Nick Stone - 04 - Eingekreist
bevorstand. Die dunklen Wolken hatten sich nicht völlig verzogen, und in der Ferne war noch immer Donnergrollen zu hören.
Als ich um eine leichte Kurve bog, wurde ein
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Gittertor sichtbar, das die Straße ungefähr vierhundert Meter vor mir absperrte. Es war in eine hohe, weiß
gestrichene Mauer eingesetzt, die rechts und links im Dschungel verschwand. Sobald ich kontrolliert hatte, dass ich im Prinzip weiter nach Westen unterwegs war, wurde es Zeit, wieder in Deckung zu verschwinden. Ich arbeitete mich langsam in den Dschungel vor und bog die Äste und Wedel vorsichtig zur Seite, statt einfach hindurchzubrechen. Ich wollte keine von der Straße aus sichtbaren Zeichen hinterlassen, die verraten könnten, wo ich im Dschungel verschwunden war. Zum Beispiel
zeigen Gummibaumblätter oder Farnwedel
normalerweise nicht ihre hellere Unterseite; das tun sie nur, wenn etwas oder jemand sie im Vorbeistreifen aus ihrer natürlichen Lage gebracht hat. Irgendwann drehen sie sich wieder, damit ihre dunkle Oberseite Licht
aufnehmen kann, aber bis dahin ist das für einen
geschulten Beobachter so eindeutig, als hätte man seine Geschäftskarte hinterlassen. Ich hatte keine Ahnung, ob diese Leute clever genug waren, um solche Dinge im
Vorbeifahren zu bemerken, aber ich wollte nichts
riskieren.
Unter dem Laubdach kam ich mir wie in einem
Dampfkochtopf vor; die Feuchtigkeit kann nicht
verdunsten und sorgt dafür, dass sich die Lunge
ziemlich anstrengen muss. Ich bekam weiter
Regenwassergüsse ab, als unsichtbare Vögel aus dem
Geäst über mir aufflogen.
Als ich von der Straße aus ungefähr dreißig Meter in gerader Linie zurückgelegt hatte, machte ich Halt, um 206
auf den Kompass zu sehen. Von hier aus wollte ich
wieder nach Westen marschieren und versuchen, die
Umfassungsmauer zu erreichen. Hatte ich sie nach einer Stunde nicht gefunden, würde ich nochmals Halt
machen, umkehren und es erneut versuchen. Es würde
sehr leicht sein, »geographisch in Verlegenheit zu
kommen«, wie es beschönigend hieß: Im Dschungel
lautet die goldene Regel, dass man sich unbedingt auf seinen Kompass verlassen und alles ignorieren muss, was der Instinkt einem sagen mag. Ungefähr sieben bis acht Meter vor mir bildete der Dschungel eine grüne Wand, auf die ich mich konzentrieren würde, während ich nach Westen vordrang, um etwaige Bewacher
aufzuspüren und das Haus zu finden.
Als ich mich in Bewegung setzen wollte, spürte ich, dass mich etwas am Ärmel festhielt, und merkte, dass ich auf den ersten Klumpen Wart-ein-Weilchen gestoßen
war. Das ist eine dicht mit winzigen Dornen besetzte fadendünne Ranke, die sich wie eine Brombeerranke an Haut und Kleidung festklammert. In jedem Dschungel, den ich kannte, gab es dieses Zeug massenhaft. Hing man daran fest, konnte man sich nur losreißen.
Versuchte man, einen Dorn nach dem anderen zu lösen, wurde man ewig aufgehalten.
Ich bahnte mir weiter meinen Weg. Ich musste das
Haus vor Einbruch der Dunkelheit erreichen, um es
unter halbwegs guten Sichtbedingungen erkunden zu
können. Außerdem wollte ich nicht bei Nacht im
Dschungel herumirren: Dann würde ich die
morgendlichen Treffs verpassen und meine Zeit damit 207
vergeuden, auf den Mittagstreff zu warten, statt mich auf meinen Auftrag vorzubereiten.
So war ich ungefähr eine halbe Stunde lang in
ansteigendem Gelände nach Westen unterwegs und
musste mich häufig von Wart-ein-Weilchen befreien.
Dann machte ich eine Pause und lehnte mich an einen Baum, um wieder zu Atem zu kommen und auf den
Kompass zu sehen. Was für ein Baum das war, wusste
ich nicht; aus irgendeinem verrückten Grund konnte ich Mahagonibäume sicher identifizieren, und dies war
keiner. Meine Hände waren jetzt mit Kratzern und
kleinen Schnittwunden bedeckt, die wie Wespenstiche brannten.
Ich marschierte weiter und dachte dabei über die
bevorstehende Zielerkundung nach. Unter idealen
Bedingungen hätte ich mir die Zeit genommen, den
Tageslauf der Zielperson zu studieren, um Ort und
Zeitpunkt meines Anschlags selbst bestimmen zu
können; dann wären alle Vorteile auf meiner Seite
gewesen. Aber dafür fehlte mir die Zeit, und was
Michael Chois Bewegungen betraf, hatte ich von Aaron nur erfahren, dass er irgendwann in dieser Woche
wieder sein Studium aufnehmen würde.
Jemanden zu liquidieren ist ganz leicht; schwierig ist nur, anschließend nicht geschnappt zu werden. Ich
musste die leichteste Möglichkeit finden, ihn umzulegen, um
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