Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
vorbringen konnte. Ich sah zu Sarah hinüber, die wie ein Kind auf einem Jahrmarkt strahlte, und erklärte ihr: »Josh ist ein großartiger Fremdenführer. Letztes Jahr hat er mir das Weiße Haus von oben bis unten gezeigt. Er war Chef des Teams, das den Vizepräsidenten bewacht, weißt du.«
»Ach, das wäre wundervoll! Wirklich fantastisch!« Sarah reagierte genau richtig.
»Im Keller gibt’s eine Bowlingbahn, damit Bill runtergehen und ein bisschen üben kann, und an einigen Mauern sind noch Brandspuren aus der Zeit zu sehen, als die Engländer irgendwann achtzehnhundertsoundso versucht haben, das Weiße Haus niederzubrennen.«
Sie wandte sich an Josh. »Versucht er, mich auf den Arm zu nehmen?«
Er schüttelte den Kopf und trank noch einen Schluck Wein.
»Nein, die Engländer haben Washington erobert und
niedergebrannt. Das war 1814.«
501
»Komm schon, Kumpel, was hältst du davon? Wenn du
willst, kaufe ich mir sogar eine beschissene Krawatte, damit ich wie jemand vom Secret Service aussehe. Na, wie findest du das?« Ich zog ihn oft damit auf, wie seine Kollegen und er sich kleideten. Vorgeschrieben waren offenbar graue Anzüge oder blaue Blazer mit dunkelgrauer Hose. Selbst aussuchen durften sie sich anscheinend nur ihre Krawatten. Außer im
Schaufenster eines Krawattenladens hatte ich noch nie so viele Daffy Ducks und Mickymäuse auf einmal gesehen. Josh besaß eine eindrucksvolle Kollektion von Schafen, die über Zäune sprangen, und Bugs Bunnys, die Karotten fraßen.
Diesmal gab Josh mir kräftig heraus. »Du schaffst’s nie, wie ein Agent auszusehen, Lahmarsch. Da kannst du dir noch so viel Mühe geben!«
Sarah stand auf. »Das ist alles zu hoch für mich«, sagte sie lachend. »Solange ihr streitet, verschwinde ich noch mal nach oben.« Sie wusste, dass es Zeit war, uns für ein paar Minuten allein zu lassen. Sie nickte zu Josh hinüber. »Diesmal mache ich die Tür zu, damit du bestimmt nichts hörst.«
Josh warf sich in seinen Sessel zurück und lachte schallend, als Sarah die Tür hinter sich schloss. Er nickte mir zu. »Sie ist cool, Mann, echt cool.« Ich sah, wie sein Lächeln angestrengt wurde; bestimmt dachte er wieder an Geri, die ihn verlassen hatte. Ich hatte Mitleid mit ihm, aber ich wollte natürlich nicht, dass er vom Angelhaken freikam.
»Also, was ist damit, Kumpel? Glaubst du, dass sich das irgendwie deichseln lässt? Sarah wäre überglücklich, und das würde mir jede Menge Pluspunkte bei ihr einbringen, wenn du weißt, was ich meine.«
Er hob grinsend die Hände, als ergebe er sich. »Lass gut 502
sein, Mann. Gib dir keine Mühe, mir diese Idee zu verkaufen.
Ich hab schon verstanden.« Er ließ die Hände sinken und wurde wieder ernst. »Ich werd’s versuchen, aber
Erfolgsgarantie gibt’s keine«, erklärte er mir. »Ich rufe gleich morgen früh an. Bis wann habt ihr Zeit?«
»Bis fünfzehn Uhr. Um achtzehn Uhr irgendwas fliegen wir nach New York.«
Josh hob erneut die Hände. »Okay, okay, ich tue mein Bestes. Morgen ist im Weißen Haus einiges los, aber vielleicht dürfen wir vormittags rein. Die eigentlichen Vorbereitungen beginnen erst gegen Mittag, und die Kinder singen um dreizehn Uhr.«
Er stellte sein Glas ab, schenkte sich nach und bot mir ebenfalls Wein an. Ich nickte und stellte ihm mein Glas hin. Er hatte nicht gemerkt, dass ich nur wenig trank, während er ein Glas nach dem anderen kippte.
Josh hob sein Glas. »Freut mich echt, dich wieder zu sehen, Mann.«
Ich hob meines. »Auf dein Wohl, Lahmarsch.«
Sarah, die vermutlich die ganze Zeit an der Tür gehorcht hatte, kam wieder herein. Als sie sich neben mich aufs Sofa setzte, lächelte ich ihr strahlend zu. »Josh sagt, dass wir das Weiße Haus vielleicht morgen besichtigen können, bevor wir nach New York zurückfliegen. Aber er muss natürlich erst sehen, was sich machen lässt.«
Sie bedankte sich bei Josh mit einem Blick, von dem ein Blinder Herzklopfen bekommen hätte.
Seine nachdenkliche Miene hellte sich auf. »Hey, da fällt mir was ein! Wenn ich euch nicht selbst führen kann, sorge ich wenigstens dafür, dass ihr eine der offiziellen Besichtigungen 503
mitmachen könnt. Unseren privaten Rundgang können wir irgendwann später nachholen.«
Sarah wirkte weiterhin aufgeregt und begeistert, aber ich konnte mir vorstellen, wie nervös sie innerlich war.
»Karten für die Besichtigung kann ich euch leicht
besorgen«, fuhr Josh fort. »Dann bekommt ihr zwar weder die Bowlingbahn noch den
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