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Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren

Titel: Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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zu überprüfen. Sobald mein Reisepass aufs Lesegerät gelegt wurde, hatten sie gewusst, dass Davidson an Bord war.
    Die beiden, die mich überfallen hatten, waren vorerst außer Gefecht – aber würden bald andere hinter mir her sein?
    Ich kaufte mir noch einen Kaffee, der mich wärmen würde, einen weiteren Schokoriegel und zwei Dutzend in Folie eingeschweißte Aspirin, um einen klaren Kopf zu bekommen und weniger Schmerzen zu haben. Dann ging 456
    ich auf der Suche nach Landkarten von Kiosk zu Kiosk, während ich die ersten vier Tabletten mit miserablem Kaffee hinunterspülte. Ich fand einen Stadtplan von Narva, aber keine Karte von der Nordostecke des Landes.
    Als ich beim Bezahlen einen Blick auf den König der Löwen warf, sah ich, dass ich mich schon beeilen musste.
    Auf dem Weg zum Fahrkartenschalter klopfte ich den gröbsten Dreck von meinen Jeans ab. Da sie durch meine Körperwärme langsam trockneten, stank ich hoffentlich nicht zu sehr. Wer weiß, vielleicht war es hier verboten, Pennern Fahrkarten zu verkaufen?
    Ich stand als Erster in einer Schlange aus drei
    Wartenden, als der schmuddelige gelbe Schaltervorhang zur Seite gezogen wurde und hinter der dicken Scheibe ein Stahlgitter sehen ließ. Vor mir befand sich eine kleine Mulde, durch die Geld und Fahrkarten geschoben
    wurden. Hinter diesen Befestigungsanlagen funkelte mich eine Mittfünfzigerin an. Sie trug eine Strickjacke und natürlich eine Wollmütze. Wahrscheinlich standen ihre Füße auf einer vollgestopften Tragetasche.
    Ich lächelte. »Narva, Narva?«
    »Narva.«
    »Ja. Wie viel?« Ich rieb Daumen und Zeigefinger
    aneinander.
    Sie griff nach einem kleinen Quittungsblock und
    schrieb Narva und 707 darauf. Das bedeutete offenbar, dass die Fahrt 707 Hertigrats – oder wie das hiesige Geld sonst hieß – kostete, nicht jedoch, dass der Zug um 7.07
    Uhr abfuhr.
    Ich gab ihr einen Tausender. Mit 20 US-Dollar kam 457
    man in diesem Land weit. Sie verließ ihren Platz am Schalter, wühlte in einer Schublade herum, kam zurück und ließ mein Rückgeld und einen hauchdünnen Fetzen Papier in die Mulde gleiten. Ich griff nach dem Zettel, weil ich ihn für eine Art Quittung hielt. »Narva –
    Ticket?«
    Sie murmelte eine unfreundliche Antwort. Völlig
    zwecklos; ich hatte keine Ahnung, wovon sie redete.
    Nach dem Bahnsteig fragte ich gar nicht erst. Ich würde ihn schon finden.

    Auf dem Bahnhof Tallinn schienen alle Linien
    zusammenzulaufen. Er war jedoch nicht mit den
    Londoner Bahnhöfen St. Paneras oder Victoria Station zu vergleichen. Die asphaltierten Bahnsteige vor der Bahnhofshalle waren mit Eisplatten und Schlaglöchern übersät. An manchen Stellen war freiliegender Stahlbeton zerbröckelt und ließ rostige Bewehrungseisen sehen. Die Dieselloks waren alte russische Ungetüme mit einem mächtigen Zyklopenauge als Scheinwerfer; sie schienen alle blau zu sein, aber unter dem vielen Dreck war das schwer zu erkennen. Vorn an jeder Lokomotive hing eine beschriftete Holztafel als Fahrtrichtungsanzeiger; weitere Informationen gab es nicht.
    Ich lief auf und ab, schlängelte mich durchs Gedränge und hielt Ausschau nach dem Wort Narva. Schließlich fand ich den richtigen Zug, brauchte aber noch eine Bestätigung von einem meiner Freunde mit den
    Tragetaschen.
    »Narva, Narva?«
    458
    Der Alte starrte mich an, als sei ich ein Außerirdischer, und murmelte etwas, ohne seine Zigarette aus dem
    Mundwinkel zu nehmen, so dass die Glut auf und ab tanzte. Dann ging er einfach weiter. Aber er nickte wenigstens noch, als ich fragend auf den Zug deutete.
    Ich ging den Bahnsteig entlang und suchte einen leeren Wagen, den es natürlich nicht gab. Also stieg ich trotzdem ein und ließ mich in der ersten freien
    Dreiersitzreihe nieder, die ich fand. Der Waggonboden bestand nur aus nackten zusammengeschweißten
    Stahlplatten, und die tiefen Sitze aus Stahlblech wiesen lediglich zwei kleine, dünne Vinylpolster auf: eines für den Rücken, eines für den Hintern. In der Wagendecke brannten ein paar Vierzigwattbirnen, und damit mussten wir zufrieden sein. Alles sehr schlicht, alles sehr funktional, aber erstaunlich sauber im Vergleich zu dem Chaos, das im Bahnhofsgebäude herrschte. Und der
    Waggon war zumindest warm.
    30
    Die Räder ratterten rhythmisch über die Gleise, während ich in die Dunkelheit hinausstarrte. Von der Landschaft war nichts zu erkennen; ich sah nur Lichter von
    Gebäuden, die ich für Fabriken hielt, und von endlosen Reihen gefängnisartiger

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