Nick Stone - 01 - Ferngesteuert
erstes eine Reisetasche, in die Socken, Unterwäsche, Jeans, Blusen, Hemden, Schlafanzüge und Waschzeug kamen. Dann hielt ich ein weiteres Taxi an und nannte Brown’s Hotel als Fahrtziel.
»Das alte Hotel wird dir gefallen, Kelly«, sagte ich. »Es hat zwei Eingänge, so daß man von der Dover Street hereinkommen und auf der anderen Seite zur Albermarie Street hinausgehen kann. Sehr wichtig für Spione wie uns.«
Ich schaltete das Mobiltelefon ein, wählte die Nummer der Auskunft und rief dann Brown’s Hotel an, um ein Zimmer reservieren zu lassen. Keine halbe Stunde später waren wir in unserem Zimmer, aber zuvor hatte ich Kelly gegenüber angeben wollen und dabei feststellen müssen, daß der Ausgang zur Dover Street nicht mehr geöffnet war. Mein Finger lag offenbar nicht ganz am Puls der Zeit.
Unser Zimmer war Welten von denen entfernt, die wir bisher gewohnt waren. Es war behaglich luxuriös und hatte vor allem eine Minibar mit Toblerone. Ich überlegte, ob ich gleich ein Bier trinken sollte, aber dazu war es zu früh; ich hatte noch zu arbeiten.
Die Zeitverschiebung machte sich bemerkbar. Kelly sah erschöpft aus. »Baden kannst du morgen früh«, erklärte ich ihr. Sie nickte dankbar, zog ihren neuen Schlafanzug an und kroch unter die Decke. Keine zwei Minuten später spielte sie schon wieder Seestern.
Ich sah nach, ob mein Mobiltelefon eingeschaltet war und das Ladegerät funktionierte. Euan kannte meine Stimme und meine Nachricht: »Hier ist John, der Installateur. Wann soll ich den Wasserhahn auswechseln? Ruf doch mal an .« Das würde genügen.
Ich beschloß, ein zehnminütiges Nickerchen zu machen, bevor ich duschte, eine Kleinigkeit aß und dann ins Bett ging. Schließlich war es erst siebzehn Uhr.
Um Viertel vor sechs Uhr morgens klingelte mein Mobiltelefon. Ich drückte die grüne Taste. »Hallo?« sagte die tiefe, sehr beherrschte Stimme, die ich so gut kannte.
»Ich brauche dich, Kumpel«, sagte ich. »Du mußt mir helfen. Kannst du nach London kommen?«
»Wann soll ich kommen?«
»Sofort.«
»Ich bin in Wales. Das dauert ein paar Stunden.«
»Okay, ich warte unter dieser Nummer.«
»Kein Problem. Ich fahre mit dem Zug, der ist schneller.«
»Danke, Kumpel. Ruf mich ungefähr eine Stunde vor der Ankunft in Paddington an.«
»Wird gemacht.«
Euan legte auf.
Ich fühlte mich erleichtert wie noch nie. Als ob ich eben mit einem Arzt telefoniert und erfahren hätte, der Krebstest sei negativ gewesen.
Allein die Zugfahrt würde über drei Stunden dauern, deshalb konnte ich vorerst nicht viel anderes tun, als die Gefechtspause zu genießen. Kelly wachte auf, während ich mich in der Times, die jemand unter der Tür durchgeschoben hatte, über den Wahlkampf informierte - in Brown’s Hotel brauchte kein Gast mit Kleingeld zum nächsten Zeitungskiosk zu gehen. Ich rief den Zimmerservice an, bestellte ein Frühstück und probierte den Fernseher aus. Keine Power Rangers. Großartig.
Wir ließen uns nach dem Frühstück viel Zeit, duschten, zogen uns an und sahen gut aus. Dann machten wir einen geruhsamen Spaziergang über Piccadilly Circus, Leicester Square und Trafalgar Square zum Bahnhof. Ich betätigte mich auch diesmal als Fremdenführer, aber Kelly hörte kaum zu. Sie wollte nur die Tauben füttern. Ich sah immer wieder auf meine Armbanduhr, weil ich hoffte, Euan werde bald anrufen, und während Kelly fast in einem Taubenschwarm verschwand, klingelte mein Mobiltelefon. Es war 9 Uhr 50. Ich steckte einen Finger ins rechte Ohr, um den Verkehrslärm und das Gekreische von Kelly und anderen Kindern auszusperren.
»Ich bin in einer Stunde in Paddington.«
»Wunderbar. Wir treffen uns auf dem Bahnhof Charing Cross, Bahnsteig drei, okay, Kumpel?«
»Bis dann.«
Das Hotel Charing Cross gehört zum Bahnhofskomplex und ist vom Trafalgar Square in zwei Minuten zu Fuß zu erreichen. Ich hatte den Bahnhof Charing Cross als Treffpunkt gewählt, weil ich wußte, daß man von der Hotelhalle aus die Taxis beobachten kann, die Fahrgäste vor dem Eingang absetzen.
Wir saßen oben in der Hotelhalle, in der es von amerikanischen und italienischen Pauschaltouristen nur so wimmelte, und warteten. Nach gut einer halben Stunde sah ich ein Taxi mit einer vertrauten Gestalt auf dem Rücksitz vorfahren. Ich machte Kelly auf Euan aufmerksam.
»Gehen wir nicht hinaus, um ihn zu begrüßen?«
»Nein, wir bleiben vorläufig hier, weil wir ihn überraschen wollen. Genau wie in Daytona, weißt du
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