Nick Stone 05 - Tödlicher Einsatz
zu ihrem grünen Daunenmantel eine schwarze
Lammfellmütze im russischen Stil mit Ohrenklappen und stieß bei jedem Ausatmen kleine Dampfwolken aus, als wir uns lächelnd zuwinkten.
Ich passierte die Sperre und schlängelte mich durch die Menge. Als ich Carrie in die Arme schloss und ihr einen übertrieben theatralischen Kuss auf die Stirn drückte, konnte ich nur hoffen, dass die Zähneputzerei nicht vergebens gewesen war. Ich ließ meine Finger sanft über ihre Wange gleiten, als ich einen Schritt zurücktrat, und wir lächelten uns strahlend an.
Ihre großen grünen Augen starrten einige Sekunden lang in meine, dann umarmte sie mich kräftig. »Du hast mir verdammt gefehlt, Stone.«
»Du mir auch.« Diesmal küsste ich sie richtig.
Sie hakte sich bei mir ein und ließ ihre freie Hand über meinen Dreitagebart gleiten. »Komm«, sagte sie, »wir müssen weiter; wir haben einiges zu erledigen. Mom ist bis heute Abend auf einer Gemeindeversammlung in der Kirche, deshalb brauchst du sie erst später zu begrüßen. So haben wir noch ein bisschen Zeit für uns.« Sie ließ ihren Kopf auf meiner Schulter ruhen, als wir nach draußen gingen. »Aber wir fahren nicht gleich nach Hause. Ich möchte dir unterwegs etwas zeigen.«
Wir bewegten uns nicht ganz im Gleichschritt; seit Carrie sich in Panama ein Bein gebrochen hatte, hinkte sie leicht. Ich grinste wie ein Idiot. »Ich stehe dir ganz zur Verfügung.«
Der Parkplatz auf der anderen Straßenseite wurde tagsüber von Pendlern benutzt. Die kalte Novemberluft hatte sich bereits auf den langen Reihen von
Windschutzscheiben niedergeschlagen und sie mit einer weißen Eisschicht bedeckt.
Ich blickte in das von schwarzem Lammfell eingerahmte Gesicht. »Wie geht’s Luz?«
»Oh, der geht’s gut. Ich soll dir einen Gruß bestellen. Sie kommt wahrscheinlich Anfang der Woche zurück - mit ihrem neuen Freund.«
»Ich freue mich schon darauf, sie wiederzusehen. Wer ist der Glückliche?«
»Ein gewisser David, glaub ich.« Sie wandte sich mir zu. »Aber du darfst sie nicht -«
»Ich weiß.« Ich hob die rechte Hand wie zum Schwur. »Keine Witze, sei unbesorgt, ich bringe sie nicht in Verlegenheit .« Das wäre allerdings nicht das erste Mal gewesen.
Wir erreichten die Straße und warteten mit ungefähr einem Dutzend Leute, die ebenfalls zum Parkplatz wollten, an der Fußgängerampel. »Und wie war’s in Ägypten? Übrigens habe ich die versprochene Ansichtskarte von den Pyramiden nie bekommen.«
»Ich weiß, ich weiß. Ich hab mir überlegt, dass ich selbst wieder hier sein würde, bevor eine Ansichtskarte aus Kairo ankäme. Vor allem in dieser Jahreszeit .«
»Schon gut. Du bist wieder da, nur das ist wichtig.«
Der Verkehr stoppte, dann geleitete uns das Piepsen der Blindenampel über die Straße.
»Haben die Stürme euch erwischt?«
»Wir waren viel weiter südlich.«
»Ich hab mir Sorgen gemacht.« Außen um ihre Augen herum erschienen wieder diese Fältchen. »Allein in
Algerien sind bei Überschwemmungen sechshundert Menschen umgekommen ...«
Ich sah geradeaus. »Sechshundert? Das hab ich nicht mitbekommen.«
Wir befanden uns zwischen den beiden ersten Autoreihen, als sie stehen blieb, sich mir zuwandte und beide Arme um meine Taille schlang. »Du stinkst wie ein Kamel, aber es ist trotzdem wunderbar, dass du wieder da bist.« Sie küsste mich leicht auf die Lippen; ihre Haut war kalt, aber weich. »Weißt du was? Ich will nicht, dass du wieder weggehst. Ich möchte dich hier haben, wo ich dich sehen kann.«
Während wir so in enger Umarmung dastanden, kämpfte ich gegen den Drang an, ihr die Wahrheit zu sagen. Die Vernunft siegte jedoch. Ich würde den rechten Ort und die rechte Zeit finden, um das zu tun, aber vorerst war’s zu früh dafür. Sie war zu glücklich, ich war zu glücklich. Ich wollte die reale Welt aus unserer Zweisamkeit aussperren.
Carrie ließ mich los. »Komm, wir machen eine Magical-Mystery-Tour.«
Wir erreichten den Plymouth ihrer Mutter. Carrie war seit ihrer Rückkehr noch nicht dazugekommen, sich selbst ein Auto zu kaufen; sie hatte zu viel zu tun gehabt. Sie hatte dafür gesorgt, dass Aarons Leiche aus Panama zur Feuerbestattung nach Boston gebracht wurde, und war dann nach Panama zurückgeflogen, um seine Asche im Dschungel zu verstreuen. Danach hatte sie eine High School für Luz aussuchen und sich selbst in ihren neuen Job hineinfinden müssen. Außerdem hatte sie sich im
Haus ihrer Mutter einrichten und dann wieder
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