Nick Stone - 04 - Eingekreist
Cruisers wahr. Wenige
Schritte später waren wir im Freien.
Der Regen prasselte weiter auf uns herab, als wir
Carrie in das Fahrzeug luden. »Du musst hinten bei
deiner Mom bleiben und sie festhalten, damit sie nicht rausfällt, falls wir über einen Buckel fahren, okay?«
515
Damit würde es keine Probleme geben. Carrie zog
ihre Tochter an sich und schluchzte leise in ihr nasses Haar.
Als ich sehr langsam zur Rückseite des Hauses
zurückfuhr, drang das Scheinwerferlicht durch den
Regen und wurde von dem blauen Rumpf und der
Verglasung der Huey reflektiert. Ihre Rotoren hingen trübselig herab, als seien sie wegen des Wetters
deprimiert.
Luz redete noch immer beruhigend auf Carrie ein, als wir an der Tür des Lagerraums hielten. Es dauerte
länger als erwartet, sie ins Haus zu schaffen. Ich
beförderte dabei Konservenbüchsen mit dem Fuß zur
Seite, weil ich wusste, dass hier niemand mehr war, den wir alarmieren konnten. Wir watschelten mit der Trage in den hell beleuchteten Computerraum. Mit
klatschnasser, blutbefleckter Kleidung,
Hautabschürfungen, am Kopf klebenden Haaren, rot
geweinten Augen und über und über mit abgefallenem
Laub bedeckt befand Carrie sich in trauriger Verfassung.
Als wir die Trage in der Nähe der beiden PCs
absetzten, sah ich zu Luz hinüber. »Ich möchte, dass du die Ventilatoren abstellst.«
Sie wirkte leicht verwirrt, stand aber wortlos auf, um sie abzustellen. Die Ventilatoren hätten die Verdunstung beschleunigt und Carrie frösteln lassen. Sie war ohnehin in Gefahr, in einen Schockzustand zu geraten.
Als Luz wegging, zog mich Carrie zu sich herab und
flüsterte drängend: »Weißt du bestimmt, dass er tot ist, ganz bestimmt? Ich muss es wissen … bitte.«
516
Während Luz auf dem Rückweg war, sah ich Carrie
ins Gesicht und nickte wortlos. Es gab keine
dramatische Reaktion; sie ließ mich nur los und sah starr zu den langsamer werdenden Ventilatoren auf.
Ich konnte nichts tun, um ihr über ihren Kummer
hinwegzuhelfen, aber ich konnte etwas gegen die
körperlichen Schmerzen tun. »Bleib bei deiner Mom, sie braucht dich.«
Der Erste-Hilfe-Koffer lag noch im Regal, aber
jemand hatte ihn geöffnet und den Inhalt teilweise
verstreut. Ich suchte alles zusammen, warf es wieder in den Koffer, kniete damit neben der Treppe nieder und begann nach etwas Brauchbarem zu wühlen. Carrie
hatte Blut verloren, aber ich konnte keinen Tropf und keine Plasmaflasche finden.
»Luz? Ist das euer einziger Erste-Hilfe-Koffer?«
Sie nickte und hielt weiter die rechte Hand ihrer
Mutter umklammert. Ich vermutete, dass sie sich darauf verlassen hatten, nach einem Unfall oder bei schwerer Krankheit von einem Hubschrauber abgeholt zu werden.
Heute Nacht war das nicht möglich, nicht in diesem
schweren Gewitter – aber zumindest hielt es uns Charlie vom Hals. Solange es in Strömen goss, konnte er nicht zurückfliegen, um festzustellen, weshalb die Verbindung zu seinen Männern abgerissen war.
Zum Glück hatte ich das Dihydrocodein unter einem
der Regale gefunden. Auf dem Etikett wurde als Dosis
»bei Bedarf eine Tablette« empfohlen, aber sie würde drei bekommen – und ein Aspirin, das ich aus der Folie drückte. Ohne dass ich sie dazu auffordern musste,
517
kündigte Luz an, sie werde eine Flasche Evian aus dem Lagerraum holen.
Carrie schluckte die Tabletten bereitwillig, denn ihr lag sehr daran, irgendetwas zu bekommen, das ihre
Schmerzen lindern konnte. Nach dieser Hammerdosis
würde sie bald einen Feenreigen mittanzen, aber im
Augenblick sah sie noch auf die Wanduhr. »Nick,
morgen um zehn …« Sie wandte sich mit bittender
Miene an mich.
»Erst das Wichtigste.«
Ich riss das knisternde Zellophan von einer
Elastikbinde und fing an, den Gürtel und die um ihre Füße zusammengeknoteten Sweatshirtärmel durch diese Binde zu ersetzen. Ihre Füße mussten stabilisiert
werden. Wenn ich damit fertig war, mussten wir von
hier verschwinden, bevor Charlie seine Hubschrauber starten lassen konnte. Selbst wenn der Regen erst
aufhörte, während wir nach Chepo unterwegs waren,
konnten die Hueys uns noch leicht einholen.
»Die Klinik in Chepo, wo liegt die?«
»Das ist nicht wirklich eine Klinik, sondern eine
Ambulanz des Friedenskorps, die …«
»Können sie operieren?«
»Ich denke schon.«
Ich drückte ihre Fußsohlen und Zehen und
beobachtete, wie der Abdruck ein bis zwei Sekunden
lang sichtbar blieb, bevor ihr Blut zurückkam.
»Zweitausend
Weitere Kostenlose Bücher