Nick Perfect – Bruder per Post
zog es ab und betrachtete es prüfend, dann durfte ich es auch anschauen.
» Keine Ahnung, warum mir das entgangen ist– na ja, die Farbe hat erstaunliche Ähnlichkeit mit Nicks Hautfarbe–, jedenfalls haben die ein Pflaster benutzt, um die Nanobots einzuschleusen– ich fasse es nicht!«, sagte er. » So was kann doch nur die CIA ! Ich dachte, wir seien noch Jahre von dieser Art Mikro-Technologie entfernt. Unglaublich!«
Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte. Nanobots. Hautpflaster. Computerwürmer. Ein bisschen zu viel auf einmal.
» Du hast dir nicht zufällig das Kennzeichen gemerkt?«, fragte Pa. » Ich meine, vom Wagen dieser– mir fällt kein besseres Wort ein– Spione?«
Ich schüttelte den Kopf.
Er runzelte die Stirn. » Wenn du den Wagen noch mal siehst, versuch dir die Nummer zu merken«, sagte er. » Fürs Erste, bis wir wissen, was los ist, ändere ich meine Arbeitszeiten, damit ich dich und Nick morgens zur Schule fahren und später wieder abholen kann.« Seine Stimme wurde sehr ernst. » Wenn ihre Mission darin bestand, die Prototypen zu zerstören, dann wissen sie inzwischen natürlich… Na ja, lass uns alles tun, damit Nick und Jean-Pierre jr. in Sicherheit sind.«
Bisher hatte ich nur so etwas Angst gehabt, aber jetzt schlug sie voll zu. Aber ich versuchte nicht auszuflippen.
Pa sagte, er müsse nun unter vier Augen mit Jean-Pierre sprechen. Ich warf einen Blick auf den schlafenden Nick und überlegte, ob Roboter träumen, wenn sie im Schlafmodus sind. Dann wollte ich gehen.
» Kumpel?«, sagte Pa. » Wir sagen deiner Mutter mal noch nichts von den beiden Männern, o. k.? Es könnte… Na ja, lass uns einfach den richtigen Zeitpunkt abwarten.«
Ich nickte, weil ich das für einen guten Plan hielt. Wenn Ma das Wort » Spione« hörte, schickte sie Nick mit dem nächsten Flugzeug nach Frankreich. Wenn sie natürlich irgendwann rausbekam, was hier ablief, wurde es für Pa und mich doppelt schlimm, weil wir es vor ihr geheim gehalten hatten. Aber so weit waren wir noch nicht.
Ich wollte gerade das Labor verlassen, als mir ein Gedanke kam. Aus dem Zimmer geschickt zu werden, wenn sich die Erwachsenen ernsthaft unterhalten wollten, war nichts Neues für mich, aber diesmal… Wenn Pa und Onkel Jean-Pierre über wichtige Dinge sprachen, die meinen Bruder betrafen, dann hatte ich ein Recht, mitzuhören. Also wandte ich mich an Pa, der gerade das Symbol für den Video-Chat anklickte.
» Äh, kann ich dableiben, nur dieses eine Mal?«, fragte ich. » Weil es ja um Nick geht, ich… Na ja, ich würde wirklich gerne zuhören.«
Pa sah mich lange an, dann nickte er. Rasch setzte ich mich neben ihn an den Computer. Wow! Voll erwachsen.
Als Onkel Jean-Pierre auf dem Monitor erschien, lächelte er mir zu. Ich lächelte zurück und versuchte dann, ernst und erwachsen auszusehen; aber aus irgendeinem Grund hätte ich fast losgekichert. Mann– was zum Teufel war bloß mit mir los? (Falls ihr jetzt sagt: » Ben, du bist völlig durchgeknallt«, habt ihr vielleicht sogar recht.)
» Tolle Neugkeiten«, sagte mein Pa zu seinem Bruder – mir zuliebe nicht auf Französisch. » Ich habe mit Bens Hilfe entdeckt, wie sie die Nanobots eingeschleust haben – durch ein Hautpflaster! Diesen Klebestreifen habe ich auf Nicks Schulter gefunden.« Er hielt den Klebestreifen in die Kamera. » Hast du mir nicht erzählt, dass Jean-Pierre jr. ein oder zwei Tage, bevor der Wurm übertragen wurde, eine Begegnung mit einem Fremden hatte?«
» Ja«, sagte mein Onkel nach kurzem Zögern, » mit einem Touristen, der nach dem Weg zum Eiffelturm fragte.«
» Untersuch Jean-Pierre jr. doch mal von Kopf bis Fuß– zweifellos wirst du ein ähnliches Pflaster finden«, sagte Pa. » Es scheint eine höchsteffiziente Methode zu sein. Und das heißt, dass die Personen, mit denen wir es hier zu tun haben, über exzellente Mittel und Methoden verfügen.«
Onkel Jean-Pierre rieb sich mit beiden Händen das Gesicht, als wolle er Falten ausbügeln. Mein Pa schwieg einen Moment, dann sagte er: » Du hast Véronique wohl nicht getroffen?«
» Nein«, erwiderte mein Onkel und rieb sich noch mal das Gesicht. » Als ich zu ihr gehen wollte, um sie wegen des Wurms zur Rede zu stellen, war die Wohnung total leer, ausgeräumt. Sie ist weg! Keine Nachsendeadresse, und keiner ihrer Nachbarn wusste, wo sie hingezogen ist.« Er sah so zerquält aus, dass ich ihn am liebsten ganz fest umarmt hätte. Aber Fern-Umarmungen müssen erst noch
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