Ein Typ, der in seine Hand spricht,
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