Nick Perfect – Bruder per Post
versuchte ich jetzt auch.
43.
Alles beruhigte sich merkwürdig, gerade als ich einen riesigen Wirbel erwartet hatte.
Mein Pa erstattete Anzeige, und die Polizei stellte einen extra Mann für unseren Häuserblock ab– offenbar nimmt die New Yorker Polizei drohende Kindesentführungen sehr ernst–, aber trotzdem erwischten sie die Spione nicht. Aber, hey, schließlich hat diese Stadt acht Millionen Einwohner! Einer der Polizisten sagte zu Pa, selbst wenn sie die Kerle finden würden, hätte man vielleicht zu wenig gegen sie in der Hand. » Wenn wir jeden einsperren würden, der sich bizarr kleidet oder sich seltsam verhält«, sagte der Polizist, » dann säße halb New York im Gefängnis.«
Nick wohnte immer noch bei uns und ging wieder zur Schule. Und nach einem echt guten Gespräch hatte er das mit der Angeberei mittlerweile fast ganz aufgegeben. Im Grunde erklärte ich ihm, es sei völlig okay, ein guter Schüler zu sein– aber immer so superklug und supersportlich rüberzukommen, lasse uns andere ein bisschen doof und tollpatschig aussehen. » Also, könntest du in der Schule ein oder zwei Gänge runterschalten, Kumpel?«, bat ich.
» Oui, ich werde zwei Gänge runterschalten«, erwiderte er. » Werde mich eher durchschnittlich benehmen.«
Und so kam es, dass Nick sich im Sportunterricht mit seinen zehn Liegestützen ebenso abmühte wie wir anderen Schwächlinge.
Und als Mr Porter ihn in Mathe nach einer Gleichung fragte, nahm Nick einen Taschenrechner zu Hilfe, obwohl ich sicher war, dass er die Antwort wusste.
Im Computerkurs verzichtete Nick darauf, einen defekten Computer zu reparieren, und sagte, er sei kein ausgebildeter Techniker.
Und die Folge war, dass Nick von den anderen Kids, den Lehrern und von Rektor Jackson genauso so behandelt wurde wie jeder andere nicht besonders sportliche, nicht besonders schlaue Schüler. Das fand ich viel besser. Um ehrlich zu sein, es hatte total genervt, einen Bruder zu haben, der um Längen klüger und beliebter war als ich. Aber auch das hätte ich ertragen– wenn nur Nick bei uns bleiben durfte!
Und weil inzwischen alles besser lief und Nick mich anspornte– » Du hast exzellente Führungsqualitäten!«, meinte er komischerweise–, beschloss ich, etwas zu wagen und mich bei der Schülervertretung als Kandidat der sechsten Klasse zu bewerben. Ich sah einen Flyer rumliegen, in dem angekündigt wurde, dass man einen Ersatz für Jill Peppercorn sucht– Jill und ihre Familie sind nach Albany gezogen, keine Ahnung warum–, und da dachte ich: Wer wagt, gewinnt. Außerdem bewerben sich um so was wie die Schülervertretung meistens nur Idioten und Volltrottel, und verglichen mit Volltrotteln und Idioten steh ich noch ziemlich gut da. Und es gab sonst keine Kandidaten, was meine Erfolgschancen verdoppelte. Mein Programm? Wenn ich gewählt werde, verlange ich, dass wieder ein Sodagerät in die Schulmensa kommt. Letztes Jahr hat man das nämlich durch eine Saftmaschine ersetzt. Ich weiß, Saft ist gesünder als Soda, aber ich finde, Schüler von zwölfJahren oder älter sollten ihr Getränk selbst wählen dürfen. Wir sind keine Roboter, wir entscheiden gerne selbst. Ich wollte sagen, die meisten von uns sind keine Roboter.
Außerdem würde ich an der Schule gern einen jährlichen Tag des stinkenden Turnschuhs einführen, wo eine Jury aus Schülern und Lehrern mit großen Nasen darüber entscheidet, welcher Turnschuh am dollsten stinkt. Der Sieger würde einen Tag schulfrei kriegen und eine Trophäe in Form eines Turnschuhs. Na ja, Rektor Jackson würde den Tag des stinkenden Turnschuhs vermutlich abwürgen, bevor er zum ersten Mal stattfinden könnte. Einem den ganzen Spaß vermasseln, darin sind Erwachsene echt super.
Das Leben lief also wieder halbwegs normal, und mehr konnte ich ja nicht erwarten. Aber dann, eines Morgens, an einem Freitag… Einfach der Wahnsinn!
•••
Nachdem wir an diesem besagten Tag gefrühstückt und uns für die Schule fertig gemacht hatten, gingen Nick und ich ins Labor hinüber, um noch mit Pa abzuhängen. Wenn deine Eltern andauernd beschäftigt sind, musst du jede Gelegenheit ergreifen, ein bisschen Zeit mit ihnen zu verbringen.
Pa benotete gerade Arbeiten seiner Studenten. Nick flitzte an den Computer und startete einen Video Chat mit Jean-Pierre jr.
» Guten Morgen, Pa«, sagte ich, nachdem er erst mal laut gegähnt hatte.
» Morgen?«, fragte er benommen. » Ja, stimmt, es ist Morgen. Welch schöne Tageszeit.«
Äh…
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