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Nick Stone - 01 - Ferngesteuert

Nick Stone - 01 - Ferngesteuert

Titel: Nick Stone - 01 - Ferngesteuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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Zahlenkombination schneller heraus, als ich gehofft hatte. Ich war eben fertig, hatte mein Werkzeug schon eingepackt und war dabei, die Tresortür aufzuziehen, als Kelly zu jammern begann: »Mir gefällt’s hier nicht, Nick. Alles ist so anders!«
    Ich fuhr herum, bekam sie zu fassen und hielt ihr mit einer Hand den Mund zu. »Halt die Klappe, verdammt noch mal!« fauchte ich. Damit hatte sie nicht gerechnet, aber ich hatte jetzt keine Zeit für lange Erklärungen.
    Ich hielt ihr weiter den Mund zu, während ich langsam mit ihr ans Fenster ging. Ich horchte und wartete, aber draußen war nichts Verdächtiges zu hören. Nur angeregte Unterhaltung, zwischendurch Lachen und das Piepsen des Funkgeräts.
    Aber als ich mich vom Fenster abwandte, hörte ich ein kurzes metallisches Scharren.
    Dann herrschte eine Zehntelsekunde lang atemlose Stille.
    Im nächsten Augenblick krachte der große Zinnbecher, in dem Kev Filzschreiber, Bleistifte und Kugelschreiber stehen hatte, laut scheppernd vom Schreibtisch auf den Boden. Der Krach ging weiter, als die Stifte aus dem Becher nach allen Seiten auseinanderkullerten.
    Ich wußte, daß ich dieses Scheppern zwanzigfach verstärkt wahrgenommen hatte, aber ich wußte auch, daß die Polizeibeamten es ebenfalls gehört haben würden.
    Kelly fing ausgerechnet jetzt an, vor Angst zu schluchzen, aber ich könnte mich nicht um sie kümmern. Ich ließ sie stehen, hastete zur Tür und hörte, wie draußen Autotüren geöffnet wurden. Auch der Funkverkehr hatte sich schlagartig verstärkt.
    Ich zog meine Pistole aus dem Hosenbund, entsicherte sie und verließ das Arbeitszimmer. Mit drei großen Schritten hatte ich die Diele durchquert und war in der Küche verschwunden. Ich schloß die Tür hinter mir, holte mehrmals tief Luft und wartete.
    Die Haustür wurde aufgeschlossen, und ich konnte die beiden in der Diele hören. Als sie das Licht anknipsten, sah ich einen Lichtstreifen unter der Küchentür.
    Dann waren auf der anderen Seite der dünnen Sperrholztür schwere Schritte, nervöse Atemzüge und das Klirren eines am Gürtel getragenen Schlüsselbunds zu hören.
    Die Tür des Arbeitszimmers wurde aufgestoßen. Im nächsten Augenblick rief jemand aufgeregt laut:
    »Melvin, Melvin - komm mal her!«
    »Jo!«
    Ich wußte, daß ich jetzt handeln mußte. Ich hielt die Pistole schußbereit, legte die linke Hand auf den
    Türknopf und drehte ihn lautlos. Dann trat ich in die Diele hinaus.
    Melvin, der mir den Rücken zukehrte, stand auf der Schwelle von Kevs Arbeitszimmer. Er war jung und ziemlich stämmig. Ich war mit wenigen Schritten hinter ihm, schlang ihm meinen linken Arm um den Hals und rammte ihm die Pistolenmündung in den Nacken. Mit beherrschter Stimme, die meiner augenblicklichen
    Verfassung keineswegs entsprach, forderte ich ihn auf: »Lassen Sie Ihre Pistole fallen, Melvin. Keine
    Dummheiten! Weg mit der Waffe!«
    Seine rechte Hand griff nach der Pistole, zog sie aus dem Halfter und ließ sie zu Boden fallen.
    Ob der andere seine Dienstwaffe gezogen hatte, konnte ich nicht erkennen. Im Arbeitszimmer brannte bisher kein Licht. Die Taschenlampe des anderen Beamten nutzte mir nichts. Melvin und ich blockierten den größten Teil des Lichts der Dielenlampe. Ich hoffte jedoch, der erste Mann würde seine Pistole schon weggesteckt haben, um die Kleine nicht noch mehr zu ängstigen. Aus ihrer Sicht war Kelly nur ein kleines Mädchen, das unter vorerst ungeklärten Umständen in dieses Haus geraten war.
    »Mach Licht, Kelly!« rief ich. »Los, beeil dich!«
    Keine Reaktion.
    »Los, Kelly, mach Licht.« Ich hörte leichte Schritte auf uns zukommen. Ein Klicken, dann flammte die Deckenlampe auf.
    »Okay, bleib dort stehen.« Ich sah, daß sie rotgeweinte Augen hatte.
    Hinter dem Schreibtisch stand der Michelin-Mann. Er mußte über hundert Kilogramm wiegen und befand sich schon fast im Pensionsalter. Die Pistole steckte noch im Halfter, aber seine rechte Hand lag auf ihrem Griff.
    »Lassen Sie die Waffe stecken!« warnte ich ihn. »Los, sagen Sie’s ihm, Melvin.« Ich stieß ihm die Mündung meiner Pistole gegen den Hals.
    »Ich bin erledigt, Ron«, bestätigte Melvin.
    »Keine Dummheiten, Ron, verstanden? Es lohnt sich nicht, wegen dieser Sache den Helden zu spielen. Wirklich nicht!«
    Ich merkte gleich, daß Ron mich verstand. Vermutlich dachte er an seine Frau, seine Hypothek und seine Chancen, jemals wieder eine Tüte Donuts zu sehen.
    Im nächsten Augenblick piepste Melvins Funkgerät.

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