Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
beobachten, kühlte dabei immer mehr aus und fühlte mich immer elender.
Allmählich gelangte ich zu dem Entschluss, falls Sergej nicht aufkreuzte, würde ich riskieren müssen, Vals Londoner Angebot anzunehmen. Warum auch nicht? Schließlich hatte ich nichts zu verlieren und brauchte das Geld dringend.
Anfangs konnte ich nur das schwache Brummen des Automotors hören. Es kam von irgendwoher entlang der Zufahrt und hatte Mühe, sich gegen das Heulen des Windes durchzusetzen. Dann tauchten Scheinwerfer unter den Bäumen auf und hielten aufs Haus zu. Das Motorengeräusch wurde lauter, als das Fahrzeug näher kam: ein Geländewagen im ersten Gang. Sergej? Aus dieser Entfernung ließ sich unmöglich feststellen, ob das sein Nissan war.
Val hatte das Geräusch ebenfalls gehört und hielt still, damit das Rascheln seiner Jacke es nicht übertönte.
Ich beobachtete, wie die Scheinwerfer kurz die Giebelseite des Hauses beleuchteten, bevor sie in den Schuppen abbogen und ausgeschaltet wurden.
Ich hörte nur eine Autotür ins Schloss fallen und suchte die Fenster des Hauses ab. Dort war nichts zu erkennen.
Ich rutschte zu Val hinüber. Er blieb passiv, während ich seine Handfessel überprüfte. Sie saß unverändert straff; er würde sich nicht selbst befreien können, außer er hatte zufällig eine Kettensäge unter seiner Jacke.
Trotzdem wünschte ich mir, ich hätte Klebeband mitgebracht, um ihn knebeln zu können, damit er nicht um Hilfe rufen konnte. Erst als ich die Kerze ausblies, damit er nicht versuchen konnte, seine Handfessel durchzubrennen, und mich auf den Weg nach draußen machen wollte, sprach er mich an. »Nick?«
Ich machte Halt, ohne mich nach ihm umzudrehen. »Ja?«
»Denken Sie daran, was ich gesagt habe, wenn Sie jetzt zu Ihren Freunden gehen. Mein Angebot ist viel lohnender für Sie - und vor allem sicherer.«
»Wir werden sehen.« Als ich mich durch den Schnee wühlte, dachte ich über Vals Angebot nach und war vor allem erleichtert, dass er sich still verhalten würde. Er wusste, was gespielt wurde, War Sergej angekommen, konnte Val seine schäbigen hunderttausend Dollar behalten. Dann waren wir morgens in St. Petersburg, und ich würde mein Geld bekommen und auf dem Rückweg nach London sein.
Als ich auf unserer vorigen Route zurückging, kam der Wind direkt von vorn und ließ meine Augen tränen. Ich spürte, wie die Tränen anfroren. Um mich herum knarrten die Bäume im Sturm. Der fast waagrecht dahinstiebende Schnee traf jedes ungeschützte Stück Haut wie mit unzähligen Nadelstichen, während ich versuchte, mich auf das Haus und seine Umgebung zu konzentrieren.
Ungefähr zwanzig Meter weiter nahm ich das Haus erneut in Augenschein. Im ersten Stock brannte jetzt Licht, aber ich konnte noch immer keine Bewegung erkennen. Als ich mich wieder in Bewegung setzte, bemühte ich mich, wegen der Möglichkeit, Sergej könnte zurückgekommen sein, nicht in vorschnelle Euphorie zu verfallen. Aber schon das Gefühl, dieser Job könnte bald vorüber sein, machte den schneidend kalten Wind etwas erträglicher.
Als ich den Bootssteg unterhalb der Sauna erreichte, zog ich meinen rechten Zeigefinger aus dem Handschuh und hielt die 88 schussbereit. Da es für eine Sichtkontrolle viel zu finster war, prüfte ich die Kammer mit meinem bloßen Finger und vergewisserte mich, dass das Magazin eingerastet war. Dann verließ ich den zugefrorenen See und bewegte mich geduckt weiter, bis ich die Seitentür des Schuppens erreichte.
Auch wenn ich dringend Kontakt mit Sergej aufnehmen wollte, musste ich langsam vorgehen. Erst wenn ich ihn tatsächlich sah, konnte ich mich sicher fühlen.
Ich stand an der Tür des Schuppens und horchte, ohne mehr als das Klappern der Tür zu hören, die vom Wind in ihrem Schloss bewegt wurde.
Als ich rechts neben dem Türrahmen stand und langsam die Metallklinke herunterdrückte, nahm der Wind mir die restliche Arbeit ab, indem er die Tür aufblies. Zum Glück scharrte ihre Unterkante über den Boden; so dass sie nicht gegen den Holzstapel knallte.
Ich ließ mich im Schnee auf alle viere nieder und steckte vorsichtig meinen Kopf über die Schwelle.
Das Licht, das aus dem Fenster im Erdgeschoss fiel, zeigte mir den Nissan, der auf der anderen Seite des
Volvos stand. Das war ein gutes Zeichen, aber ich würde noch etwas warten müssen, bevor ich Freudensprünge machen konnte.
Ich betrat den Schuppen und überzeugte mich davon, dass in dem Nissan niemand mehr saß. Dann
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