Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
ungeputzten Bildschirm, als denke er an den bonbonfarbenen Power Mac und den dazu
passenden Laptop iMac, die er sich von seinem Anteil 184
würde kaufen können.
»Wenn wir ankommen, ist schon alles vorbereitet,
Tom. Sie wissen, wo der Computer steht; du brauchst nur noch auf den Speicher zuzugreifen und das Zeug
runterladen. Nicht stehlen, hörst du, nur runterladen.
Leicht verdientes Geld.«
Ich war auf alles gefasst, falls Gott rechtzeitig aufgewacht war, um diese letzte Behauptung zu hören.
Tom wirkte unschlüssig, deshalb sprach ich hastig weiter, bevor Gott erwachte oder Janice nach Hause kam. »Jetzt weißt du so viel wie ich, Kumpel. Beim Geld machen wir halbe-halbe. Hundertdreißig Riesen, vielleicht auch mehr, wenn wir schnell arbeiten. Das ist ein verdammter Haufen Geld, Tom.« Ich machte eine Pause, damit er Zeit hatte, sich einen Schubkarren voller Zehner vorzustellen.
Fünfzehn Sekunden mussten reichen. »Die Chance
deines Lebens, Tom.« Ich redete wie ein gewiefter Vertreter. »Nutzt du sie nicht, tut’s ein anderer.«
Ich lehnte mich auf dem Sofa zurück, um zu
signalisieren, dass das Verkaufsgespräch zu Ende war.
Ließ er sich nicht durch Überredung einseifen, würde die nächste Stufe aus massiver Einschüchterung bestehen, bis er zustimmte, nach Finnland mitzukommen.
»Weißt du bestimmt, dass die Sache sicher ist, Nick?
Ich meine, dass man dafür nicht eingebuchtet werden kann? Das will ich nicht wieder. Hier geht’s mir gut, verstehst du? Und ich verdiene bald die große Kohle.«
Die Mitteilung, dass ich genau wusste, dass er mir Scheiß erzählte, würde warten müssen, bis ich massiv wurde. »Hör zu, Kumpel, selbst wenn die Sache illegal 185
wäre, besteht bei solchen Jobs keine Gefahr, eingebuchtet zu werden. Überleg mal: Würden diese Leute wirklich zur Polizei gehen, wenn sie entdecken, dass du alles über ihren beschissenen Kopierer rausgekriegt hast? Den Teufel würden sie tun! Denk an ihre Aktionäre, an die schlechte Publicity. So läuft das nicht, Kumpel. Verlass dich auf mich. Was dir damals passiert ist, war eine andere Sache. Das waren Staatsgeheimnisse.« Ich konnte meine Neugier nicht beherrschen. »Bei was haben sie dich übrigens damals in Menwith erwischt?«
Er begann nervös zu werden. »Nein, Kumpel, darüber red ich nicht. Ich hab meine Strafe abgesessen und red mit keinem darüber. Ich will nicht wieder eingebuchtet werden.« Er klang wie eine alte Schallplatte mit einem Sprung.
Tom war hin und her gerissen. Ich wusste, dass ihn das Geld lockte, aber er kämpfte darum, zu einer
Entscheidung zu kommen. Zeit für eine neue Masche.
»Hör zu, warum kommst du nicht einfach mit und siehst dir die Sache an? Gefällt sie dir nicht, kannst du gleich wieder heimreisen. Ich versuche nicht, dein Leben zu ruinieren, Kumpel. Ich versuche nur, uns beiden einen Gefallen zu tun.«
Er verlagerte sein Gewicht von einer Arschbacke auf die andere. »Ach, ich weiß nicht … Das wäre Janice nicht recht.«
Ich rutschte bis an den Sofarand nach vorn und sprach im Verschwörertonfall weiter. »Janice braucht nichts davon zu erfahren. Du sagst einfach, dass du nach Schottland musst. Kein Problem.« Das Zischen des
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Gaskamins war deutlich lauter als mein Flüstern. Ich beschloss, ihm einen zusätzlichen Anreiz zu geben. »Wo ist hier die Toilette, Tom?«
»Durch die Küche rechts.«
Ich stand auf und nahm meine Reisetasche mit.
»Nichts gegen dich«, sagte ich. »Arbeitsunterlagen, weißt du.«
Er nickte, aber ich wusste nicht, ob er das verstand oder nicht, denn ich verstand es nicht.
Ich ging auf die Toilette. Wie ich vermutet hatte, gehörte sie eigentlich zur Küche und war mit
Gipskartonplatten abgetrennt, damit der Vermieter einen weiteren Raum angeben und der Sozialhilfe ein
Vermögen für die hier wohnenden Leute abknöpfen
konnte. Ich setzte mich auf die Schüssel und zählte sechs Riesen in Hundertern ab. Als ich sie eben einstecken wollte, ermahnte ich mich zur Besonnenheit und legte zwei Riesen in meine Reisetasche zurück. Dann zog ich ab und begann zu reden, sobald ich ins Wohnzimmer kam.
»Ich weiß nur, dass der Job einfach ist. Aber ich brauche dich dafür, Tom, und wenn du ehrlich bist, brauchst du das Geld so dringend wie ich. Pass auf, ich zeige dir, was ich für dich tun kann.«
Ich griff in meine Tasche, zog die vier Riesen heraus und achtete darauf, sie mit der anderen Hand
aufzufächern, damit sie besonders attraktiv wirkten.
Er
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