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Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Titel: Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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Waschzeug oder
    wenigstens eine Zahnbürste zu kaufen. Das hatte Zeit bis später; außerdem wollte ich Estland möglichst schnell wieder verlassen, und hierzulande schienen die Leute ohnehin nicht viel von persönlicher Hygiene zu halten.
    An der Kasse nahm ich mir zwei Plastiktüten, steckte 468
    eine Packung Käsescheiben und zwei Stangensemmeln in die eine und packte meine restlichen Einkäufe in die andere. Beim Hinausgehen stellte ich die kleinere Tüte neben den Alten auf den Pappkarton. Ich hatte ihm keine Kartoffelchips gekauft, denn wie hätte er sie ohne Zähne kauen sollen? Ich wusste, wie es war, bei dieser Kälte stundenlang im Freien zu liegen.
    Meine Hände waren wieder in den Jackentaschen
    vergraben, und die Plastiktüte baumelte so an meinem rechten Handgelenk, dass sie rhythmisch gegen den Oberschenkel schlug, als ich weiterging. Ich machte einen Bogen um einen Hochspannungsmast, der halb auf dem Gehsteig, halb auf dem von einer Mauer umgebenen Gelände einer kleinen Fabrik stand, und sah vor mir weitere Reihen elender Mietskasernen, wie ich sie schon vom Zug aus gesehen hatte. Die Wohnblocks trugen
    keine Namen, sondern nur mit Schablonen aufgebrachte Nummern. Zumindest das hatten die Sozialwohnblocks, in denen ich aufgewachsen war, dieser Siedlung
    vorausgehabt: dort waren alle Gebäude nach Ortsnamen aus Chaucers Canterbury Tales benannt gewesen.
    Ansonsten waren sie sich recht ähnlich: verrottende hölzerne Fensterrahmen und mit Paketband zugeklebte Sprünge in den Fensterscheiben. Das erinnerte mich daran, warum ich mir schon als Neunjähriger
    vorgenommen hatte, alles zu tun, um möglichst schnell aus dieser beschissenen Umgebung rauszukommen.
    Obwohl es erst halb zwei war, hätte die Stadt schon etwas Straßenbeleuchtung brauchen können. Leider gab es hier nicht allzu viele Lampen, die man hätte
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    einschalten können.
    Gut 100 Meter weiter begann das Bild sich zu beleben, als ich an einem riesigen Parkplatz voller Autos und Busse vorbeikam. Leute, die mit allem von Tragetaschen bis zu Koffern beladen waren, verständigten sich
    schreiend, um den Motorenlärm und das Zischen von Druckluftbremsen zu übertönen. Das Ganze erinnerte an einen Fernsehbericht über Flüchtlinge, die einen
    Kontrollpunkt passierten. Je näher ich herankam, desto mehr verstärkte sich mein Eindruck, hier könnte Han Solo auf der Suche nach einem Ersatzteil für sein Raumschiff fündig werden. Hier liefen einige höchst merkwürdige Gestalten herum.
    Ich erkannte, dass dies der Grenzübergang war: die Straßenbrücke nach Russland hinein oder aus dem Nach-barland heraus. Harry Palmer wäre hier Stammgast
    gewesen.
    Der Parkplatz stand voller neuer Audis, alter BMWs und Ladas aller Modelle, Farben und Baujahre. Auffällig waren die vielen Ford Sierras, die merkwürdig deplaciert wirkten. Sie bildeten ganze Flotten. Jetzt wusste ich endlich, wo all die gebrauchten Sierras blieben, die nicht von Minitaxi-Fahrern aufgekauft wurden.
    Geldwechsler betrieben ihr Geschäft an den Rändern des Parkplatzes, und Kioske verkauften allen möglichen Schund, so schnell die Republik Tschad ihn herstellen konnte. Ich ging zu einem grün gestrichenen
    Gartenhäuschen mit einem kleinen Schiebefenster
    hinüber und musste dabei Kühllastern ausweichen, die nach der Zollabfertigung an mir vorbeidonnerten. Wer 470
    nicht rechtzeitig zur Seite sprang, hatte eben Pech.
    Camels, Marlboros und Dutzende von russischen
    Zigarettenmarken waren mit unzähligen Feuerzeugen in allen nur denkbaren Ausführungen innen ans Fenster geklebt. Ein alter Knabe, der mit seinem dunklen Teint und dichten grauen Locken wie ein Zigeuner aussah, zeigte mir seine Liste mit Wechselkursen. Anscheinend gab es ungefähr 12 EEKs, was immer die sein mochten, für einen US-Dollar. Ob der Kurs gut oder schlecht war, wusste ich nicht, aber ich sah, dass die im Fenster ausgestellten Duracell-Batterien nur ein paar EEKs kosten sollten, so dass sie entweder der Gelegenheitskauf des Jahrhunderts oder uralt und längst entladen waren.
    Damit niemand sah, wie viel Geld ich hatte, setzte ich mich auf die Mülltonne hinter dem Kiosk, holte einen warmen Hunderter aus meiner Socke und zog den Stiefel hastig wieder an.
    Nachdem der Alte den Hunderter mit allen möglichen Methoden untersucht und sogar daran gerochen hatte, um sich zu vergewissern, dass er nicht gefälscht war, war er mit seiner harten Währung ebenso zufrieden wie ich mit meinem Packen EEKs. Ich ließ das

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