Nick Stone - 03 - Verbrannte Spuren
in den Herrn seines Universums verwandelt, dessen Hände sich rasch, zielbewusst und gebieterisch über die Tastatur bewegten. Sogar sein Tonfall hatte sich verändert, als er mir auseinander setzte, was er vorhatte.
»Tom, glaubst du, dass du’s schaffst, diesen Firewall zu durchbrechen?« Der Bildschirm mit seinen
wechselnden Zahlen, Buchstaben und Symbolen erschien mir völlig chaotisch.
»Kein Drama, Kumpel. Kein Drama.«
Ich sah zu dem Loch in der Wandverkleidung hinüber.
»Noch eine letzte Frage.«
Sein Blick blieb auf den Bildschirm gerichtet. »Ja?«
Aber ich hatte mir die Sache anders überlegt. »Ich 225
gehe einen Kaffee trinken. Kommst du mit?«
»Nö, Kumpel, ich bleibe lieber hier. Ich hab zu tun, verstehst du?«
Ich ließ ihn an seinem Computer sitzen. Mich
interessierte, weshalb die Wände mit Bleifolie verkleidet waren, und Tom hätte vielleicht eine Erklärung dafür gewusst, aber wozu sollte ich riskieren, dass er in Panik geriet? Je weniger er wusste, desto besser.
16
Nachdem es mir nicht gelungen war, in meinem Zimmer einen Telefonanschluss zu finden, betrat ich den
Wohnbereich. Hier brannte noch Licht, aber der Raum war leer, und das Kaffeegeschirr war abgetragen worden.
Auf dem Glastisch lag nur ein dickes kartoniertes Buch.
Ich machte einen langsamen Rundgang und hielt dabei Ausschau nach Telefonsteckdosen, konnte aber keine entdecken. Auch in der Küche waren keine zu finden.
Da ich in den Gipskartonplatten der Wandverkleidung kein weiteres Loch sah, hinter dem ich nach Bleifolie hätte suchen können, entschied ich mich für eine andere Methode. Ich ging zu den wandhohen Jalousien hinüber und stieß eine der weißen Lamellen an. Sie bewegte sich nicht und war sehr hart und schwer.
In die Wand neben der Jalousie war ein Schalter
eingelassen, und man brauchte kein Genie zu sein, um zu erraten, wozu er diente. Als ich ihn betätigte, begann über 226
mir in der Decke ein Motor zu summen. Ich beobachtete, wie die Jalousie sich von der Mitte aus zu öffnen begann.
Draußen war es dunkel, aber das aus dem Wohnbereich fallende Licht zeigte mir hinter den Schiebetüren mit Dreifachverglasung einen langen schmalen Balkon.
Jungfräulicher Schnee, der einen Meter hoch lag, war vom Wind bis ans Glas geweht worden. Etwas weiter draußen waren die Wipfel einiger verschneiter Kiefern sichtbar, aber dahinter lag nur pechschwarze Dunkelheit.
Ich drehte mich um, als ich hinter mir nackte Füße herankommen hörte. Liv, die nur noch sechs oder sieben Schritte von mir entfernt war, trug einen seidenen blauen Morgenmantel, der ihr nur knapp bis zu den Knien
reichte und bei jedem Schritt einen ihrer Oberschenkel sehen ließ.
Noch zwei rasche Schritte, dann griff sie an mir vorbei und betätigte den Schalter für den Elektroantrieb der Jalousie. Sie roch, als käme sie gerade aus der Dusche.
Der Motor surrte, und die Jalousie begann sich wieder zu schließen. Liv trat einen Schritt zurück. »Nick, die Jalousien müssen immer geschlossen sein, wenn Tom an dem Computer arbeitet.« Sie deutete zu den Sofas hi-nüber. »Wollen wir uns nicht setzen?«
Ich folgte Liv, als sie den Raum durchquerte. Sie beobachtete meinen raschen Blick zu den Jalousien hinüber und erriet, was ich sagen wollte. »Ja, Nick, bevor Sie danach fragen – die Lamellen sind mit Blei gefüttert.
Das gesamte Haus ist mit Blei ummantelt. Valentin will nicht, dass die Konkurrenz erfährt, was er macht. In seiner Branche werden Millionen von Dollar für die 227
Beschaffung von Informationen über die Konkurrenz ausgegeben. Er sorgt dafür, dass dieses Geld vergeudet ist, sofern es für seine Bespitzelung ausgegeben wird.
Valentin kennt den wahren Wert von Informationen –
nicht in Form von Geld, sondern in Form von Macht.«
»Deshalb gibt es hier auch keine Telefone?«
Die Jalousie schloss sich, als wir uns auf den Sofas einander gegenüber setzten. Als Liv ihre Beine hochzog und neben sich anwinkelte, zeichnete die weich fließende Seide die Konturen ihres Körpers nach.
»Bitte, Nick, sagen Sie’s auch Tom? Das gehört hier zur Hausordnung.«
»Kein Problem. Aber tun Sie mir dafür Ihrerseits einen Gefallen? Alles wäre viel einfacher, wenn Sie Tom nichts von der Maliskija oder meinem Deal mit Valentin
erzählen würden. Er neigt dazu, sich unnötig Sorgen zu machen, und ich möchte, dass er sich auf seine Arbeit konzentriert.« Er durfte auf keinen Fall von ihr erfahren, um wie viel Geld es wirklich
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