Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
mit zwei Sesseln – mit dem geblümten Chintzbezug. Überall standen und hingen gerahmte Fotos: Josh als Soldat, Josh als Angehöriger der Special Forces, Josh mit den Kindern, Josh mit Geri und den Kindern, lauter
Familienbilder und dazwischen grässliche Schulfotos: in Reihen angeordnete Kinder in Schuluniform, die mit
Zahnlücken so dämlich in die Kamera grinsten, wie es nur Kinder tun, die ein Fotograf zum Lächeln zu animieren versucht.
Josh machte die Tür hinter uns zu. »Okay, mein Freund, wie steht’s mit Sarah?«, fragte er. »Was weiß sie?«
Ich trat etwas näher an ihn heran. »Sie weiß nur, dass ich Kellys Vormund bin, weil ihre Angehörigen ermordet worden sind. Sie weiß, was Kevin beruflich gemacht hat und wodurch ich ihn gekannt habe. Du bist der zweite
Testamentsvollstrecker. Dadurch sind wir Freunde geworden.
Sie glaubt, dass ich bei einem privaten Sicherheitsdienst arbeite. Über Details haben wir noch nicht gesprochen.«
Josh nickte. Sehr viel mehr wusste er selbst nicht über mich.
»Okay. Jetzt nur noch schnell eine Frage, Kumpel. Soll ich Maria ein oder zwei Betten beziehen lassen, wenn sie zurückkommt?«
Das war eine gute Frage, auf die ich eine überzeugende Antwort geben musste. Ich grinste breit. »Eines, versteht sich.«
»Ist gebongt!« Josh erwiderte mein Grinsen mit
Verschwörermiene. Wir nahmen Platz – er in einem Sessel, ich auf dem Sofa.
493
»Die nächste wichtige Frage: Wie geht’s Kelly? Ist sie gut bei ihren Großeltern angekommen?«
»Oh, ihr geht’s gut. Ich habe erst gestern mit ihr telefoniert; ihr tut es sehr Leid, dass sie nicht länger mit euch zusammen sein konnte. Ich denke, dass ihr bald eine Dankeschönkarte von ihr bekommen werdet.«
Diese harmlose Unterhaltung ging mir schwer auf die
Nerven. Normalerweise hätte es mir nichts ausgemacht, über solchen Scheiß zu reden; schließlich beruhte unsere Beziehung auf unserer gemeinsamen Verantwortung für Kelly. Aber im Augenblick konnte ich nur daran denken, dass ich im Begriff war, sein Vertrauen zu missbrauchen – auch wenn ich wusste, dass ich damit das Richtige tat.
Die Tür wurde geöffnet, und Sarah kam herein. Josh stand auf. »Will jemand ein Bier?«
Sarah lächelte unsicher. Auf Cocktailpartys in der Botschaft wurde vermutlich kein Bier angeboten, und ich konnte mir vorstellen, dass in ihren Kreisen nicht besonders viel Bier getrunken wurde.
Josh wandte sich an sie. »Oder lieber Kaffee?«
»Ja, bitte.«
Er ging zur Tür und sprach dabei weiter: »Die Kinder kommen bald von der Generalprobe zurück, und dann ist hier die Hölle los. Sie werden’s cool finden, dass du uns besuchst, Nick.«
Wir hörten, wie er sich in der Küche zu schaffen machte.
Sarah setzte sich in einen Sessel. Die Entfernung zwischen uns war nicht allzu groß, aber unter den gegenwärtigen Umständen doch bedeutsam. »Sarah, wir teilen uns heute Nacht ein Zimmer«, stellte ich fest.
494
Sie begriff sofort, stand auf und setzte sich neben mir aufs Sofa. »Wie geht’s weiter?«
Es hatte keinen Zweck, ihr etwas vorzumachen. »Keine Ahnung, pass einfach auf und lass mich reden. Für
irgendwelche Vorstöße ist es noch viel zu früh.«
Sarah starrte kummervoll den Teppich an. »Ich mache mir schreckliche Sorgen, Nick. Es muss einfach funktionieren!«
»Verlass dich auf mich. Siehst du das Buch dort drüben?«
Ich nickte zu dem Bücherregal neben dem offenen Kamin hinüber. »Ich meine den Bildband in der zweiten Reihe von unten.« Dort stand ein opulenter Prachtband mit dem Titel Designing Camelot – the Kennedy White House Restoration.
Ich sah Sarah an, die meinen Blick durch ihre Brille erwiderte.
»Das muss ein gutes Omen sein.« Ich konnte nur hoffen, dass mein Tonfall optimistischer klang, als mir zu Mute war.
Sarah nickte, und aus ihrem Gesichtsausdruck sprach neue Entschlossenheit. Als Josh mit einem Tablett zurückkam, auf dem eine Isolierkanne, Zucker und Sahne, Kaffeebecher und eine Schale mit einer Packung Kekse standen, zog sie eben den Bildband aus dem Regal. Er goss die Becher voll. »Mit Sahne, ohne Zucker?«, fragte er. Wir nickten beide.
Sie sah auf und erwiderte seinen Blick. »Eine Klassefrau, was?« Sarah drehte das Buch um und zeigte uns eine
Porträtstudie von Jackie Kennedy.
»Ja, Ma’am, sie hat diese Stadt regelrecht auf den Kopf gestellt. Auf diesem Foto steht sie in dem Saal für
Staatsbankette. Sie war unsere Prinzessin Diana, könnte man sagen. Geri hat sie geliebt.
Weitere Kostenlose Bücher