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Nick Stone - 01 - Ferngesteuert

Nick Stone - 01 - Ferngesteuert

Titel: Nick Stone - 01 - Ferngesteuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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getroffen zu haben, weil er diesen harmlosen
    Zeitgenossen kräftig ausnehmen würde.
    »Verdammter Scheißkerl, du bist mir ’nen neuen
    Schlafsack schuldig! Sieh dir meine Klamotten an, du hast mich von oben bis unten vollgepißt! Dafür will ich
    ’ne anständige Entschädigung, Mann!«
    Diese Situation mußte ich ausnutzen. Ich trat ans Fenster und klopfte gegen die Scheibe. Falls im Gebäude ein Wachmann war, würde er jetzt kommen, um
    nachzusehen, was dieser Krach bedeutete. Ich würde einfach den Hush-Puppy-Mann spielen, der Schutz vor diesem Verrückten suchte.
    Ich hämmerte mit solcher Gewalt gegen die Scheibe, daß ich glaubte, sie würde zersplittern, und achtete zugleich darauf, der Überwachungskamera den Rücken zuzukehren. Das spornte den jungen Penner erst recht an, weil er glaubte, ich sei völlig verängstigt.
    Er kam jetzt die Stufen herauf. Ich blickte weiter durchs Fenster in das Gebäude hinein. In der
    Eingangshalle waren kein benutzter Aschenbecher, keine aufgeschlagene Zeitschrift und kein eingeschalteter Fernseher zu sehen; alle Sessel standen ordentlich um die niedrigen Glastische aufgereiht, der Stuhl der
    Empfangsdame war unter den Schreibtisch geschoben, und auch sonst wies nichts darauf hin, daß sich irgend 249
    jemand in diesem Gebäude aufhielt.
    »Motherfucker!« brüllte er heiser, als er mich fast erreicht hatte.
    Ich drehte mich um, schlug die Jacke zurück und legte meine Hand auf den Pistolengriff.
    Der Kerl blieb wie angenagelt stehen. »Ach, Scheiße!
    Verdammte Scheiße!« Er wich zurück und ging
    rückwärts die Stufen hinunter, ohne die Pistole eine Sekunde aus den Augen zu lassen. »Scheiß-Cops«,
    murmelte er dabei.
    Ich mußte mich beherrschen, um nicht zu lachen.
    Ich wartete darauf, daß er verschwinden würde.
    Eigentlich tat er mir leid. Ich überlegte mir, wie lange er wahrscheinlich gebraucht hatte, um diesen erstklassigen Schlafplatz zu finden – sicher, trocken und durch die Entlüftung der Klimaanlage angenehm beheizt. Und dann mußte irgendein Idiot vorbeikommen und ihm in den Schlafsack pinkeln.
    Für den Rückweg ins Hotel brauchte ich eine
    Viertelstunde. Als ich leise die Zimmertür öffnete, sah ich Kelly friedlich schlafen. Sie war im Kinderhimmel, denn sie hatte nichts aufräumen müssen, sondern war von Keksen und Süßigkeiten umgeben eingeschlafen.
    Ich zog mich aus, duschte, rasierte mich und steckte meine verdreckten Sachen in einen Wäschesack des
    Hotels. Die Reisetasche war jetzt voller schmutziger Kleidungsstücke, und ich hatte nur noch eine frische Garnitur. Ich zog mich wieder an, steckte die Pistole in meinen Hosenbund und stellte den Wecker auf halb
    sechs.
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    Als der Wecker klingelte, war ich ohnehin schon halb wach. Ich hatte mich fast die ganze Nacht schlaflos im Bett herumgewälzt und kam jetzt kaum aus dem Bett. So mußte Leuten zumute sein, die ihren normalen Job
    wirklich haßten.
    Ich raffte mich schließlich auf, trat ans Fenster und zog den Vorhang einen Spalt weit auf. Wir befanden uns etwa auf gleicher Höhe mit der Stadtautobahn und fast in ihrem Schatten. Aus der Dunkelheit kamen lautlos
    Scheinwerfer auf mich zu, während auf den
    Gegenfahrbahnen die Schlußleuchten wie langsame
    Leuchtspurgeschosse im Dunkel verschwanden. Es war noch zu früh.
    Ich zog den Vorhang zu, stellte die Heizung etwas zurück, brachte die Kaffeemaschine zum Gurgeln und ging ins Bad.
    Ich erschrak fast über mein Spiegelbild im
    Badezimmerspiegel. Ich sah wie eine Vogelscheuche aus und hatte tiefe Rillen im Gesicht, weil ich auf einigen Buntstiften gelegen hatte. Ich zog meine Jacke aus, schlug den Kragen meines Polohemds zurück und hielt mein Gesicht unters kalte Wasser.
    Ich ging wieder ins Zimmer. Der Kaffee war noch
    nicht fertig, und ich hatte auch nach dem Zähneputzen noch einen pelzigen Geschmack im Mund. Ich griff nach einer schon aufgerissenen Dose Mountain Dew und trank ein paar Schlucke der lauwarmen, abgestandenen
    Flüssigkeit.
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    Bevor es draußen hell wurde, konnte ich nicht viel unternehmen. Daran war ich gewöhnt; ich hatte große Teile meines Lebens damit verbracht, mich erst zu beeilen, um anschließend warten zu müssen. Ich rückte mir einen Sessel ans Fenster und zog die Vorhänge auf.
    Während ich die Stadtautobahn beobachtete, konnte ich nicht sagen, ob es tatsächlich noch regnete oder die im Scheinwerferlicht sichtbaren Spritzwasserschleier der Autos nur diese Illusion erzeugten.
    Eine Viertelstunde

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