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Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Titel: Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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oben. Den Computerraum konnte ich vorerst ignorieren, denn falls darin Tote lagen, würden sie unkenntlich sein. Unter anderen Umständen hätte ich vielleicht eine kurze Pause gemacht, um die Befriedigung über meine gute Arbeit auszukosten; ich war auf vielen Gebieten nur mäßig begabt, aber den Sprengschein A hatte ich mit
    Auszeichnung gemacht.
    Ich stieg die Treppe hinauf, ließ meine Linke die Wand entlang nach oben gleiten und musste beim Aufstieg nach jeder Stufe tasten. Auf dem oberen Treppenabsatz hörte ich einen kurzen, leisen Schrei, konnte aber nicht genau sagen, wo er herkam. Ich wandte mich erst nach links, weil dort anscheinend nur eine Tür lag. Als ich mich zu ihr vorgetastet hatte und die Klinke herunterdrückte, ließ sie sich nur einen Spalt weit öffnen. Ich stemmte mich gegen die Tür und konnte nun einen Fuß vorschieben, der auf einen dicht hinter der Tür liegenden Körper traf. Ich quetschte mich hindurch und leuchtete dem Liegenden ins Gesicht. Nur ein weiterer armer Scheißer Mitte zwanzig, der nach seiner Mutter rief.
    Ich stolperte gegen einen umgefallenen Sessel, umging ihn und hörte im nächsten Augenblick ein leises Stöhnen vor meinen Füßen. Ich kniete nieder, knipste die Taschenlampe wieder an und wälzte den Mann zu mir her.
    Vor mir lag Tom: über und über mit rotem Ziegelstaub bedeckt, aus Mund und Nase blutend, aber lebendig. Eigentlich hätte das Grund zum Jubel sein müssen, aber ich war mir meiner Sache nicht ganz sicher. Tom sah nicht gut aus.
    Er war leise wimmernd in seiner eigenen Welt gefangen und erinnerte mich in diesem Zustand an den jungen Schnüffler in Narva. Ich untersuchte ihn rasch, um mich zu vergewissern, dass seine Gliedmaßen vollständig und anscheinend nicht gebrochen waren.
    »Alles in Ordnung, Kumpel«, erklärte ich ihm. »Dir fehlt nichts. Los, komm mit!« Er hatte bestimmt keine Ahnung, wer ihn ansprach oder was ich sagte, aber mir war dabei wohler zu Mute.
    Ich wischte ihm den Scheiß aus dem Gesicht, damit er irgendwann wieder die Augen öffnen konnte. Dann packte ich ihn unter den Armen und schleppte ihn rückwärts gehend auf den Treppenabsatz hinaus.
    Auf diese Weise ging es auch die Treppe hinunter. Seine nachschleifenden Füße polterten von Stufe zu Stufe hinter uns her. Tom war noch immer nicht richtig bei Bewusstsein; er war in seiner kleinen Welt aus Schmerz und Verwirrung gefangen und merkte zwar, dass er fortgeschafft wurde, konnte aber nichts dazu beitragen, mir die Arbeit zu erleichtern.
    Dann kamen wir endlich aus dem Ziegelstaub heraus und an die frische Luft. Ich ließ Tom zu Boden fallen, schnäuzte mich mit den Fingern und atmete keuchend tief durch.
    »Tom! Wach auf, Kumpel. Tom, Tom ...«
    Ich griff mir eine Hand voll Schnee und rieb ihm damit das Gesicht ein. Tom kam allmählich zu sich; er hustete und prustete, konnte aber noch immer nicht sprechen.
    Aus dem Dachstuhl des großen Gebäude mit dem Stromaggregat schlugen jetzt hohe Flammen, deren Widerschein über den Schnee tanzte und uns hell beleuchtete. Tom trug noch immer Jeans und das rote Sweatshirt, in dem ich ihn zuletzt gesehen hatte, aber weder Schuhe noch Jacke.
    »Du wartest hier, Kumpel. Nicht weglaufen, okay?«
    Als ob er dazu im Stande gewesen wäre.
    Ich ging in den Fernsehraum zurück, der noch immer voller Staub war. Die Schreie im ersten Stock wurden lauter. Ich wollte möglichst rasch von hier weg, bevor die Jungs dort oben sich aufrappelten oder ein Streifenwagen oder DTTS-Geländewagen eintraf.
    Ich hatte mir ungefähr gemerkt, wo der erste Tote lag. Er trug keine Jacke, aber ich hatte es auf seine Stiefel abgesehen - nicht gerade Wanderstiefel, eher Basketballstiefel, aber sie würden genügen. Als ich durch den Staub weiterstolperte, stieß ich zwischen den zertrümmerten Möbeln auf ein Sturmgewehr AK-47, das ich liegen ließ, und einen Parka, den ich mitnahm.
    Als ich zurückkam, lag Tom genau wie zuvor mit ausgebreiteten Armen und Beinen auf dem Rücken. Ich zog Tom in sitzende Stellung hoch, schüttelte den Staub aus dem Parka und legte ihn ihm um die Schultern. Die weißen Basketballstiefel waren mindestens zwei Nummern zu groß, aber scheiß drauf, er musste damit schließlich nur bis zum Auto gehen.
    Als ich mich daranmachte, ihm die Basketballstiefel anzuziehen, gab Tom endlich einen Laut von sich. Er hob eine Hand, um sich den Scheiß vom Gesicht zu wischen. Dabei sah er mich.
    »Tom, ich bin’s ... Nick.« Ich packte ihn an den Schultern

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