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Nick Stone - 04 - Eingekreist

Nick Stone - 04 - Eingekreist

Titel: Nick Stone - 04 - Eingekreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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was ich meinte.
    Erstreckt sich eine Bedrohung auf Frau und Kinder
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    eines Mannes, verändert sie automatisch seine
    Betrachtungsweise.
    Ich musste diesem Typen Vertrauen einflößen, statt
    ihn weiter zu ängstigen. »Ich weiß, was ich tue, und wir müssen ihn vorläufig mitnehmen. Sobald wir weit genug weg sind, laden wir ihn irgendwo ab, wo er nie gefunden wird.«
    Oder jedenfalls nicht vor Samstagmorgen, soweit ich betroffen war.
    Danach folgte eine lange, unangenehme Pause,
    während wir auf der Asphaltstraße durch den Dschungel weiterfuhren und zuletzt die Geisterstadt Clayton
    erreichten. Die Scheinwerfer des Mazda beleuchteten verlassene Häuser und Unterkünfte, leere Straßen und Kinderspielplätze. Clayton wirkte nachts noch
    gespenstischer, als habe der letzte amerikanische Soldat das Licht ausgemacht, bevor er Fort Clayton und
    Panama endgültig verließ.
    Als wir um eine Ecke bogen, konnte ich einige
    Kilometer von uns entfernt die auf hohen Masten
    montierten Scheinwerfer der Schleusenbeleuchtung
    sehen, die eine riesige Insel aus Licht entstehen ließen.
    Die nach rechts weisenden Aufbauten eines voll
    beladenen Containerschiffs waren nur halb sichtbar, während es in der Schleusenkammer darauf wartete,
    dass das Wasser einströmte und seine riesige Masse
    hob.
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    Ich war zu erledigt, um mir über irgendwas Sorgen zu machen, aber Aaron war hochgradig nervös. Seine linke Hand konnte nicht aufhören, sein Gesicht zu berühren oder es zu reiben. Er schaute immer wieder in seinen Innenspiegel, als versuche er den Toten im Laderaum zu sehen, obwohl das auf Grund der stockfinsteren Nacht unmöglich war.
    Wir fuhren jetzt neben einem sehr breiten, tiefen U-förmigen Regenwasserkanal her. Ich ließ Aaron anhalten und das Licht ausmachen. Er wandte sich mir erstmals zu; wahrscheinlich hoffte er, wir würden etwas wegen der Leiche unternehmen.
    Ich nickte zu den Lichtern hinüber. »Ich muss mich
    waschen, bevor wir wieder unter Leute kommen.« Für
    den Fall, dass wir auf der Fahrt durch die Stadt gesehen oder angehalten wurden, wollte ich wenigstens
    halbwegs normal aussehen. Dass ich durchnässt war,
    machte nichts; schließlich regnete es hier viel. Hätte ich ihm erklärt, es sei Zeit für mein tägliches Gebet, hätte er vermutlich mit denselben Worten geantwortet.
    »Oh, okay.«
    Sobald ich meinen schmerzenden Körper aus dem
    Mazda gewuchtet hatte, konnte ich sehen, was unter den Scheinwerfern vorging. Die gedrungenen Elektroloks
    fuhren auf den Gleisen neben dem Schiff hin und her, sahen aus der Ferne wie Loks einer Modelleisenbahn aus und waren zu weit weg, als dass wir sie hätten hören können. Nur eine gedämpfte Version des aus
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    Lautsprechern kommenden Funkverkehrs erreichte uns.
    Aber die Helligkeit der starken Bogenlampen reichte bis hierher, ließ mich meine Umgebung gerade noch
    erkennen und warf meinen Schatten sehr schwach auf
    den Mazda, als ich nach hinten ging und die Heckklappe öffnete, um nach dem Toten zu sehen. Er war
    herumgerutscht und lag jetzt so an der Seitenwand, dass Nase und Lippen platt gedrückt waren, während die
    Arme rückwärts ausgestreckt blieben, als seien sie nicht nachgekommen. Der Gestank nach Blut und
    Eingeweiden war so stark, dass ich meinen Kopf
    wegdrehen musste. Der Laderaum roch wie eine
    Tiefkühltruhe nach einem Stromausfall.
    Ich ließ die Heckklappe offen und stieg die zwei bis drei Meter in die flache Betonrinne hinunter, in der nach Unwettern gesammeltes Regenwasser abfloss. Äste,
    Zweige und alle möglichen Pflanzen schossen an meinen Füßen vorbei, als ich den Plastikbeutel aus meiner Jacke zog und in den Spalt zwischen zwei Betonfertigteilen klemmte. Selbst wenn ich nackt von hier hätte flüchten müssen, hätte ich so noch meine Papiere gehabt.
    Ich hockte mich am flachen Rand ins Wasser und
    wusch all den Schlamm, das Blut und die halb
    vermoderten Blätter ab, die mich bedeckten, als nähme ich mit voller Bekleidung ein Bad. Ich machte mir nicht die Mühe, nach meiner Beinwunde zu sehen; die würde ich später versorgen, und im Augenblick wollte ich nicht mehr tun, als den Druckverband angelegt zu lassen und einfach nur im Wasser sitzen und mich einen
    Augenblick ausruhen.
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    Bisher war mir das nicht aufgefallen, aber der
    Nachthimmel war wolkenlos und voller Sterne, die mich an die Leuchtpunkte auf dem Waldboden erinnerten, als ich langsam meine Jacke auszog.
    Ich hörte, dass Aarons Tür sich knarrend öffnete, hob

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