Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
PlayStation, um die herum Computerspiele verstreut lagen, und den ältesten PC der Welt. Das beige Kunststoffgehäuse war nachgedunkelt und schmutzig, und seine Lüftungsschlitze waren schwarz wie von
Dieselabgasen. Die Tastatur war so abgenutzt, dass ihre Zahlen und Buchstaben kaum noch zu erkennen waren.
Nicht die beste Ausstattung für einen Hightech-Mann, aber aus meiner Sicht erfreulich. Hätte Tom klotzig 178
verdient und in einem Penthouse gewohnt, wäre es viel schwieriger gewesen, ihn zum Mitmachen zu überreden.
Geldnot bringt Leute dazu, Dinge zu wagen, an die sie normalerweise nicht im Traum gedacht hätten. Auf
diesem Gebiet war ich sozusagen Experte.
Wir standen beide da, und ich merkte ihm seine
Verlegenheit an. Ich brach als Erster das Schweigen. »Du setzt Teewasser auf, Kumpel, und ich zünde inzwischen den Kamin an, okay?«
Er ging in die winzige Küche nebenan, und ich hörte, wie er Münzen in den Gaszähler warf und den Hahn
aufdrehte, damit wir Gas bekamen. Während er den
Teekessel füllte, warf ich die Reisetasche mit meinem Geld aufs Sofa und versuchte den Kamin in Gang zu bringen. Ich musste mehrmals den Zündknopf drücken, bevor das Gas sich mit einem dumpfen whummph!
entzündete.
Mir gegenüber stand eine weitere Tür eine Handbreit offen. Bis ins Schlafzimmer waren die Selbstbaumöbel von MFI noch nicht vorgedrungen. Auf dem Fußboden lag eine Matratze, deren zurückgeschlagene Steppdecke gefährlich dicht neben einem Propangasstrahler lag. Der einzige weitere Einrichtungsgegenstand schien ein auf dem Boden stehender Digitalwecker zu sein. Für mich ein heimeliger Anblick.
Wo die Toilette sich befand, war nicht zu erkennen, aber ich vermutete sie irgendwo auf der anderen Seite der Küche; wahrscheinlich war sie sogar Teil der Küche. Ich blieb zunächst vor dem Gasfeuer hocken, um mich etwas aufzuwärmen.
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»Hey, was treibst du heutzutage, Tom? Noch immer in der Computerbranche?«
Nun gab er endlich ein Lebenszeichen von sich. Ich hatte ihn nicht zusammengeschlagen; ich schien mich sogar für sein Lieblingsthema zu interessieren. Er steckte seinen dicken Kopf ins Wohnzimmer. Ich hatte
vergessen, wie er ihn gockelhaft vor und zurück bewegte, wenn er angab.
»Yeah, ich hab ein paar Eisen im Feuer, wenn du
weißt, was ich meine. Spiele, damit wird heutzutage Geld verdient, Kumpel. Ich kenn ein paar wichtige Leute in der Branche, die scharf auf meine Ideen sind. Ganz scharf, wenn du weißt, was ich meine.«
Ich kniete weiter vor dem Kamin und rieb meine
Hände über den Flammen. »Das freut mich echt für dich, Tom.«
»Yeah, mir geht’s klasse. Hier bin ich bloß vorläufig, bis ich mich entschieden habe, an wen ich meine Idee verkaufen will. Dann wird groß abkassiert. Als Erstes kaufe ich mir ein Haus – bar, versteht sich –, dann steige ich selbst ins Geschäft ein. Du weißt, was ich meine?«
Ich nickte, denn ich wusste genau, was er meinte. Er hatte kein Geld, keinen Job und redete wie immer lauter Scheiß. Was ich ihm zu erzählen hatte, würde ihm
gefallen.
Sein Kopf verschwand wieder in der Küche, und ich hörte, wie Geschirr abgewaschen wurde. Als ich mich aufrichtete, um zum Sofa hinüberzugehen, sah ich auf dem Kaminsims einen Stapel weißer Briefkarten liegen.
Die beiden oberen trugen Lippenstiftküsse und eine 180
handgeschriebene Mitteilung: Ich hoffe, mein getragener Slip gefällt dir. Alles Liebe – Juicy Lucy xx. Ich griff nach der obersten Karte. Wenigstens der Lippenstift war echt.
Auf dem Weg zum Sofa hinüber erhob ich meine
Stimme. »Wie lange bist du schon mit Janice
zusammen?«
»Irgendwie hat’s sich ergeben, dass sie vor ein paar Monaten eingezogen ist.«
»Was macht sie so?«
»Sie arbeitet als Teilzeitkraft bei Tesco; auch
Gelegenheitsjobs, weißt du.« Er steckte seinen Kopf wieder aus der Tür. »Zucker?«
»Danke, nur etwas Milch.«
Tom kam mit zwei Bechern Tee herein und stellte sie auf den nicht gerade sauberen Teppichboden. Während ich auf dem Sofa saß, setzte er sich mit dem Gesicht zu mir vor dem Gaskamin auf den Boden und stellte mir meinen Becher hin. Ich sah, dass er seinen Tee ohne Milch trank.
Ich beobachtete, wie er zur offenen Schlafzimmertür hinübersah und sich Sorgen machte, ob ich etwa gesehen hatte, was dahinter lag. Wir griffen beide gleichzeitig nach unseren Bechern.
»Mach dir deswegen keine Sorgen, Kumpel. Ich habe meine ganze Kindheit in solchen Buden verbracht.
Vielleicht kann ich dir
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