Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
wuchtete ich die Tür zu und hatte sofort das Gefühl, dadurch werde es wärmer.
Die Haustür war natürlich geschlossen, aber das Licht, das durch das Fenster fiel, genügte, damit ich erkennen konnte, ob jemand aus dem Haus kam.
Ich stellte mich links neben den Türrahmen und legte mein Ohr an die Tür. Nichts zu hören. Ich trat auf die andere Seite des Nissans und warf einen Blick durchs Erdgeschossfenster. Dazu brauchte ich mir nicht die Nase an der Scheibe platt zu drücken; es ist immer besser, sich im Hintergrund zu halten und jede Deckung zu nutzen.
Mein Herz sank. Zimmermann. Er trug noch immer seinen Anzug, jetzt allerdings ohne Mantel oder Krawatte, und war dabei, aus einer kleinen Blechschachtel irgendwelche Pillen zu nehmen, die er ohne Wasser hinunterwürgte. Seine Mini-Uzi hing gut sichtbar über seiner Jacke; die Waffe baumelte unter seinem rechten Arm, und der Riemen ihres Lederhalfters schob den Jackenstoff am Rücken hoch.
Er lief scheinbar ziellos durch den großen Raum und verschwand manchmal außer Sicht. Dann sah ich, dass er das Klebeband und die Plastikkugel, mit denen ich Val geknebelt hatte, in seiner gewaltigen Pranke hielt. Er hob die Sachen kurz hoch, schien dann ihre Bedeutung zu erkennen und knallte sie wütend zu Boden. Dann packte er Stühle, die er an den Wänden zerschmetterte, und beförderte unsere Mäntel wie ein Zweijähriger, der einen Wutanfall hat, mit Fußtritten durch den Raum.
Was ihm durch den Kopf ging, war nicht schwierig zu erraten. Er war der Überzeugung, ich sei mit Val zur Grenze unterwegs und hätte ihn im Stich gelassen. Verständlich; das hätte ich auch gedacht. Kein Wunder, dass er sein Spielzeug aus dem Kinderwagen schmiss.
Der Küchentisch folgte den Stühlen, als die Kombination aus Drogen und Wut seinen Verstand noch mehr verwirrte. Ich brauchte nicht mehr zu überlegen, welche Möglichkeiten mir offen standen; die Entscheidung hatte er mir gerade abgenommen. Ich ging zur Tür des Schuppens zurück und überließ Zimmermann seinem Anfall von Zerstörungswut.
Auf dem Rückweg über den zugefrorenen See drehte ich mich alle zehn Meter um. Nach einigen Minuten sah ich Autoscheinwerfer aufflammen, die vom Haus wegfuhren. Scheiße, was hatte Zimmermann vor? Das wusste er vermutlich selbst nicht.
Ich stand breitbeinig und mit leicht nach vorn gebeugtem Oberkörper da, um die Böen ausgleichen zu können, und beobachtete, wie die Scheinwerfer in der Nacht verschwanden. Der Gedanke, zurückzugehen und im Haus zu warten, war sehr verlockend, aber Zimmermann konnte zurückkommen und die Sache komplizieren, und außerdem musste ich mir auch wegen der Polizei Sorgen machen.
Ich hielt mich parallel zum Ufer und setzte meinen Rückweg zu der Schneehöhle fort.
Sobald ich die Bäume erreichte, konnte ich die gesamte Längsseite des Hauses überblicken. Zimmermann hatte überall Licht brennen lassen, aber mit dem großen Raum im Erdgeschoss schien irgendwas nicht zu stimmen. Ich brauchte ein paar Sekunden, um zu erkennen, was dort passierte.
Ohne darauf zu achten, ob ich Spuren hinterließ, stapfte ich so schnell ich konnte in gerader Linie zum Haus zurück und stolperte dabei durch Schneewehen, die mir bis zur Brust reichten. Ich bemühte mich so angestrengt, es schnell zu erreichen, dass ich das Gefühl hatte, überhaupt nicht voranzukommen. Das erinnerte mich an einen der Träume, die ich als kleiner Junge oft gehabt hatte: zu jemandem rennen, aber nie so schnell, wie es nötig gewesen wäre.
Während ich näher kam, konnte ich sehen, dass im Erdgeschoss Flammen züngelten und Rauch durch eine zersprungene Fensterscheibe quoll. Eine dunkle Rauchschicht hing einen halben oder drei Viertel Meter unter der Decke und suchte weitere Öffnungen, durch die sie entweichen konnte. Scheiß aufs Haus, mir ging es nur um den Volvo.
Als ich den Schuppen erreichte, hörte ich schon das Knacken jahrelang abgelagerter Holzbalken und das Schrillen der ausflippenden Rauchmelder. Die Haustür stand weit offen. Unter dem Querbalken des Türrahmens quollen Rauchschwaden ins Freie. Zimmermann war clever genug gewesen, um zu wissen, dass Feuer Sauerstoff brauchte, oder er hatte die Tür aus Nachlässigkeit offen gelassen. Der Grund spielte keine
Rolle; Tatsache war jedenfalls, dass die Flammen schon große Teile des Hauses erfasst hatten.
Ich erreichte den Wagen und hatte das Gefühl, die Hitze versenge mir durch meinen Skianzug den Rücken. Das Innere des Hauses glich einem
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