Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
Hochofen.
Als ich den Zündschlüssel ins Schloss steckte, hörte ich ein Knallen, als würden Schrotschüsse abgegeben. In der Hitze waren irgendwelche Sprühdosen explodiert.
Ich ließ den Motor an und fuhr langsam rückwärts aus dem Schuppen. Es wäre sinnlos gewesen, wie ein Verrückter mit durchdrehenden Reifen zurückzustoßen, nur um sich im Schnee festzufahren. Ich wollte den Volvo lediglich wegfahren, damit er nicht auch in Flammen aufging. Nachdem ich gewendet hatte, fuhr ich 50 Meter weit die Zufahrt entlang und stellte den Wagen dort ab. Ich nahm die Schlüssel mit, stolperte in den Schutz der Bäume zurück und kam mir wieder wie der kleine Junge in meinem Traum vor.
Als ich das Versteck unter dem Baum erreichte, zeichnete sich mein Schatten deutlich im Schnee vor mir ab. Die Flammen hatten jetzt das gesamte Erdgeschoss erfasst.
Ich schlitterte in die Schneehöhle, zog meinen Leatherman heraus, schnitt Val los und überließ es ihm, mir zu folgen, während ich wieder in den Wind hinauskroch. Er tauchte bald neben mir auf, und wir starrten beide das brennende Haus an. Auf fasst bizarre Weise versuchte er mich zu trösten. »Schon gut, ich habe gewusst, dass Sie mich nicht im Stich lassen würden. Ich bin zu wertvoll für Sie, nicht wahr? Vor allem jetzt. Darf ich vorschlagen, dass wir möglichst schnell von hier verschwinden? Genau wie Sie möchte ich nichts mit der Polizei zu tun haben. Das käme mir höchst ungelegen.« Was war bloß mit diesem Kerl los? Kam sein Puls jemals über zehn Schläge in der Minute hinaus?
Obwohl er nicht wissen konnte, was hier draußen passiert war, wusste er recht gut, dass ich keine Chance mehr hatte, mich mit jemandem aus meinem Team zu treffen; er brauchte mich nicht mehr zu überreden, ihn freizulassen. Er wusste, dass er jetzt meine einzige vernünftige Option war.
Der Volvo war im Feuerschein deutlich zu sehen. Die Flammen schlugen noch nicht aus dem Dach, aber sie leckten hungrig aus den geborstenen Fenstern.
Ich hielt Val an, bevor wir das Auto erreichten, gab ihm meinen Leatherman, ging nach hinten zum Kofferraum weiter und rief ihm zu, er solle die Zugkordel seiner Jacke herausschneiden. Selbst aus dieser Entfernung spürte ich die Hitze des Feuers auf meinem Gesicht.
Er sah an sich herab, entdeckte die Nylonkordel, mit der seine Jacke sich an der Taille verstellen ließ, und knipste einen der Verschlüsse ab, um sie herausziehen zu können. In dem brennenden Haus knackte es immer wieder laut, als die Flammen das Gebälk des Fachwerks angriffen.
Val sah zu mir hinüber, als er hörte, dass ich den Kofferraum öffnete. »Bitte, Nick, diesmal möchte ich im Wagen sitzen. Dort drinnen ist’s verdammt kalt.« Das war eher eine Forderung als eine Bitte. »Und ich ziehe
Ihre Gesellschaft natürlich der des Reservereifens vor.«
Als ich nickte, gab er mir den Leatherman zurück, setzte sich in den Fußraum hinter dem Beifahrersitz und hielt mir seine Hände hin. Ich fesselte sie mit der Nylonkordel an den Handbremshebel, wo ich sie jederzeit im Blick hatte.
Dann fuhren wir davon und überließen es dem Feuer, sein Vernichtungswerk zu vollenden. Vielleicht hatte Zimmermann mir mit seiner Brandstiftung sogar einen Gefallen getan; zumindest würde es jede Spur meiner Anwesenheit tilgen.
Weder Zimmermann noch sonst jemand ließ sich blicken, als wir langsam die Zufahrt hinaufrumpelten, bis wir die Absperrung mit der Kette erreichten. Ich ließ sie als Warnung für Sergej auf der Erde liegen, wie ich sie vorfand. Vielleicht war ihm doch irgendwie die Flucht gelungen. Auf dem Parkplatz hinter dem Hotel hatten zwei Hilux-Lieferwagen gestanden; vielleicht hatte er den anderen geklaut. Obwohl ich nun nicht mehr darauf hoffen konnte, dass er uns über die Grenze schmuggeln würde, wünschte ich ihm, er sei nicht geschnappt worden. Er war ein anständiger Kerl, aber scheiß drauf, für mich hatte jetzt eine neue Phase begonnen, in der Sergej und seine Leute keine Rolle mehr spielten.
Ich hatte verloren, das musste ich akzeptieren. Jetzt musste ich mein Glück mit Val versuchen.
»Ich setze Sie an einem Bahnhof ab«, sagte ich, als wir in Richtung Vaalimaa weiterfuhren. »Alles Weitere überlasse ich Ihnen.«
»Einverstanden. Meine Leute holen mich schnellstens ab.« Seine Stimme klang ausdruckslos. Er redete wie die russische Version von Jeeves. »Darf ich Ihnen einen Rat geben?«
»Warum nicht?«
Mein Blick blieb auf die Fahrbahn zwischen hohen Schneewallen
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