Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel
halbieren, sodass ihm mehr Spielzeit bleibt.«
Er wollte die Schuhe zurückstellen. Er wandte sich ab und machte zwei Schritte. Dann war ein dumpfer Schlag zu hören.
Bills Schuhe fielen Davy aus der Hand. Zunächst war kein Blut zu sehen, bis er zusammenbrach und nach vorn aufs Gesicht fiel. Dann strömte es dick und dunkelrot aus seinem Kopf. Ich warf mich herum.
Sarah stand in vorbildlicher Schussposition da: schräg zu Davy, mit ausgestreckter rechter Hand, in der sie die Pistole mit Schalldämpfer hielt, und mit ihrer linken Hand als Stütze unter dem rechten Handgelenk. Sie wirkte so ruhig und gelassen wie auf dem Schießstand.
»Scheiße, was machst du?«, rief ich entsetzt. Eine dämliche Frage; schließlich sah ich genau, was sie machte.
»Verdammt, wir waren uns darüber einig, dass keiner mehr umgebracht wird!«, sagte ich halb schreiend, halb flüsternd, als sie die Pistole sinken ließ. »Wieso hast du das Scheißding mitgebracht? Wir brauchen keine Waffe!«
Sarah gab keine Antwort; sie schien sich in einer anderen Welt zu befinden, als sie die Pistole gelassen in ihren Hosenbund zurücksteckte.
Diese Sache war außer Kontrolle geraten. Unabhängig davon, was jetzt noch alles passierte, steckten wir tief in der Scheiße, und ich hatte keine Ahnung, nach wessen Regeln hier gespielt wurde.
Ich bewegte mich in Richtung Tür.
Sie warf mir einen fragenden Blick zu. »Wohin willst du?«
»Ich sperre die Tür ab - oder glaubst du etwa, dass ich alle Welt reinlassen will? Wir sitzen in der Scheiße, Sarah. Weißt du überhaupt, was du getan hast? Damit verhinderst du nichts, sondern machst alles nur noch schlimmer.«
Ich erreichte die Tür und drückte den Knopf im Türgriff hinein, um sie zu verriegeln. Davy war nicht mehr zu helfen, das stand fest. Er gab keinen Ton von sich, und aus seinem Mund quoll dunkles, sauerstoffarmes Blut.
Ich blieb in der Nähe der Tür stehen und schüttelte ungläubig den Kopf. »Verdammt noch mal, Sarah, wir haben alles unter Kontrolle gehabt. Wir wollten mittags zur Pressekonferenz - hast du das vergessen? Und jetzt dieser Scheiß! Was hast du dir dabei gedacht?«
Sarah kam auf die Tür zu. Ich breitete die Arme aus und verstellte ihr den Weg. »Halt, keinen Schritt weiter! Mit diesem Alleingang ist jetzt Schluss; wir brauchen Unterstützung von außen. Und du kannst schon mal anfangen, dir eine verdammt gute Geschichte auszudenken!«
Ich zeigte auf Davy, während ich mich nochmals halb zur Tür umdrehte. Warum hatte sie das getan? Ich brauchte ungefähr zwei Sekunden, um den Grund dafür zu erkennen. Sie hatte mich reingelegt. »Verdammte Schlampe!« Ich wollte mich wieder zu ihr umdrehen.
Im selben Augenblick fühlte ich Schmerzen in meinem Bauch explodieren. Als ich auf die Knie sank, entwich die Atemluft stoßartig aus meiner Lunge. Ich spürte ein äußerst schmerzhaftes Brennen in der linken Bauchseite.
Meine linke Stirnhälfte knallte aufs Linoleum, dann folgte meine Nase. Vor meinen Augen tanzten Sterne. Im Mund hatte ich einen widerlichen Blutgeschmack. Dies war der erste Schuss, den ich abbekommen hatte.
Sarah konnte ich nicht sehen. Ich war zu sehr damit beschäftigt, mich in fetaler Haltung zusammenzurollen, während ich versuchte, die Schmerzen unter Kontrolle zu bekommen.
Ich begann wider Willen leise zu stöhnen und drehte dabei langsam, ganz langsam den Kopf zur Seite, um sie zu finden. Sarah stand über Davy gebeugt. Sein Dienstausweis hing jetzt an der Nylonkordel um ihren Hals; sah jemand nur flüchtig hin, würde er sie für eine Mitarbeiterin des Weißen Hauses halten. Dann umkreisten ihre Slipper Davy auf Zehenspitzen, um nicht in die Blutlache zu treten, und sie zog ihm die Pistole aus dem Halfter und die beiden Reservemagazine aus der Gürteltasche.
Sarah sollte nicht wissen, dass ich noch lebte. Ich lag so still da, wie ich nur konnte, hielt die Augen geschlossen und versuchte mein Stöhnen zu unterdrücken. Aber das gelang mir nicht.
Nach einem Blick auf ihre Uhr sah sie zu mir herüber. Die Waffe hob sich, bis ihre Augen mich über den Schalldämpfer hinweg anvisierten. Zum ersten Mal in meinem Leben überlegte ich mir, wer mir fehlen würde, und beschloss, mein letzter Gedanke solle Kelly gelten. Ich starrte Sarah an und wartete. Es gab eine Verzögerung, aber keine Gefühlsregung, keine Erklärung. Dann sagte sie: »Du hast jetzt ein Kind. Hoffentlich lebst du lange genug, um die Kleine wieder zu sehen.« Sie ließ die Pistole
Weitere Kostenlose Bücher