Nick Stone - 01 - Ferngesteuert
durchsucht worden war.
»Und wo dort?«
»In der Wand.«
»Wo genau?«
»In der Wand! Ich hab’ einmal gesehen, wie Daddy dort etwas reingelegt hat. Die Tür ist offen gewesen, und Aida und ich sind eben aus der Schule heimgekommen und haben gesehen, wie er etwas reingelegt hat. Wir haben an der Tür gestanden, aber er hat uns nicht bemerkt.«
»Ist das Versteck hinter dem Bild?« fragte ich, obwohl Kev bestimmt nicht so dämlich gewesen war.
»Nein, hinter dem Holz.«
»Holz?«
»Hinter dem Holz.«
»Könntest du mir die Stelle zeigen?«
»Fahren wir dorthin?« Sie setzte sich ruckartig auf. »Ich will Jenny und Ricky!«
»Wir können sie leider nicht besuchen, wenn wir hinkommen, weil sie beschäftigt sein werden.«
Sie starrte mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Du weißt doch, daß das meine Teddybären sind! Sie sind oben in meinem Zimmer. Kann ich sie holen? Sie brauchen mich.«
Ich kam mir wie ein Vollidiot vor. »Natürlich kannst du das. Aber nur, wenn du dabei ganz leise bist.« Ich wußte, daß noch mehr kommen würde.
»Kann ich auch Melissa besuchen und ihr sagen, daß
es mir leid tut, daß ich nicht zu ihrer Party kommen konnte?«
»Dafür reicht die Zeit nicht.«
Sie zog einen Flunsch und ließ sich in den Sitz zurücksinken. »Aber du rufst wenigstens ihre Mommy an?« Ich nickte.
Gegen achtzehn Uhr waren wir auf der I-95 kurz vor der Ausfahrt Lorton. Es regnete ausnahmsweise nicht, aber der Himmel war wolkenverhangen. Nur noch ungefähr eine Dreiviertelstunde zu fahren.
Ich konnte Kelly nicht im Rückspiegel sehen. Sie war wieder auf dem Sitz zusammengesunken.
»Bist du wach?«
»Ahh, ich bin müde, Nick. Sind wir bald da?«
»Das verrate ich nicht. Es soll eine Überraschung werden. Du bleibst einfach unten, ja? Ich möchte nicht, daß dich jemand sieht.«
Schließlich erreichte ich das Neubaugebiet, fuhr den Hunting Bear Path entlang und überwand die Stolperschwellen bewußt übervorsichtig, um mich gründlich umsehen zu können. Alles wirkte ganz normal. Ich sah schon die Rückseite von Kevs Garage, aber die Vorderfront seines Hauses war noch nicht zu sehen.
Als ich daran vorbeifuhr, wurde endlich auch die Einfahrt sichtbar. Unmittelbar vor der Haustür parkte ein Streifenwagen. Kein Problem, einfach nach vorn sehen, in gleichmäßigem Tempo weiterfahren.
Als ich daran vorbei war, sah ich in den Rückspiegel. Das Standlicht brannte, und der Wagen war mit zwei
Uniformierten besetzt. Die beiden sollten dort nur Wache halten. Das Haus war noch nicht mit Brettern verschalt, aber weiter durch gelbes Trassierband abgesperrt.
Ich fuhr geradeaus weiter; ich konnte nicht erkennen, ob die Polizeibeamten mir nachsahen. Selbst wenn sie die Kennzeichen aller vorbeifahrenden Autos überprüften, spielte das keine Rolle. Sie würden nur auf Big Al stoßen. Falls ich bei dem Einbruchsversuch gestellt wurde, würde ich flüchten und Kelly hier zurücklassen. Vielleicht waren die uniformierten Beamten anständige Kerle, die sich um sie kümmern würden. Zumindest wäre das die einfachste Lösung gewesen, die mich jedoch in Gewissenskonflikte stürzte. Ich hatte Kelly versprochen, sie nicht zu verlassen; das Versprechen war vielleicht nicht viel wert, aber ich fühlte mich daran gebunden.
Ich fuhr bis ans Ende der Straße und bog rechts ab, um so rasch wie möglich außer Sichtweite zu kommen. Dann fuhr ich weit ausholend ein großes Quadrat ab, bis ich wieder hinter ihnen war. Dabei erreichte ich die Ansammlung kleiner Läden. Der Parkplatz war ungefähr zu einem Viertel voll, so daß wir parken konnten, ohne daß jemand auf uns achtete.
»Wir sind bei den Geschäften!« rief Kelly begeistert.
»Genau, aber wir können nichts kaufen, weil ich nicht mehr viel Geld habe. Aber wir können zu dir nach Hause.«
»Jaaa! Kann ich auch meine Pollypockets und Yakbacks aus meinem Zimmer holen?«
»Logisch kannst du das.« Ich hatte keine Ahnung, wovon sie redete.
Ich ging nach hinten, öffnete den Kofferraum und holte die Reisetasche heraus. Dann machte ich Kellys Tür auf, stellte die Tasche auf den Rücksitz und beugte mich darüber.
»Gehen wir jetzt zu mir?«
Ich machte mich daran, ein paar Sachen bereitzulegen, die ich voraussichtlich brauchen würde.
»Ja. Ich möchte, daß du mir hilfst, indem du mir Daddys Versteck zeigst. Kannst du das? Es ist wichtig, weil er wollte, daß ich etwas für ihn überprüfe. Wir müssen uns reinschleichen, weil die Polizei vor dem Haus
Weitere Kostenlose Bücher