Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
Wohnblocks.
Ich saß an der Schiebetür ganz vorn im Waggon an
einem Fenster und hatte zum Glück eine
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Heizungsöffnung direkt unter meinem Sitz. Wie ich aus dem Reiseführer wusste, würde ich hier mindestens fünf Stunden sitzen, was für meine Jeans erfreulich war.
Hinter mir im Waggon waren etwa ein Dutzend
Mitreisende verteilt, ausschließlich Männer, die meisten mit Tragetaschen, alle mit geschlossenen Augen tief in Gedanken versunken oder sie machten einfach ein
Nickerchen.
Die Schiebetür flog krachend auf, und eine
Mitvierzigerin, die einen viel zu großen grauen
Männermantel trug, kam herein. Über ihrem linken Arm waren ein Dutzend Exemplare einer Boulevardzeitung drapiert. Sie blieb vor mir stehen, sprach mich an und schien mich etwas zu fragen. Ich winkte mit einer höflichen Handbewegung dankend ab, aber sie ließ nicht locker und wurde dabei sehr aufgeregt. Als ich erneut abwinkte und mit meinem freundlichen australischen Lächeln den Kopf schüttelte, griff sie in ihren Mantel und zog den gleichen Quittungsblock heraus, den Mrs.
Griesgram am Fahrkartenschalter benutzt hatte. Nun wurde mir klar, dass sie die Schaffnerin war, die nebenbei auch Zeitungen verkaufte. Wie ich nutzte sie jede sich bietende Verdienstmöglichkeit.
Ich angelte meinen Fetzen Papier aus der Tasche. Sie kontrollierte ihn, grunzte etwas, gab ihn mir zurück und ging mit dem Schlingern des Waggons schwankend zum nächsten Fahrgast weiter, dem sie bestimmt erzählte, der Dorftrottel sei an Bord. Bedachte man, welchen Auftrag ich auszuführen versuchte, hatte sie damit nicht einmal Unrecht.
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Wenig später wurde der Zug langsamer und hielt dann.
In der Dunkelheit konnte ich die Umrisse einer Fabrik mit einem halben Dutzend riesiger Schornsteine erahnen.
Der Haltepunkt hatte nicht mal einen Bahnsteig; die Fabrikarbeiter mussten direkt auf die Gleise aussteigen.
Draußen schienen überall Leute herumzulaufen – sogar zwischen den Waggons.
Der Zug fuhr wieder an und hielt etwa alle zehn
Minuten, um eine weitere Gruppe von Arbeitern
auszuspucken. Nach jedem Halt musste die alte Diesellok sich gewaltig anstrengen, um den Zug wieder in Fahrt zu bringen, und stieß schwarze Rauchwolken aus, die sich rasch mit dem Dreck vermischten, den die Fabriken in die Luft bliesen. Im Vergleich hierzu wirkte das britische Bahnsystem geradezu hochmodern, aber diese Züge
waren wenigstens pünktlich, warm, sauber und
bezahlbar. Vielleicht wäre es keine schlechte Idee gewesen, ein paar estnische Bahnmanager nach England einzuladen, damit sie unseren Jungs erklärten, wie man das machte.
Der Zug schlängelte, ratterte und schlingerte durch eine Industriewüste. Nach etwa einer halben Stunde ging das Licht allmählich aus, und ich saß in völliger Dunkelheit da. Ich beschloss, dem Beispiel meines einzigen noch verbliebenen Mitreisenden zu folgen und etwas zu schlafen.
Es war kurz nach halb zehn, und der Tag war soeben angebrochen. Der Himmel war zu allem anderen passend düster bleigrau. Durch die schmutzigen Scheiben sah ich 461
auf beiden Seiten der Bahnstrecke tief verschneite Bäume, die eine Barriere gegen Schneeverwehungen
bildeten. Hinter ihnen lagen endlos weite absolut ebene Flächen, die mit jungfräulich weißem Schnee bedeckt waren, oder riesige undurchdringliche Wälder. Die Strom- und Telefonleitungen entlang der Strecke hingen unter dem Gewicht des Schnees und der langen
Eiszapfen, die sich an ihnen gebildet hatten, tief durch.
Zwischen den Bahnhöfen fuhr der Zug weiterhin sehr langsam – vielleicht wegen des Wetters, vielleicht auch, weil die Strecke reparaturbedürftig war.
Eine Stunde später, nach einigen weiteren Stopps, begannen die Schokoriegel und die Wurst, die ich
gegessen hatte, sich bemerkbar zu machen. Ich hatte keine Toilettenschilder gesehen und wusste nicht einmal, ob es in diesem Zug Toiletten gab. Falls nicht, würde ich mich rasch im Übergang zwischen zwei Waggons
hinhocken und den Leuten erklären müssen, das sei ein alter australischer Brauch.
Ich ging durch zwei Waggons nach hinten, wobei ich in dem schlingernden Zug von einer Seite zur anderen schwankte, bis ich endlich eine Toilette fand. Sie war genau wie der Rest des Zuges: sehr schlicht, aber sauber und gut geheizt, und sie funktionierte.
Ich riss Unmengen steifes Klopapier von der Rolle ab und warf es ins WC, bis es mehr oder weniger verstopft war. Als ich dann saß, bemühte ich mich, den natürlichen
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