Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
zwischen den beiden Wagen herstellen konnte. War uns jemand vom Flughafen aus gefolgt, musste er logischerweise annehmen, unser Ziel sei das Hotel Alexi gewesen.
Als ich mich aufsetzte, sah ich ihr von der Instrumentenbeleuchtung angestrahltes Gesicht. »Liv? Wozu dieses ganze Theater wegen Handys und Piepsern? Und wozu der tote Briefkasten?«
»Die alten Methoden sind die besten.« Sie lächelte. »Ein Sizilianer hat mir einmal erklärt, wer sicherstellen wolle, dass es eine Zukunft gebe, müsse die Lehren der Vergangenheit beherzigen. Seine Organisation hatte jahrhundertelang Kuriere eingesetzt, die Informationen persönlich überbrachten. Auf diese Weise konnte nichts Wichtiges in falsche Hände geraten. Aber dann weiteten sie ihr Tätigkeitsfeld auf Amerika aus und wurden nachlässig. Ende der fünfziger Jahre fingen sie an, Telefone zu benutzen, und das war ihr Verderben. Sollen wichtige Informationen sicher übermittelt werden, muss man sie persönlich weitergeben. Nur so behält man sie unter Kontrolle.«
Ich begann Wegweiser zur E 75 und nach Mikkeli zu sehen, dann blieb der Wald hinter uns zurück, und ich sah die Autobahn, auf der in beiden Richtungen reger Verkehr herrschte, etwa 400 Meter entfernt rechts unter mir. Aber wir blieben auf der alten Straße, die bald wieder durch Wald führte. Auf ihr waren etwaige Verfolger leichter zu erkennen.
»Was Ihre zweite Frage betrifft«, fuhr Liv fort, »ergreifen wir alle notwendigen
Sicherheitsvorkehrungen. Nicht nur in Bezug auf unsere Informationen, sondern auch in Bezug auf unsere Leute. Daher laufen alle Kontakte ab sofort nur mehr über mich.«
Ich erzählte ihr lieber nicht, was passiert war, nachdem ich das Apartmentgebäude verlassen hatte. Val und sie wussten ohnehin schon viel zu viel über mich.
Vor uns tauchten Straßenlampen auf, und Schilder verkündeten, dass wir uns einem Ort namens Heinola näherten.
Tom wurde etwas munterer, setzte sich auf und nahm seine Ohrhörer heraus. Bis er die Lautstärke herunterdrehte, füllte scheppernder Discobeat mit wummernden Bässen den Wagen. »Sind wir schon da?«
Liv schüttelte den Kopf. »Noch eine halbe Stunde, Tom.«
Er verwandelte sich wieder in einen schüchternen Schuljungen. »Oh ... danke.«
Liv stellte die Heizung etwas schwächer und zog sich die Mütze vom Kopf. Ihre blonde Mähne fiel bis über ihre Schultern herab.
Nachdem wir kreuz und quer durch Heinola gefahren waren - ein Manöver, um etwaige Verfolger abzuschütteln -, verließen wir den Ort auf einer viel kleineren Straße. Die Häuser und Straßenlampen blieben rasch hinter uns zurück, und wir fuhren durch eine tief verschneite Landschaft, in der nur gelegentlich Waldwege von der Straße abzweigten.
Liv kontrollierte weiter, ob hinter uns Scheinwerfer auftauchten, und Tom hörte weiter seine grässliche Musik.
Nach etwa 20 Minuten bogen wir auf einen frisch geräumten befestigten Waldweg ab und folgten ihm zwei bis drei Kilometer weit, bis vor uns ein Haus auftauchte, das plötzlich angestrahlt wurde, als der Wagen sich ihm näherte. Wir mussten durch eine Lichtschranke gefahren sein.
Das Haus hätte aus einem James-Bond-Film stammen können. Vermutlich beobachtete Blofeld uns von drinnen und streichelte dabei seine Katze.
Es war 60 bis 70 Meter lang und sah aus, als habe jemand ein riesiges Stück aus einem modernen Wohnblock herausgeschnitten und auf zwei sechs Meter hohe massive Betonpfeiler gestellt. Val hatte Stil, das musste man ihm lassen.
Auf der Zufahrt gelangten wir unters Haus, wo hohe
Glaswände den Bereich zwischen den Pfeilern abschlossen, so dass eine riesige Garage entstand. Eine zweiflüglige Glasschiebetür öffnete sich, als wir auf sie zufuhren, und schloss sich automatisch wieder.
In der Garage war es überraschend warm, als ich aus dem Mercedes stieg. Die Deckenbeleuchtung war so gleißend hell, dass ich die Augen zusammenkneifen musste, bis sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatten.
Als Liv auf ihren Schlüsselanhänger drückte, öffnete sich im linken Pfeiler eine braune Tür. Tom und ich griffen nach unseren Reisetaschen und folgten ihr in das überheizte Treppenhaus. Ich stellte fest, dass hellbraune Wanderstiefel den Cowboylook abgelöst hatten.
Wir betraten einen riesengroßen Raum mit hoher Decke, der schätzungsweise 30 Meter lang und 20 Meter breit und wie das Apartment in London klinisch weiß und spärlich möbliert war. Unmittelbar rechts neben mir führte eine Tür in die Küche, in
Weitere Kostenlose Bücher