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Nick Stone - 04 - Eingekreist

Nick Stone - 04 - Eingekreist

Titel: Nick Stone - 04 - Eingekreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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und rammte den Gewehrlauf durchs glaslose
    Fenster ins Wageninnere. Die Mündung war keine
    Handbreit von dem blutigen, mit Glassplittern
    bedeckten und verwirrten Gesicht der Zielperson
    entfernt.
    Ich spürte den Druckpunkt unter meinem
    Zeigefinger, der sich jedoch nicht weiter krümmen
    wollte. Irgendetwas hinderte mich daran, einfach
    abzudrücken.
    Scheiße, drück endlich ab!
    Die Mündung folgte seinem Kopf, als er sich
    benommen auf die Seite wälzte. Sie steckte jetzt fast in seinem Ohr. Ich hob sie leicht, damit sie auf den
    Oberrand der Ohrmuschel zielte.
    Noch immer passierte nichts; mein Zeigefinger wollte sich nicht bewegen. Was zum Teufel war los mit mir?
    KOMM SCHON, DRÜCK ENDLICH AB! DRÜCK
    ENDLICH AB!
    Aber ich konnte nicht, und in diesem Augenblick
    erkannte ich auch, warum. Eisige Angst durchzuckte
    426
    meinen Körper.
    Mein Gehirn blendete fast alles um mich herum aus,
    aber es ließ mich laute Schreie hören; ich drehte mich um und sah nur teilweise bekleidete Männer mit Waffen in den Händen aus dem Haus stürmen.
    Ich zog den Gewehrlauf aus dem Wagen, griff durchs
    Beifahrerfenster und zog dem Leibwächter das Handy
    aus der Gürtelhalterung. Dann riss ich die verbeulte Autotür auf und bekam eine Hand voll Anzug zu fassen.
    Ich zerrte den benommenen Charlie aus dem Wagen
    und stieß ihn vor mir her auf die andere Seite des noch stehenden Mauerstücks. »Los, los, weiter!«
    Als ich ihm in die Kniekehlen trat, fiel er vor mir auf alle viere. Ich wich ein Stück zurück und zielte auf seinen Kopf. »Können Sie mich hören?«
    Das Geschrei kam näher. Ich trat ihn in die Rippen.
    »Sorgen Sie dafür, dass das Steuersystem für die
    Raketen …«
    »Was ist mit euch Leuten los?« Er hustete, während
    ihm Blut übers Kinn lief, und hob nicht den Kopf, als er aufgebracht antwortete, ohne die geringste Angst
    erkennen zu lassen. »Es ist letzte Nacht ausgeliefert worden! Ihr habt das Steuersystem – ihr habt alles ! Die Sunburn ist komplett und einsatzfähig. Was wollt ihr noch mehr?«
    »Ausgeliefert? Es ist bereits ausgeliefert?«
    Er sah zu mir auf. Sein Blick folgte dem Auf und Ab des Gewehrlaufs, während wir beide nach Atem rangen.
    »Letzte Nacht! Ihr droht mir damit, meinen Sohn zu
    ermorden, wenn das System nicht bis morgen geliefert 427
    wird, ihr bekommt es vorzeitig, und trotzdem …«
    Charlie machte eine Pause, als er meine offenkundige Verwirrung sah. »Weiß bei euch die Rechte nicht, was die Linke tut?«
    »Am Dienstag war der Kerl in dem rosa Hawaiihemd
    hier – hat er’s mitgenommen?«
    »Natürlich!«
    »Warum sollte ich Ihnen glauben?«
    »Was Sie glauben, ist mir egal. Der Deal ist
    abgeschlossen, und trotzdem bedrohen Sie mich und
    meine Familie … Denken Sie an unsere Vereinbarung –
    keine panamaischen Ziele. Warum ist das System noch hier? Ihre Leute haben gesagt, es würde sofort nach Kolumbien gebracht und nicht hier eingesetzt werden.
    Wissen Sie, wer ich bin? Wissen Sie, wie ich mich an Ihnen rächen kann?«
    »Vater!« Michael, der sich aufgerappelt hatte, starrte uns entsetzt an. »Nicht schießen – bitte, erschießen Sie ihn nicht. Bitte! «
    Charlie rief ihm etwas auf Spanisch zu – vermutlich forderte er ihn zum Weglaufen auf –, dann fixierte er wieder mich. »Also, Engländer, was nun? Ihre Leute
    haben bereits, was Sie hier holen wollen.«
    Ich schlug mit dem Gewehrkolben zu und traf ihn
    seitlich am Hals. Als Charlie sich mit einem Aufschrei zusammenrollte, warf ich mich herum und rannte den
    Waldrand entlang zu meinem Rucksack. Ich riss ihn mit meiner freien Hand hoch, warf einen Blick über die
    Schulter und sah, wie Michael auf seinen Vater zuhinkte, während hinter ihnen Männer und Fahrzeuge
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    herankamen.
    Das war ein Problem. Michael war ein richtiger
    Mensch. Er war ein Junge, der sein Leben noch vor sich hatte, keine der schemenhaften Gestalten, mit denen ich bisher zu tun gehabt hatte – die Art Zielperson, die ich ohne Gewissensbisse liquidiert hätte.
    Ich stürmte in den Dschungel, zerfetzte Wart-ein-
    Weilchen und achtete nicht darauf, ob ich Spuren
    hinterließ. Im Augenblick wollte ich nur weg von hier und so schnell wie möglich hinter dem Dschungelwall verschwinden.
    Dornen zerfetzten mir die Haut, und meine Kehle war so ausgedörrt, dass jeder Atemzug schmerzte. Aber all das spielte keine Rolle; wichtig war nur, von hier
    wegzukommen.
    Der Tumult hinter mir verstummte allmählich; er
    wurde vom Dschungel aufgesogen, als

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