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Nick Stone - 01 - Ferngesteuert

Nick Stone - 01 - Ferngesteuert

Titel: Nick Stone - 01 - Ferngesteuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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Sinn Féin in Dublin ihren Parteitag abhielt, brachte der französische Zoll am 31. Oktober vor der Bretagne den kleinen Frachter Eksund auf. An Bord befand sich ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk von Gaddhafi an die PIRA: Hunderte von AK-47-Sturmgewehren, tonnenweise Semtex-Plastiksprengstoff, mehrere Fla-Raketen und soviel Munition, daß es an ein Wunder grenzte, daß das Schiff überhaupt noch
    schwimmfähig war.
    Damit war die Demütigung der PIRA vollständig.
    Verständlicherweise dürsteten Gerry Adams und die PIRA nun nach Rache und wollten einen PR-Coup
    landen, der Leuten wie Gaddhafi und den Amerikanern irischer Abstammung, die für Noraid spendeten, ihre ungebrochene Kampfkraft demonstrieren sollte.
    Am 8. November detonierte ein am Kriegerdenkmal in Enniskillen im County Fermanagh angebrachter fünfzehn Kilo schwerer Sprengsatz mit Zeitzünder. Dieser
    Anschlag bei einer Gedenkfeier für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs forderte elf Tote und über sechzig Schwerverletzte. Die gesamte Welt äußerte
    augenblicklich Empörung über diese Greueltat. In Dublin standen Tausende von Menschen Schlange, um sich in ein Kondolenzbuch einzutragen. Sogar in Moskau, das 255
    sonst nicht für die Verurteilung vermeintlicher
    Freiheitskämpfer bekannt war, geißelte die
    Nachrichtenagentur TASS diese »barbarischen Morde«.
    Am schlimmsten für die PIRA war jedoch, daß selbst die Amerikaner irischer Abstammung offenbar endgültig genug hatten. Die PIRA hatte einen entscheidenden Fehler gemacht. Sie hatte geglaubt, der Bombenanschlag werde als Sieg in ihrem Kampf gegen eine
    Besatzungsmacht bejubelt werden, aber tatsächlich hatte er nur gezeigt, was diese Leute in Wirklichkeit waren.
    Mordanschläge auf »legitime« Ziele wie Richter,
    Polizeibeamte und Angehörige der Sicherheitskräfte mochten noch angehen – aber die Ermordung schuldloser Zivilisten bei einer Gedenkfeier für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs?
    Deshalb war mir der in Gibraltar geplante Anschlag so rätselhaft gewesen. Ich hatte erkannt, daß Gerry Adams
    & Co. verzweifelt bemüht waren, ihrer abnehmenden Zahl von Sympathisanten zu demonstrieren, daß sie weiterhin aktiv waren, aber wozu eine Wiederholung der durch Enniskillen ausgelösten internationalen Ächtung riskieren? Einem Bombenanschlag in Gibraltar wären bestimmt nicht nur britische Zivilisten zum Opfer gefallen. Auf den dortigen Straßen und Plätzen waren um diese Jahreszeit Tausende von ausländischen Touristen unterwegs – viele kamen von den Kreuzfahrtschiffen, die regelmäßig Gibraltar anlaufen. Und viele von ihnen waren Amerikaner, wie die PIRA genau wissen mußte.
    Die Hintergründe dieses wahnwitzigen Anschlags hatte ich nie begriffen.
    256
    Plötzlich wurde mir klar, daß wir diese Sache
    vielleicht aus der falschen Perspektive gesehen hatten.
    Die PIRA-Leute waren Terroristen, aber ihre
    Anwesenheit hier in Washington bewies, daß sie auch Geschäftsleute waren. In Gelddingen gab es keine
    weltanschaulichen Differenzen, nur Raffgier und
    gewöhnliches Konkurrenzdenken. Ich wußte, daß sie regelmäßig mit protestantischen Aktivisten
    zusammenkamen, um über Einnahmequellen wie
    Drogenhandel, Prostitution und Erpressung zu sprechen und sogar Demarkationslinien für Taxiunternehmen und Spielsalons in Ulster festzulegen. Sie verfügten über die Infrastruktur, die Kenntnisse und die Waffen, um im Bereich der organisierten Kriminalität eine Hauptrolle zu spielen. In Zusammenarbeit mit Terrororganisationen in aller Welt ergaben sich daraus vielfältige Möglichkeiten.
    Traf meine Vermutung zu, war das eine schlimme Sache.
    Unten auf dem Parkplatz nahm das Paar von vorhin
    mit einer letzten langen Umarmung voneinander
    Abschied. Auch das war vermutlich eine schlimme
    Sache. Nach einem Abschiedskuß fuhren die beiden wie erwartet mit zwei Autos davon.

    Da Pat erst gegen Mittag anrufen würde und ich noch gut drei Stunden warten mußte, bis ich die Kassette der Videokamera wechseln konnte, gab es nicht viel anderes zu tun, als sich im Fernsehen Invasoren vom Mars und redende Schuhe anzusehen, die in Mülltonnen lebten.
    Aber die Untätigkeit ging mir auf die Nerven. Ich mußte irgend etwas tun.
    257
    Ich rüttelte Kelly wach. Sie ächzte und zog sich die Bettdecke bis zum Kinn hoch. Ich sprach halblaut in ihr Ohr. »Ich gehe runter, um ein paar Sachen zu kaufen, okay?«
    »Ja«, antwortete sie fast unhörbar leise. Was ich tat, war ihr offenbar egal. Mir wurde langsam

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