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Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Titel: Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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wartenden
    Fahrgästen, war schwer zu unterscheiden, wer ärmlicher aussah. Alle waren mit Tragetaschen beladen, nicht nur die Obdachlosen, sondern auch die Einsteigenden. Kein Einziger lachte oder lächelte wenigstens. Diese Leute taten mir Leid – vom Kommunismus befreit, aber nicht von der Armut.
    Ich wartete, bis die schwarzen Teams wieder in ihre Geländewagen gestiegen und davongeröhrt waren, dann schlenderte ich in den Bahnhof zurück. Auch nach der 453
    Vertreibung der Penner roch es hier nicht besser, aber im Gebäude war es wenigstens warm. Ich hatte das
    Bedürfnis, etwas für mein Aussehen zu tun. Nach
    längerem Suchen fand ich eine Toilette, wusste aber nicht, ob sie für Männer oder Frauen war. Sie bestand nur aus ein paar WC-Kabinen und zwei unbeschreiblich
    verdreckten Waschbecken, über denen eine schwache Glühbirne flackerte.
    Ich beschloss, aufs Waschen zu verzichten, und
    betrachtete mich im Spiegel. Wider Erwarten war mein Gesicht nicht geschwollen und wies auch keine
    sichtbaren Verletzungen auf, aber mein Haar stand in sämtliche Richtungen ab. Ich ließ Wasser laufen, fuhr mir mit nassen Fingern durchs Haar und sah dann zu, dass ich rauskam, bevor mir vom Gestank auf der Toilette
    schlecht wurde.
    Ich machte einen Rundgang durch den Bahnhof und
    versuchte herauszubekommen, wann Züge abfuhren. Das Informationsangebot war reichhaltig – leider nur auf Estnisch und Russisch. Der Fahrkartenschalter war geschlossen, aber eine innen an die Scheibe geklebte handschriftliche Notiz teilte mit, um 07.00 geschehe hier etwas, wobei ich auf die Schalteröffnung tippte. Ob im Schalterraum eine Uhr hing, konnte ich nicht sehen, weil der verblichene gelbe Vorhang hinter der Scheibe
    zugezogen war.
    An der Scheibe klebten auch mehrere Zettel mit
    Bahnhofsnamen in kyrillischer und lateinischer Schrift.
    Ich entzifferte das Wort Narva und die Zahl 707.
    Zwischen der Schalteröffnung und der Abfahrt meines 454
    Zuges schienen nur sieben Minuten zu liegen.
    Als Nächstes brauchte ich einen Kaffee und die genaue Uhrzeit. Im Bahnhofsgebäude war nichts offen, aber mit etwas Glück gab es draußen irgendwelche Stände für Busreisende. Wo Leute waren, gab es auch Händler.
    Ich fand eine Reihe von Aluminiumkiosken, deren
    Angebot seltsam planlos und unübersichtlich wirkte; in jedem wurde einfach nur Zeug verkauft, von Kaffee bis zu Haarspangen, aber hauptsächlich Alkohol und
    Zigaretten.
    Ich wusste nicht, was mein eingewechseltes Geld wert war, aber es gelang mir, für eine kleine Münze, die vermutlich zwei Pence entsprach, einen Pappbecher Kaffee zu bekommen. Am selben Kiosk spendierte ich mir auch eine neue Armbanduhr in grellem Orangerot, von deren Zifferblatt mich der König der Löwen
    angrinste; wenn ich den Beleuchtungsknopf drückte.
    Seine Pranken ruhten auf der Digitalanzeige, die von der Alten, die den Kiosk betrieb, auf 06.15 Uhr korrigiert wurde.
    Dann stand ich mit meinem Kaffee zwischen zwei
    Kiosken und beobachtete, wie die Straßenbahnen
    Fahrgäste absetzten und aufnahmen. Außer den Leuten, die sich in Warteschlangen anbrüllten, sagte kaum jemand etwas. Diese Menschen waren deprimiert, und das ganze Ambiente des Busbahnhofs schien ihre
    Stimmung widerzuspiegeln. Sogar der Kaffee schmeckte abscheulich.
    Mir fielen Männer auf, die hier und da in kleinen Gruppen zusammenstanden und Flaschen herumgehen
    455
    ließen. Fünf oder sechs Jugendliche, die über bunten Jogginghosen alte Mäntel trugen, lungerten in einem Buswartehäuschen herum, tranken Bier aus
    Halbliterflaschen und rauchten dazu.
    Auf seltsame Weise erinnerte der Busbahnhof mich an Afrika: Hier war alles, selbst die Plastikkämme und -
    spielsachen in den Auslagen der Kioske, ausgebleicht und verzogen. Als ob der Westen seinen Schund ins Meer gekippt hätte und er bei diesen Leuten angetrieben worden wäre. Wie in Afrika hatten sie alles mögliche Zeug – Busse, Züge, Fernsehen, sogar Coladosen –, aber nichts funktionierte wirklich richtig. Im Grunde
    genommen schien das ganze Land »Made in Chad« zu
    sein. Bei meinem Einsatz im Tschad war der Staatsname ein Synonym für Dinge gewesen, die in Ordnung zu sein schienen, aber nach zehn Minuten auseinander fielen.
    Ich dachte wieder über den Überfall auf der Fähre nach. Die Männer auf dem Klo waren bestimmt NSA-Agenten gewesen, aber sie konnten mir nur auf die Spur gekommen sein, indem sie die Buchungen überprüft und dann beschlossen hatten, diesen Kerl namens Davies

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